Wieso die Arbed auf dem Krankenschein noch existiert
Die Bescheinigung sieht seit 18 Jahren gleich aus. Wer sich das Papier mal genau anschaut, entdeckt Erstaunliches
Wer krankgeschrieben ist, hat viel Zeit und Muße. Vor lauter Langeweile könnte man auf die Idee kommen, seinen Krankenschein genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein überraschend lohnender Zeitvertreib. Denn so mancher Eintrag auf der Rückseite lässt einen staunen. Liest man die Namen der aufgeführten Krankenkassen, könnte man meinen, in längst vergangene Zeiten zurückversetzt worden zu sein. Denn es gibt sie gar nicht mehr. Und das schon seit 16 Jahren.
Am 1. Januar 2008 wurde die Nationale Gesundheitskasse (CNS) gegründet, ein Zusammenschluss der Krankenkassenunion mit sechs privaten Krankenkassen. Diese sechs Krankenkassen sind noch allesamt auf dem aktuellen Krankenschein zu finden. In ihnen waren Arbeiter, Landwirte, Freiberufler, Privatangestellte, Angestellte und Arbeiter der Arbed versichert.
Oben auf dem Krankenschein steht noch die größte Kasse vor der Fusion zur CNS, die Caisse de maladie des ouvriers. Daneben die alte Adresse, in der Nähe des Bahnhofs von Hollerich, wo auch die CNS früher ihren Sitz hatte: 125, Route d’Esch. Nun gut, die CNS hat erst vor acht Monaten ihren Sitz gewechselt und befindet sich nun im hauptstädtischen Bahnhofsviertel, in der Rue Mercier.
Auf anderen Formularen der CNS wird dies jedoch immer noch als Neuigkeit verkündet: „Die CNS ist dabei, in die Cité de la sécurité sociale umzuziehen. Die Öffnung für die breite Öffent
lichkeit ist für den 5. Juli 2023 vorgesehen.“Und das, obwohl auf demselben Formular an anderer Stelle bereits die Rue Mercier als Adresse angegeben ist.
Besonders erstaunlich ist, dass auf dem Krankenschein immer noch Arbed steht. Dabei können viele Jüngere mit der Buchstabenkombination des einstigen
Stahlriesen nichts mehr anfangen. Die Arbed fusionierte 2002 mit einem französischen und einem spanischen Stahlunternehmen zu Arcelor.
Die Telefonnummern der alten Kassen sind nicht mehr aktiv. Wer dort anruft, wird leider enttäuscht. Aber immerhin: Wer seine Post an die CNS noch aus alter Gewohnheit an die 125, Route d‘Esch schickt, kann beruhigt sein. Sie landet an der neuen Adresse. Etwas aus der Zeit gefallen scheint auch, dass es das Formular nur auf Französisch gibt, ebenso wie das Gesetz, auf das verwiesen wird.
Wer sich dennoch durch das Französische kämpfen will und sogar so motiviert ist, nachzuschauen, was im Gesetz steht, wird zumindest beim ersten Versuch wohl kläglich scheitern. Manche der Artikelnummern führen nicht zu den entsprechenden Paragrafen im Gesetz. Denn die Nummern auf dem Formular beziehen sich noch auf eine ältere Fassung des Gesetzestextes, die wahrscheinlich aus den 1990er-Jahren stammt. Die Bestimmungen gelten trotzdem – der Versicherte muss sich an das geltende Gesetz halten.
Das Certificat d‘incapacité de travail ist seit dem 1. Januar 2006 in Kraft. Seitdem wurde das Layout nicht mehr geändert. „Dieses Formular wurde in einer Konvention mit der AMMD festgehalten. Jede Änderung des Formulars muss also zusammen mit der AMMD entschieden und validiert werden“, teilt die Pressestelle des Ministeriums für soziale Sicherheit auf LW-Anfrage mit. Derzeit werde gemeinsam mit der Ärztevereinigung AMMD an einer Anpassung des Formulars gearbeitet. Wird auch langsam Zeit.