Unternehmen sollten beim Gehalt mit offenen Karten spielen
Über Geld spricht man nicht – schon gar nicht über den Lohn. Oder doch? Im Wettbewerb um Talente wird Gehaltstransparenz immer wichtiger. Ein Blick in die Großregion
Einer aktuellen Studie der digitalen Recruiting-Plattform Stepstone zufolge würden sich neun von zehn der befragten deutschen Arbeitnehmer eher auf einen Job bewerben, wenn das künftige Einkommen von Anfang an offengelegt wird. Sechs von zehn haben demnach sogar auf die Bewerbung für eine eigentlich passende Stelle verzichtet, weil es keine Informationen zum Gehalt gab. „Wir beobachten seit Jahren, dass Gehaltstransparenz für die Menschen immer bedeutsamer wird“, sagt Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte der Stepstone Group. „Darum haben wir auf Stepstone.de schon Anfang 2021 Gehaltsspannen in Stellenanzeigen eingeführt. Dort sehen wir aus erster Hand, dass diese Information oftmals ausschlaggebend dafür ist, ob es wirklich zu einer Bewerbung kommt“, erläutert er.
Ärzte und Bänker sind Deutschlands Top-Verdiener
Der Stepstone Gehaltsreport 2024 will Abhilfe schaffen und für mehr Gehältertransparenz sorgen. Die Studie ergibt, dass das Bruttomediangehalt in Deutschland bei 43.750 Euro im Jahr liegt. Das heißt, es gibt exakt gleich viele Gehälter, die niedriger und die höher als das Mediangehalt liegen. Vollzeit arbeitende Frauen verdienen in Deutschland demnach bei einem Mediangehalt von 40.000 Euro etwas über zwölf Prozent weniger als Männer (45.750 Euro).
Ärzte stehen erneut an der Spitze der Gehaltstabelle, erzielen ein Bruttomediangehalt von 94.750 Euro. Die Banken locken mit hohen Gehältern und einem Bruttomediangehalt von 63.250 Euro. Danach folgt die Luft- und Raumfahrtindustrie (57.750 Euro) und die Pharmabranche (57.250 Euro). Aber auch die Versicherungsbranche (56.000 Euro) ist in den Top fünf. Die Schlusslichter sind das Gastgewerbe (35.000 Euro), Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Gartenbau (36.000 Euro) sowie die Freizeit-, Touristik-, Kultur- & Sportbranche (38.000 Euro).
70.600 Euro Durchschnittsverdienst in Luxemburg, 46.632 Euro in Belgien
Wie sehen die Gehaltsstrukturen in der Großregion aus? Luxemburg zählt zu den Ländern, die in Sachen Lebensqualität, Sicherheit und Kulturangebot statistisch immer Spitzenplätze belegt. Das Großherzogtum ist auch bekannt für seine attraktiven Löhne und Gehälter, die je nach Branche unterschiedlich hoch ausfallen. Der jährliche Durchschnittsverdienst lag im Jahr 2022 bei 70.600 Euro, wie Zahlen vom Statistikamt Statec zeigen. Damit ist das Durchschnittsgehalt im Vergleich zu anderen Ländern in- und außerhalb der EU überdurchschnittlich hoch.
Lag der Durchschnittsbruttoverdienst in der Industrie bei rund 58.500 Euro, trumpft der Sektor der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit 111.500 Euro auf. Im Erziehungs- und Unterrichtswesen verdient man im Großherzogtum durchschnittlich 86.300 Euro, auf dem Bau rund 48.700 Euro. Der Beherbergungs- und Gastronomiesektor bildet mit 32.000 Euro das Schlusslicht (Quelle hier für 2021: BGL BNP Paribas).
In Belgien verdiente hingegen ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Jahr 2021 nach Angaben von Statbel, dem belgischen Statistikamt, im Durchschnitt 3.886 Euro brutto im Monat; Jahresgehalt somit 46.632 Euro. Der Medianlohn beträgt 3.507 Euro brutto im Monat. Blickt man genauer
Wir beobachten seit Jahren, dass Gehaltstransparenz für die Menschen immer bedeutsamer wird. Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte bei The Stepstone Group
auf die belgischen Lohnzettel, so zeigt sich, dass zehn Prozent der Arbeitnehmer weniger als 2.303 Euro brutto im Monat verdienen, während die zehn Prozent der Bestverdiener mehr als 5.922 erhalten.
Stundenlohn von 19,80 Euro in Frankreich
Das nationale Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien (INSEE) in Frankreich hat ebenfalls eine Umfrage zum Thema Gehälter im privaten Sektor und bei öffentlichen Unternehmen publiziert. So wurde ermittelt, dass im Jahr 2022 der durchschnittliche Bruttostundenlohn im öffentlichen sowie im privaten Sektor auf 19,80 Euro pro Stunde stieg. Im Vergleichszeitraum von 2021 waren es noch 19,50 Euro.
Dementsprechend verdienten Angestellte in Frankreich jährlich im Durchschnitt 35.979 Euro brutto, was einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von 2.998 Euro entspricht – auf dem Papier der Statistiker. Denn in der Praxis werden in Frankreich bei der Entlohnung bestimmte Kriterien in Betracht gezogen, hier vor allem das Geschlecht und auch das Alter, heißt es vom Netzwerk connexion-emploi. 2022 verdiente beispielsweise ein über 50-jähriger Angestellter im privaten Sektor ein durchschnittliches jährliches Bruttogehalt von 42.742 Euro. Arbeitnehmer im Alter von 25 oder jünger mussten sich mit 22.895 Euro pro Jahr begnügen.
Die Bereiche mit den höchsten Gehältern in Frankreich sind Forschung & Entwicklung, Bank- und Versicherungswesen, Verlagswesen sowie audiovisuelle Medien und Rundfunk. 78 Prozent der hoch qualifizierten Arbeitskräfte sind in diesen Sektoren tätig. Der durchschnittliche Bruttostundenlohn übersteigt 29 Euro, das heißt, fast das Eineinhalbfache des durchschnittlichen Stundenlohns aller Sektoren zusammengenommen. Der durchschnittliche Bruttostundenlohn in den restlichen Sektoren, wie etwa im Sozialwesen, in der Verwaltung und im Gaststättengewerbe liegt bei 15,4 Euro.