Wenn unerwartet das Bankkonto gesperrt wird
Ein Gewinn aus dem Handel mit Kryptowährungen oder der Verkauf von Opas geerbter Uhr: Banken verlangen über das Geldwäschegesetz Transparenz bei ungewöhnlichen Transaktionen
Es ist eine Horrorvorstellung. Aber sie kann für jeden Wirklichkeit werden: Man möchte eine dringende Überweisung ausführen, Bargeld am Automaten abheben oder kurz die Finanzen im Online-Banking überprüfen — und es stellt sich heraus, dass das Bankkonto mit Verweis auf das Geldwäschegesetz gesperrt wurde. Ein ernstes Problem, das durchaus die Liquidität und auch die Geschäftsfähigkeit von Unternehmen wie von Privatpersonen bedroht.
So ist es vermehrt in Deutschland vor Weihnachten passiert, als Banken bereits beim geringsten Verdacht auf illegale Finanztransaktionen Konten von Privatpersonen gesperrt oder sogar gekündigt hatten. Doch wie kann es dazu kommen? Wie ist die Situation in Luxemburg einzuordnen? Auch hier gibt es jährlich Meldungen von verdächtigen Geldgeschäften, die Kontosperrungen zur Folge haben.
Verschärfte Gesetzeslage von Brüssel aus
Man muss wissen, dass sich die Gesetzgebung in der EU zur Eindämmung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in den letzten Jahren verschärft hat.
Banken sind rechtlich verpflichtet, ungewöhnliche Transaktionen zu überprüfen und gegebenenfalls das Konto zu sperren. Zu den ungewöhnlichen Transaktionen zählen zum Beispiel Bargeldeinzahlungen, ungeklärte Geldeingänge und Überweisungen. Insbesondere Auslandsüberweisungen können da problematisch sein. Doch auch Inlandstransfers, die nicht einem normalen Kundenverhalten gleichen, lösen den „Alarm“innerhalb einer Bank aus, bestätigt die Bankenvereinigung ABBL.
Die Banken müssen ihren finanzaufsichtsrechtlichen und geldwäscherechtlichen Pflichten eingehend nachkommen. Denn auch für die Bankenvereinigung ABBL ist der Kampf gegen Finanzkriminalität von Interesse. Er ziele schließlich darauf ab, „die wirtschaftliche Stabilität zu wahren, die Bürger zu schützen, die Integrität des Finanzsystems zu erhalten, das Vertrauen in die Institutionen zu stärken und Werte wie Fairness, Gerechtigkeit und soziale Verantwortung zu fördern“, so die ABBL. Dabei seien die Fachleute des Finanzsektors in diesem Kampf an vorderster Front zu finden.
Maßgeblich seien die Regeln des Gesetzes über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vom 12. November 2004, insbesondere im Hinblick auf ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden, vor allem mit der „Cellule de Renseignement Financier (CRF)“, genauer der Meldestelle für Geldwäsche (FIU).
Über Steuerbetrug, Korruption bis zur Terrorismusfinanzierung
Das Gesetz verpflichtet die Banken, von sich aus unverzüglich die FIU zu informieren, wenn sie erkennen, vermuten oder einen begründeten Verdacht haben, dass eine Geldwäsche, eine damit verbundene zugrunde liegende Straftat, wie Steuerbetrug oder Korruption, oder eine Terrorismusfinanzierung im Gange ist, stattgefunden hat oder versucht wurde.
Unter ungewöhnliche Transaktionen fallen somit Finanztransaktionen, die sowohl hinsichtlich der Höhe als auch der Häufigkeit nicht mit dem üblichen Profil des Kunden übereinstimmen. Nicht gerechtfertigte Bartransaktionen sind größere Bartransaktionen, insbesondere dann, wenn sie nicht im Einklang mit den normalen Geschäftsaktivitäten des Kunden stehen.
Banken müssen auch Geldtransfers in Hochrisikogerichtsbarkeiten oder zu ungewöhnlichen Zielen melden, insbesondere wenn der Kunde in diesen Regionen keine offensichtlichen Geschäftsaktivitäten hat.
Ungewöhnliche Geldflüsse lassen die Alarmglocken schrillen
Tauchen plötzliche Veränderungen wie schnelle und unerklärliche Veränderungen in den Transaktionsmustern eines Kunden oder massive Einzahlungen gefolgt von hohen Abhebungen auf, sei eine Meldung zwingend. Transaktionen, an denen politisch exponierte Kunden wie Regierungsbeamte oder Politiker beteiligt sind, können ebenfalls aufgrund des erhöhten Korruptions- und Geldwäscherisikos einer verstärkten Überwachung unterliegen. Die Banken melden solch verdächtige Aktivi
Die Bekämpfung der Finanzkriminalität ist von öffentlichem Interesse. Bankenvereinigung ABBL
täten oder Transaktionen, einschließlich der Versuche. Alle müssen unabhängig von ihrem Betrag gemeldet werden, wie die ABBL mitteilt.
