Christian Kmiotek will ein Strafverfahren erzwingen
Der ehemalige Grünen-Politiker hat sich selbst wegen Bettelns bei der Polizei angezeigt, um endlich Klarheit beim umstrittenen Verbot zu schaffen
Christian Kmiotek hat wissentlich gegen das Gesetz verstoßen. Er hat gebettelt – und daraufhin umgehend Selbstanzeige bei der Polizei erstattet. Doch das nicht ohne Grund: Er will damit das Bettelverbot in Luxemburg-Stadt aushebeln. Oder zumindest endlich die Gerichte darüber entscheiden lassen. Sollte es zu einem Strafverfahren kommen, wäre der Fall Kmiotek ein Präzedenz-Fall. Die Polizei bestätigte dem „Luxemburger Wort“nochmal auf Anfrage, dass es bisher tatsächlich noch nicht zu einer Protokollierung im Kontext des Bettelverbots gekommen sei. Dafür könnte jetzt am Dienstag um neun Uhr jedoch der erste Grundstein gelegt werden. Nach seiner Selbstanzeige wurde Kmiotek als möglicher Beschuldigter ins Oberstadtkommissariat vorgeladen.
Dabei ist die Selbstanzeige Kmioteks aus reinem Impuls entstanden. Kein Kalkül, sondern der Drang nach Antworten. Am Montag besucht er vor dem Stater Rathaus eine Demonstration gegen das Bettelverbot, organisiert von den Jugendparteien der
Ich bin dazu bereit, ein höchstrichterliches Urteil zu provozieren. Christian Kmiotek, Ehemaliger Ko-Präsident von Déi Gréng
Opposition (außer der ADR). Noch am selben Tag auf dem Weg zur Demo, kommt Kmiotek der Gedanke: „Ich saß im Bus und habe darüber nachgedacht, was ich machen kann. Es gibt Menschen, die kleben sich auf die Straße, davon halte ich nicht viel“, erzählt er dem „Luxemburger Wort“. Er habe sonst mit niemandem im Voraus über die Aktion gesprochen, diese nicht geplant – und das auch nicht mit der Partei, für die er rund sieben Jahre Ko-Präsident war: Déi Gréng.
Er entscheidet sich für eine Form des „zivilgesellschaftliches Engagement“, wie er es nennt. „Ich bin während der Demonstration am Knuedler mit meinem Becher zu Passanten hingegangen und habe nach Geld gefragt.“Mit den Demonstranten vor den Treppen des Rathauses symbolisch zu betteln, wie Hunderte der dort anwesenden Menschen machten, wollte er nicht. „Das ist eigentlich ‚Mendicité en bande‘ und somit illegal.“Daraufhin will er vor den drei anwesenden Polizisten sich selbst anzeigen. Die Polizisten bitten ihn daraufhin ins Oberstadtkommissariat zu gehen. Sie müssten die Demo „im Auge behalten“. Kmiotek kommt der Aufforderung nach. Dort meldet er sich laut eigenen Angaben beim stellvertretenden Kommissariatschef.
„Ich habe dem Mann erklärt: Sie, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte werden mit mir viel Arbeit haben. Das ist kein schlechter Wille. Wenn wir aber die Sache klären, dann hätten sie weniger Arbeit“, schildert Kmiotek sein Gespräch dort. Der Adjoint erklärte ihm darauf, dass der Artikel des Strafgesetzbuches, der das einfache Betteln betrifft, eigentlich „abrogé“sei. Kmiotek habe demnach keine Straftat begangen. Das Gespräch dauert länger, Kmiotek muss zu einem Termin. Es kommt nicht zu einem Protokoll.
Am Donnerstag erhielt der Ex-GrünenPolitiker jedoch eine Vorladung ins Oberkommissariat für Dienstag nächster Woche. Er wird den Termin wahrnehmen, sagt der dem „Wort“. „Wenn sich diese Menschen die Zeit für mich nehmen, mache ich das auch“. Am Dienstag wird es wohl zum „Procès verbal“kommen, wie Kmiotek ahnt. Dann sei die Staatsanwaltschaft am Ball. „Ich hoffe, dass sie schnell den Fall vor Gericht bringen und die Sache nicht klassieren.“Kmiotek will damit ein höchstrichterliches Urteil vom Verfassungsgerichtshof provozieren. „Luc Frieden hat bisher immer gemeint, dass es keines gegeben hat. Ich bin dazu bereit, ein höchstrichterliches Urteil zu provozieren.“
Als Kmiotek seine Aktion auf X bekannt macht, ist er überrascht von den vielen positiven Reaktionen. „Ich habe sogar Angebote von Anwälten bekommen, die mich
im Falle eines Strafverfahrens vor Gericht verteidigen wollen.“Sollte es nicht zu einem Strafverfahren kommen, wäre Kmiotek sogar dazu bereit, seine Tat zu wiederholen. Es ginge ihm auf die Nerven, dass wiederholt werde, dass es bisher zu keinem Strafverfahren gekommen sei. Und das, obwohl um das Bettelverbot „ein Riesen-Tamtam veranstaltet wird“.
Auf den sozialen Medien habe es aber nicht nur positive Resonanz gegeben. Seine Kritiker vermuten, der Schauspieler, Lehrer und ehemaliger Politiker wolle damit ins Rampenlicht zurück. Dem sei nicht so, erwidert Kmiotek. „Ich habe es nicht mal geschafft, bei den Gemeindewahlen wieder in den Gemeinderat in Kopstal gewählt zu werden. Ich habe nicht bei den Chamberwahlen kandidiert und werde es auch nicht bei den Europawahlen tun. Heute komme ich aus der Zivilgesellschaft. Das hier ist ein ziviles Engagement und kein parteipolitisches.“
Kmiotek: „Habe Angebote von Anwälten bekommen“