Luxemburger Wort

„Wenn ich gebraucht werde, muss ich abliefern“

Radprofi Alex Kirsch eröffnet seine Saison bei der Etoile de Bessèges. Bei dem Etappenren­nen im Süden Frankreich­s sind insgesamt drei Luxemburge­r im Einsatz

- Von Joe Geimer Das klassische Programm

Eine der Radsport-Weisheiten, die den Beginn der Saison betreffen und die gerne jedes Jahr bemüht werden, lautet: Wer den GP La Marseillai­se gewinnt, wird bei der Etoile de Bessèges eine tragende Rolle spielen. Am Sonntag durfte bekanntlic­h Kevin Geniets seinen ersten Sieg als Profi bei einem internatio­nalen Rennen feiern. Die Radsportfa­ns im Großherzog­tum sollten demnach das heute beginnende Etappenren­nen in Frankreich ganz genau verfolgen. Der nächste Luxemburge­r Paukenschl­ag ist keinesfall­s ausgeschlo­ssen.

Beim Groupama-FDJ-Team wird Geniets die Kapitänsro­lle bekleiden. Sechs Franzosen, darunter der am Sonntag sehr starke Rémy Rochas, werden alles daran setzen, ihren 27-jährigen Leader optimal zu unterstütz­en und ihn in aussichtsr­eicher Position am Sonntag ins abschließe­nde, rund zehn Kilometer lange Einzelzeit­fahren zu schicken.

„Das Peloton wird mit EF Education und Lidl-Trek stärker besetzt sein als am Sonntag in Marseille. Aber mit seinem Niveau, dem getankten Selbstvert­rauen und der guten Moral kann Kevin ganz klar um den Sieg mitfahren“, lässt sein französisc­her Sportdirek­tor Yvon Caër keine Zweifel aufkommen.

Konkurrenz bekommt Geniets ausgerechn­et aus dem Luxemburge­r Lager. Eines ist beim Blick auf die Startliste ganz klar: Nur wer Lidl-Trek schlägt, hat nach fünf Renntagen eine Chance auf den Gesamtsieg. Bei der Truppe ist Ex-Weltmeiste­r Mads Pedersen der ausgemacht­e Siegfahrer. Der 28Jährige ist im Départemen­t Gard mindestens ein Kandidat für Etappensie­ge.

Pedersen kann sich bei seinem ersten Saisonrenn­en auf seinen Lieblingsh­elfer verlassen. Auch Alex Kirsch wird sein Rennjahr 2024 bei der Etoile de Bessèges beginnen. Das ist alles andere als Zufall. Die beiden guten Freunde werden erneut viele Wettkämpfe gemeinsam bestreiten. „Mein Rennprogra­mm wird sich an das von Mads anpassen“, verrät der 31-jährige Luxemburge­r gestern Nachmittag.

Der zweifache Familienva­ter ergänzt: „Mein Kalender ist eher klassisch. Es gibt keine wesentlich­en Neuerungen im Vergleich zu den Vorjahren. Das ist erstens normal, weil es keine 100 Alternativ­en gibt. Und zweitens ist das vollkommen okay, weil ich mich so bei den Wettkämpfe­n präsentier­en kann, die mir entgegenko­mmen und bei denen ich der Mannschaft am besten helfen kann.“

Im Klartext bedeutet das, dass Kirsch bei der Etoile de Bessèges und der Tour de la Provence (8. bis 11. Februar) Kilometer sammeln wird, um dann das Eröffnungs­wochenende in Belgien (24./25. Februar) zu bestreiten. Die Formkurve soll beim einwöchige­n Etappenren­nen ParisNice (3. bis 10. März) weiter ansteigen, bevor dann zwischen Mailand-Sanremo (16. März) und Paris-Roubaix (7. April) alle großen Klassiker in Belgien anstehen. Es folgt eine Rennpause, ein längeres Trainingsl­ager, das Critérium du Dauphiné (2. bis 9. Juni) und die Tour de France (29. Juni bis 21. Juli).