Die ABBL unterstreicht, dass in ihrem jüngsten gegenseitigen Bewertungsbericht die Financial Action Task Force (FATF) die gute Funktionsweise bestätigt. Die FATF betonte, dass „das Großherzogtum Luxemburg über einen soliden Rahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und ein gutes Verständnis seiner Risiken in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verfügt“.
Ein Umstand, den auch der Direktor der Zentralstelle für Finanztransaktionsunter
suchungen (Financial Intelligence Unit, kurz FIU), Max Braun, hervorhebt. Er bearbeitet mit seinen Kollegen eine große Anzahl von Verdachtsmeldungen zu Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen Straftaten und verarbeitet dabei eine große Menge von personenbezogenen Daten. „Das sind über 50.000 Meldungen im Jahr“, präzisiert Braun, die alle in der Sperrung eines Kontos münden können.
Die Möglichkeit einer solchen Sperrung eines Kontos in Luxemburg durch die FIU ist im Gesetz über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vom 12. November 2004 vorgesehen. Die Blockade eines Bankkontos erfolgt dann in der Regel vor einer gerichtlichen Beschlag
nahme oder um mehr Zeit für die Analyse eines Straftatverdachts zu gewinnen.
Die meisten Sperrungen durch die FIU wurden in Fällen mit Bezug zum internationalen Finanzplatz verhängt, so Braun, dies, um den ausländischen Behörden die Möglichkeit zu geben, im Rahmen eines ordnungsgemäßen Rechtshilfeersuchens die gerichtliche Beschlagnahme der fraglichen Gelder zu beantragen. In anderen Fällen wurden nationale Ermittlungen wegen eigenständiger Geldwäsche eingeleitet.
Beschwerden werden schnell bearbeitet
Kommt es also nach eingehender Prüfung zu einer Kontosperrung durch die FIU, be
steht in Luxemburg die Besonderheit, dass sich jeder, der sich durch die Sperrung betroffen fühlt, mit einer entsprechenden Beschwerde an die zuständige „Chambre du conseil“wenden kann. Diese Ratskammer fordert als „Untersuchungsgericht“in der Besetzung eines Dreier-Kollegiums „binnen fünf Tagen von der FIU eine Stellungnahme zur Kontosperrung an“, sagt Max Braun. Mit den fünf Tagen sind nicht Arbeitstage, sondern Kalendertage gemeint, wie der FIU-Direktor mit einem Schmunzeln präzisiert, geht es doch sehr oft um privates Vermögen, also Eigentum. Daher besteht für die Financial Intelligence Unit auch die Möglichkeit, nur bestimmte Transaktionen und nicht das ganze Vermögen einer Person zu blockieren.
Wenn es allerdings um gesperrte Konten aufgrund eines Uhrenverkaufs oder privater Edelmetallverkäufe geht, fällt die Bilanz, so gesehen, recht positiv aus.
Im Europäischen Verbraucherzentrum Luxemburg sind bisher keine Fälle von solchen Kontosperrungen aufgrund eines potenziellen Geldwäscheverdachts oder ähnlicher Gründe im Privaten bekannt, sagt Jurist Kevin Wiseler. Es könne zwar gelegentlich vorkommen, dass eine Verifizierung kurzzeitig nicht reibungslos funktioniere, was zu vorübergehenden Unannehmlichkeiten führen könnte. „Diese Verifizierungen sind aber notwendig, um die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.“, so Wiseler weiter.
Der Rechtsabteilung des Luxemburger Konsumentenschutzes ULC sind aktuell keine Fälle dieser Art bekannt. „Wir wurden bisher von keinem Mitglied wegen eines solchen Problems kontaktiert“, teilte die Kommunikationsabteilung auf Nachfrage mit.
FIU-Direktor Max Braun ergänzt in diesem Zusammenhang, dass ja auch die Banken dazu angehalten seien, Ursachenforschung zu betreiben. Kann Herr XY also seinem Bankier eindeutig nachweisen, dass der Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro aus einem Verkauf der privaten Rolex-Uhr stammt, werde es wohl zu keiner Meldung bezüglich Geldwäsche oder gar der Terrorfinanzierung kommen.
Binnen fünf Tagen muss die FIU eine Stellungnahme an die Ratskammer schicken. Max Braun, FIU-Direktor