„Wir haben keine institutionelle Krise“
Innenminister Léon Gloden (CSV) will dem Parlament diese Woche juristische Gutachten zum Bettelverbot vorlegen
In der Fragestunde im Parlament ging es unter anderem um die Themen Bettelverbot und Renten. Sven Clement (Piraten) sprach in Bezug auf die Uneinigkeit zwischen der Regierung und der Justiz, was das Betteln betrifft, von einer institutionellen Krise, in der man sich befinde und die dringend geklärt werden müsse.
Von einer institutionellen Krise könne keine Rede sein, sagte hingegen Premier Luc Frieden (CSV). Die Regierung werde die Urteile der höchsten Gerichtsbarkeiten immer voll und ganz respektieren. „Dazu engagiere ich mich formell“, so Frieden. Innenminister Léon Gloden (CSV) habe juristische Gutachten eingeholt, die seine Lesart bestätigen würden. Diese Gutachten würden noch diese Woche den zuständigen Parlamentsausschüssen zugestellt, so der Premier.
Sollten weiter Interpretationsschwierigkeiten bleiben, könne das Parlament im Rahmen einer Reform des Strafrechts zur Klärung beitragen. „Daraus zu lesen, dass wir eine institutionelle Krise hätten, wenn es sich lediglich um eine Interpretationsfrage eines Gesetzestextes handelt, ist zu weit gegriffen“, meinte Luc Frieden.
Dan Biancalana (LSAP) erkundigte sich bei Innenminister Gloden nach den Erkenntnissen an Tag 1 nach dem Beginn der repressiven Phase in Sachen Bettelverbot. Gloden zufolge seien seit Montag mehr Polizisten in der Stadt unterwegs, sowohl in Uniform als auch in Zivil, um verstärkt gegen Drogenkriminalität, illegale Einwanderung und die aggressive und organisierte Bettelei vorzugehen.
Die Polizei habe die Identität von Personen geprüft, bislang aber sei niemand wegen Bettelei protokolliert oder mit aufs Revier genommen worden. Die Polizei arbeite eng mit
den Agenten der Stadt Luxemburg zusammen, um die Menschen auf der Straße auf die Hilfsangebote aufmerksam zu machen.
Daraus zu lesen, dass wir eine institutionelle Krise hätten, wenn es sich lediglich um eine Interpretationsfrage eines Gesetzestextes handelt, ist zu weit gegriffen. Premierminister Luc Frieden
Die große Rentendiskussion soll 2025 beginnen
Gusty Graas (DP) interessierte sich für die Pensionen der Gemeindebeamten- und -angestellten. Wie das „Luxemburger Wort“am Montag berichtete, ist die Pensionskasse der Gemeinden seit einigen Jahren defizitär. Das Defizit wird weiter steigen und die Beiträge sollen ab 2026 auf über 50 Prozent der Bruttolöhne steigen.
Innenminister Léon Gloden (CSV) ließ zunächst wissen, dass die Renten und Pensionen für die Zukunft garantiert seien, kritisierte aber auch die „politische Inaktivität“der beiden Vorgängerregierungen. Gloden zufolge ist für 2025 mit einem Defizit von 73,4 Millionen Euro, für 2026 mit einem Minus von 82,8 Millionen und für 2027 mit minus 95,2 Millionen Euro zu rechnen. Ohne Anpassung würde der Beitrag der Gemeinden laut Gloden für 2024 bei 28,01 Prozent liegen, 2025 bei 28,75 Prozent, 2026 bei 29,56 Prozent und 2027 bei 30,56 Prozent.
Eine Taskforce mit Vertretern aus dem Finanzministerium, dem Innenministerium, der Pensionskasse, dem Dachverband der Gemeinden (Syvicol) und den Gewerkschaften soll sich des Problems annehmen und Lösungen erörtern. Auch versprach Gloden, dass das Syvicol künftig im Verwaltungsrat der Pensionskasse (Caisse de prévoyance des fonctionnaires et employés communaux – CPFEC) vertreten sein soll.
Das Thema Renten interessierte auch den früheren Gesundheits- und Sozialversicherungsminister Mars Di Bartolomeo (LSAP), der 2012 für die Rentenreform verantwortlich war. Er wollte von Premier Luc Frieden (CSV) wissen, ob die von der Regierung angekündigte große Rentendebatte sich auf den Privatsektor beschränke oder den öffentlichen Sektor einschließe, wer Teil des Rententisches sei und wann die Diskussion beginnen werde.
Das Problem der Pensionen der Gemeindebeamten erfordere eine kurzfristige Lösung, sagte Frieden, während die Diskussion über das gesamte Rentensystem breiter gefasst werde. Frieden kündigte für 2024 eine Analyse an, die Debatte soll voraussichtlich 2025 beginnen. Daran sollen das Parlament, die Sozialpartner, aber auch die Jugendparteien und Jugendorganisationen sowie das Jugendparlament teilnehmen. „Es wäre nicht verantwortlich, das Thema immer vor uns herzuschieben“, so Frieden.