Als in Esch/Alzette noch Flugzeuge abhoben
Der erste Flughafen des Landes war nicht der Findel, sondern das Escher Aerodrom. Dieses schloss auf den Tag genau vor 70 Jahren
Zwischen 1937 und 1954 hoben Piloten in Luxemburg von der Graspiste des Escher Flughafens ab, der sich auf dem Gelände der „Nonnenwisen“und des „Lankhelzerweiher“befand. Bereits zuvor fanden an dieser Stelle regelmäßige Flugmeetings statt, bei den jährlichen Events sollen Zehntausende Menschen zusammen gekommen sein.
1930 wurde erstmalig ein Fallschirmsprung ausgeführt. Jemanden zu finden, der diesen ausführen sollte, gestaltete sich als Problem. Schließlich traute sich mit Gust Kayser ein unerfahrenes Mitglied der Escher Flugfreunde, diese Herausforderung anzunehmen.
Ein gewagter Sprung
Die Geschichte dazu ist im Buch „Escher Aerodrom 1937–1954“nachzulesen: „Am 12. Mai war das halbe Großherzogtum in Esch auf den Beinen.“Gust Kayser sei in seinen Alltagsklamotten erschienen, damit wenn der Versuch schiefgehe, „wenigstens die Sonntagsklamotten noch zu gebrauchen“seien. Kayser habe sich aber eigens eine „warme Schlupfjacke und einen Rennfahrerhelm mitgebracht“. Es sollte noch einmal gut gehen, Kayser kam glimpflich davon.
Fünf Jahre später, anno 1935, kam es aber zu einem tragischen Vorfall. Ein Pilot führte einen Konturenflug aus, bei dem er absichtlich in niedriger Höhe glitt, dicht über dem Boden. Als das Flugzeug wieder aufstieg, verfingen die Räder sich in einer Hochspannungsleitung. Die beiden Insassen kamen dabei ums Leben.
Die Eröffnung des Aerodroms im Jahr 1937 geht auf das englischsprachige Programm von Radio Luxemburg zurück. Der Sender hatte zu jenem Zeitpunkt die vielleicht höchste Zuhörerquote Europas. Den englischen Sendern war es per Gesetz verboten, am Wochenende Unterhaltungsmusik zu spielen. Die Luxemburger durften das und waren deshalb äußerst beliebt bei englischen Hörern. Laut einer Umfrage übertraf die Hörerquote von Radio Luxemburg jene der BBC London am Wochenende um das Zwanzigfache.
Schnelle Verbindung nach London
Angesichts dessen benötigte Radio Luxemburg eine schnelle Verbindung nach England, um kistenweise Tonbänder und Schallplatten zu transportieren. Zweimal die Woche flog eine Maschine, die auf den Namen „The Luxembourg Listener“getauft worden war, nach Croydon, im Süden Londons. Sie erlaubte auch mehreren Passagieren die Reise nach London.
Ansonsten wurde der Flughafen größtenteils für Sportfliegerei und Tourismus benutzt. Jeder konnte nach Lust und Laune Flugstunden in Anspruch nehmen, vorausgesetzt er war 18 Jahre alt. Bis zum 21. Lebensjahr war „die Einwilligung des Familienoberhauptes oder des Vormundes erforderlich“.
Damals warb die Flugschule: „Um die uneingeschränkten Schönheiten der stets wechselnden Natur kennen zu lernen, solltet ihr selber einer der Beherrscher der Lüfte sein.“Das lasse „ein neues, unvergleichliches Weltbild entstehen“.
Jene, die zu „erprobten Lufttouristen“werden wollten, mussten scheinbar über keine Vorkenntnisse besitzen. Täglich war es möglich, einen Probeflug von zehn Minuten für 50 Franken zu absolvieren. Um das Diplom „Tourist – 1. Klasse“zu erlangen, waren zehn Flugstunden notwendig, zum Preis von 4.000 Franken.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs verbot die luxemburgische Regierung das Überfliegen des Landes. Der Escher Flugplatz wurde zu einer mehrjährigen Pause gezwungen.
Zehntausende Schaulustige
Vor dem Krieg bestand laut dem „Luxemburger Wort“vom 28. Oktober 1947 „der feste Wille, den bestehenden Flughafen auszubauen“. Diese Pläne seien verworfen worden, jedoch habe der Flugplatz weiterhin seine Rolle als Flugschule erfüllt: „An jedem Sonntag konnte man Flugzeuge, sowie Segelflugzeuge in den Lüften kreuzen sehen.“Weiter hieß es: „Vorbei sind allerdings die glanzvollen Tage, wo die großen Flugmeetings 30-40 Tausend Besucher nach Esch brachten.“
Am 3. September 1949 konnten Zeitungsleser ebenfalls einige Kuriositäten im „Luxemburger Wort“lesen. Auf einem Flugfest würde der französische Meisterflieger Fernand Malinvaud „seine akrobatischen Figuren durch Auslassen von Rauch an den Himmel schreiben“.
Zudem würde ein Fallschirmspringer mehrere Absprünge aus verschiedenen Höhen ausführen. „Besonders spannend wird sein Mehrfachabsprung sein, bei dem er den Fallschirm mehrmals abschneiden wird und sich nach freiem Fall wieder einem anderen Schirm anvertraut. Dabei wird er mittels Radio dem Publikum während des Sprunges Auskunft geben.“
1954 lief der Bau der Cité du Cinquantenaire, welcher das Ende des Flugplatzes einläutete. Die Stadt Esch konnte nur noch gen Norden wachsen, der Flughafen musste weichen. Außerdem entwickelte sich zu dieser Zeit der Findel weiter.
: Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs verbot die luxemburgische Regierung das Überfliegen des Landes. Der Escher Flugplatz wurde zu einer mehrjährigen Pause gezwungen.