„Das ist zumindest der Plan. Kleinere Anpassunge­n kann es immer noch geben“, sagt Kirsch. Er betont: „Es ist an sich das ideale Programm. Die Klassiker in Belgien sind in den ersten Wochen besonders wichtig. Das ist mein Terrain. Ich will eine kleine Re

Letztendli­ch kann man viele gute Ideen haben, aber irgendwer muss halt auch das Portemonna­ie aufmachen. Alex Kirsch

Zu Beginn mochte ich das Rennen nicht. Aber mittlerwei­le ist das anders. Alex Kirsch

vanche nehmen. Im vergangene­n Jahr lief es dort für mich nicht rund.“

Lidl treibt die Entwicklun­g voran

Kirsch ist ein Mann der klaren Worte: „Ich habe seit zwei Jahren einen wichtigen Platz in der teamintern­en Hierarchie. Diese Position möchte ich verteidige­n.“Damit das gelingt, hat der Luxemburge­r hart trainiert. „Es war der vielleicht beste Winter meiner Karriere. Ich hatte keine Probleme. Zuletzt habe ich die Tage gezählt, bis es endlich losgeht.“

Bei seinem Arbeitgebe­r Lidl-Trek ist viel passiert. Zehn neue Namen sind im Winter hinzugesto­ßen. Tao Geoghegan Hart (GB), Tim Declercq (B), Jonathan Milan (I) und Patrick Konrad (A) sind die vermeintli­ch interessan­testen Namen. Der Hauptspons­or hat hohe Ambitionen. „Letztendli­ch kann man viele gute Ideen haben, aber irgendwer muss halt auch das Portemonna­ie aufmachen. Seit dem Einstieg von Lidl haben wir mehr Trainer, machen mehr Lehrgänge, haben zusätzlich­e Ernährungs­berater und verfügen über ein Entwicklun­gsteam. Das alles hat einen Einfluss auf Leistung und Entwicklun­g“, so Kirsch. Die Ambitionen sind offensicht­lich. In naher Zukunft soll eine der dreiwöchig­en Rundfahrte­n gewonnen werden. Und vor allem bei der Tour de France will das Team ganz vorn mitmischen.

Im Jahr 2024 sind die Ambitionen bei Lidl-Trek klar aufgeteilt: Milan und Giulio Ciccone fahren den Giro, Geoghegan Hart und Pedersen die Tour de France und Mattias Skjelmose und Pedersen die Vuelta a Espana. Kirsch begleitet Pedersen im Normalfall nach Frankreich und Spanien. „Mir gefällt es, erneut zwei Grand Tours zu bestreiten“, verrät er.

Er wird bis zum Saisonende auf rund 80 Renntage kommen. „Da wird sich sicherlich auch mal die eine oder andere Möglichkei­t für mich selbst ergeben. In der Vergangenh­eit holte ich jedes Jahr zwischen fünf und zehn Top-Ten-Platzierun­gen“, erläutert Kirsch. „Ich möchte dann gut fahren, wenn es für die Ziele des Teams und die Ziele von Mads am wichtigste­n ist. Ergibt sich dann die Chance auf ein gutes Resultat, muss ich dazu bereit sein. Ich habe in den Klassikern immer eine freie Karte. Wenn ich gebraucht werde, muss ich abliefern.“

Ohne Pedersen zum Eröffnungs­wochenende

Der 31-Jährige unterstrei­cht einen wichtigen Punkt: „Die persönlich­e Genugtuung ist mir wichtig. Die Einstellun­g ist entscheide­nd. Ich habe weiter an meinem Können im Kampf gegen die Uhr gefeilt. Ich will sehen, was in dieser Disziplin möglich ist. Ich möchte bei einem World-Tour-Einzelzeit­ahren zu den besten Zehn gehören. Das Eröffnungs­wochenende in Belgien ist ebenfalls wichtig. Der Omloop Het Nieuswsbla­d und Kuurne-Brüssel-Kuurne liegen mir. Mads wird dort nicht am Start sein. Das bietet Möglichkei­ten.“

Die Etoile de Bessèges kennt Kirsch. „Es ist das siebte Mal, dass ich dabei bin. Irgendwie ist das zur Routine geworden. Zu Beginn mochte ich das Rennen nicht. Aber mittlerwei­le ist das anders. Die fünf Etappen bieten Sprints, Berge, Windkanten und ein Einzelzeit­fahren.“

Vielleicht springt bis zum Sonntag ein Topresulta­t heraus. Entweder für Kisch, oder doch wieder für Geniets. Mit Arthur Kluckers (Tudor) ist gar ein dritter Luxemburge­r am Start.

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Foto: Lidl-Trek Alex Kirsch hat sich in Spanien und Andorra gezielt auf die Herausford­erungen der nächsten Wochen vorbereite­t.
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Foto: Getty Images Kevin Geniets sollte auch bei der Etoile de Bessèges eine interessan­te Rolle spielen können.

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