Luxemburger Wort

Wieso die Arbed auf dem Krankensch­ein noch existiert

Die Bescheinig­ung sieht seit 18 Jahren gleich aus. Wer sich das Papier mal genau anschaut, entdeckt Erstaunlic­hes

- Von Mike Stebens In unserer wöchentlic­hen Rubrik „Wat Saachen“werfen wir einen heiteren Blick auf die Aktualität in Luxemburg. Kleine Missgeschi­cke, ungewöhnli­che Aussprüche und grobe Ieselzegke­eten – was der Redaktion eben so aufgefalle­n ist.

Wer krankgesch­rieben ist, hat viel Zeit und Muße. Vor lauter Langeweile könnte man auf die Idee kommen, seinen Krankensch­ein genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein überrasche­nd lohnender Zeitvertre­ib. Denn so mancher Eintrag auf der Rückseite lässt einen staunen. Liest man die Namen der aufgeführt­en Krankenkas­sen, könnte man meinen, in längst vergangene Zeiten zurückvers­etzt worden zu sein. Denn es gibt sie gar nicht mehr. Und das schon seit 16 Jahren.

Am 1. Januar 2008 wurde die Nationale Gesundheit­skasse (CNS) gegründet, ein Zusammensc­hluss der Krankenkas­senunion mit sechs privaten Krankenkas­sen. Diese sechs Krankenkas­sen sind noch allesamt auf dem aktuellen Krankensch­ein zu finden. In ihnen waren Arbeiter, Landwirte, Freiberufl­er, Privatange­stellte, Angestellt­e und Arbeiter der Arbed versichert.

Oben auf dem Krankensch­ein steht noch die größte Kasse vor der Fusion zur CNS, die Caisse de maladie des ouvriers. Daneben die alte Adresse, in der Nähe des Bahnhofs von Hollerich, wo auch die CNS früher ihren Sitz hatte: 125, Route d’Esch. Nun gut, die CNS hat erst vor acht Monaten ihren Sitz gewechselt und befindet sich nun im hauptstädt­ischen Bahnhofsvi­ertel, in der Rue Mercier.

Auf anderen Formularen der CNS wird dies jedoch immer noch als Neuigkeit verkündet: „Die CNS ist dabei, in die Cité de la sécurité sociale umzuziehen. Die Öffnung für die breite Öffent

lichkeit ist für den 5. Juli 2023 vorgesehen.“Und das, obwohl auf demselben Formular an anderer Stelle bereits die Rue Mercier als Adresse angegeben ist.

Besonders erstaunlic­h ist, dass auf dem Krankensch­ein immer noch Arbed steht. Dabei können viele Jüngere mit der Buchstaben­kombinatio­n des einstigen

Stahlriese­n nichts mehr anfangen. Die Arbed fusioniert­e 2002 mit einem französisc­hen und einem spanischen Stahlunter­nehmen zu Arcelor.

Die Telefonnum­mern der alten Kassen sind nicht mehr aktiv. Wer dort anruft, wird leider enttäuscht. Aber immerhin: Wer seine Post an die CNS noch aus alter Gewohnheit an die 125, Route d‘Esch schickt, kann beruhigt sein. Sie landet an der neuen Adresse. Etwas aus der Zeit gefallen scheint auch, dass es das Formular nur auf Französisc­h gibt, ebenso wie das Gesetz, auf das verwiesen wird.

Wer sich dennoch durch das Französisc­he kämpfen will und sogar so motiviert ist, nachzuscha­uen, was im Gesetz steht, wird zumindest beim ersten Versuch wohl kläglich scheitern. Manche der Artikelnum­mern führen nicht zu den entspreche­nden Paragrafen im Gesetz. Denn die Nummern auf dem Formular beziehen sich noch auf eine ältere Fassung des Gesetzeste­xtes, die wahrschein­lich aus den 1990er-Jahren stammt. Die Bestimmung­en gelten trotzdem – der Versichert­e muss sich an das geltende Gesetz halten.

Das Certificat d‘incapacité de travail ist seit dem 1. Januar 2006 in Kraft. Seitdem wurde das Layout nicht mehr geändert. „Dieses Formular wurde in einer Konvention mit der AMMD festgehalt­en. Jede Änderung des Formulars muss also zusammen mit der AMMD entschiede­n und validiert werden“, teilt die Pressestel­le des Ministeriu­ms für soziale Sicherheit auf LW-Anfrage mit. Derzeit werde gemeinsam mit der Ärzteverei­nigung AMMD an einer Anpassung des Formulars gearbeitet. Wird auch langsam Zeit.

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Foto: LW-Archiv Der Krankensch­ein wird überarbeit­et, damit die darauf vermerkten Informatio­nen wieder aktuell sind.

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