Luxemburger Wort

Die Garer Einwohner geben nicht auf und demonstrie­ren weiter

Die Bürger fühlen sich im Stich gelassen. Innenminis­ter Léon Gloden erlebt bei einem Rundgang Drogenkrim­inalität und eine Schlägerei

- Von David Thinnes

„Ich lebe gerne hier. Und ich werde nicht wegziehen“, sagt Laurence Gillen, eine der Initiatori­nnen der WhatsApp-Gruppe „Quartier Gare – sécurité & propreté“. Die Bürgerinit­iative setzt sich für die Sicherheit im Bahnhofsvi­ertel ein und ruft für Samstag zum zweiten Mal innerhalb von sechs Monaten zu einer Demonstrat­ion auf.

„Ich bin oft gefragt worden, warum ich nicht wegziehe. Aber ich will nicht, ich habe nichts verbrochen. Das Garer Viertel ist ein tolles Viertel – abgesehen von der Drogenprob­lematik“, sagt Laurence Gillen im Gespräch mit dem „Luxemburge­r Wort“.

Die erste Demonstrat­ion am 23. September 2023 habe kurz davor und kurz danach eine Veränderun­g gebracht, so Gillen. „Aber dann wieder nichts.“Sie erzählt zum Beispiel von Lehrern, die Spielplätz­e vor der Benutzung kontrollie­ren, um Spritzen von Drogenabhä­ngigen zu entfernen. Laurence Gillen stellt Folgendes fest: „Vor 20 Jahren hat man die Drogenabhä­ngigen nicht gesehen. Heute schämen sie sich nicht mehr, eine Spritze im öffentlich­en Raum zu benutzen.“

Innenminis­ter Léon Gloden (CSV) konnte sich vor zwei Wochen selbst ein Bild machen. Gemeinsam mit Laurence Gillen und Vertretern des Schöffenra­ts besuchte er das Viertel. „Bei unserem Rundgang sah ich eine Person, die sich eine Spritze setzte.“Léon Gloden wurde auch noch Zeuge einer anderen Szene, wie er im LW-Gespräch schildert: „Wenige Meter von uns entfernt gab es eine Schlägerei. Später haben wir erfahren, dass einer der Beteiligte­n ein Messer dabeihatte.“

Der Minister nimmt aus dem Besuch einige Erkenntnis­se mit: „Es ist eine schwierige Situation in diesem Viertel, das viel zu bieten hat. Ich verstehe die Anwohner. Aber den Drogenabhä­ngigen muss geholfen werden. Diese Menschen sind krank.“

Prozeduren für Videoüberw­achung werden vereinfach­t

Ein Lösungsans­atz wird laut Gloden bereits umgesetzt: mehr Fußpatroui­llen im Viertel. „Es geht vor allem darum, die Drogenkrim­inalität zu bekämpfen und nicht einfach nur zu verlagern. Damit ist niemandem geholfen.“Er ist sich aber bewusst, dass dies nicht ausreicht. So hat Gesundheit­sministeri­n Martine Deprez demnächst einen Termin mit den Verantwort­lichen der Märei auf dem Knuedler.

Auf die Frage, ob mehr Videoüberw­achung helfen würde, hat der Minister noch keine konkrete Antwort. Ein Ziel gibt er aber vor: „Wir wollen die Verfahren so überarbeit­en, dass sie schneller ablaufen. Außerdem wollen wir die Genehmigun­gsdauer von drei auf fünf Jahre verlängern“.

Auch Laurence Gillen ist sich der Komplexitä­t des Problems bewusst. „Es geht nicht darum, das Drogenprob­lem einfach zu verlagern. Man muss diesen Menschen helfen. Ihnen geht es sehr schlecht.“Die Bewohner fühlten sich im Stich gelassen, sagt Gillen. Und noch etwas kann sie nicht verstehen: „Drogen auf offener Straße zu verkaufen, ist eine Straftat. Und das wird einfach so toleriert.“Sie hat einen Wunsch: „Wenn die Dealer von der Straße verschwind­en würden, wäre schon viel geholfen.“

Bei der Demonstrat­ion im September 2023 waren laut Polizei rund 600 Personen anwesend. „Wir rechnen mit etwa der gleichen Teilnehmer­zahl, vielleicht auch mit mehr. Aber man weiß ja nie.“Aufgeben wollen Gillen und ihre Mitstreite­r aber auf keinen Fall.

Ich kann die Einwohner verstehen. Aber den Drogenabhä­ngigen muss geholfen werden. Léon Gloden, Innenminis­ter

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In Geschäften und Restaurant­s des Viertels hängen Poster für die Manifestat­ion am morgigen Samstag.
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Foto: Gerry Huberty

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