Mehr Arbeitnehmer wollen den Job wechseln
Das Pendeln und der Konflikt zwischen Privat- und Berufsleben belasten das Wohlbefinden der Beschäftigten
Trotz einer vollen Agenda im Hinblick auf die Sozialwahlen wollte die Arbeitnehmerkammer nicht auf ihren „Quality of work index“verzichten. Diese seit 2014 jährlich vorgelegte Studie befragt die luxemburgischen Arbeitnehmer, sowohl die hier ansässigen als auch die Grenzgänger, zu ihrer Wahrnehmung ihres Berufslebens.
Zwar ist die Gesamtentwicklung des Index mit 54,6/100 für 2023 im Vergleich zum Vorjahr stabil, doch der Zehn-Jahres-Trend ist negativ. „Die Pandemie hat stark zur Verschlechterung der Lebensqualität am Arbeitsplatz beigetragen“, erklärt Nora Back, Präsidentin der Arbeitnehmerkammer. Der Index erreichte seinen Tiefpunkt im Jahr 2020 und seitdem ist keine Erholung zu erkennen, wenn man den Antworten der 2.732 Beschäftigten Glauben schenkt, die an der Umfrage 2023 teilnahmen.
Je nach Beruf variiert der Grad der Zufriedenheit. So sind auf einem Index von 100 die Beschäftigten im Bereich Information und Kommunikation (58), in der öffentlichen Verwaltung (57,9) und im Finanz- und Versicherungswesen (57) insgesamt zufriedener. Das Gegenteil ist der Fall bei den Arbeitern in der Montage (46,8) und im Einzelhandel (48,3). Telearbeiter berichten ihrerseits von einer besseren Lebensqualität am Arbeitsplatz als Arbeitnehmer, die vor Ort arbeiten.
Weniger Motivation, mehr Burn-outs
Motivation, Zufriedenheit und allgemeines Wohlbefinden am Arbeitsplatz sind alles Faktoren, die in den letzten zehn Jahren einen Rückgang aufweisen. Gleichzeitig bleibt der Anteil der Beschäftigten mit einem hohen Depressionsrisiko seit 2020 hoch, 2023 waren 13 Prozent der Beschäftigten betroffen. In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der Arbeitnehmer, die Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben, ein Burn-out-Risiko und körperliche Gesundheitsprobleme sehen, um 34 Prozent, 33 Prozent beziehungsweise 32 Prozent gestiegen.
Für viele Beschäftigte nimmt auch die Anfahrtszeit zu. Im Jahr 2023 betrug die durchschnittliche Fahrzeit zum Arbeitsplatz 44 Minuten für alle Arbeitnehmer. Ansässige (32 Minuten) verbringen jedoch fast die Hälfte weniger Zeit auf der Straße als Grenzgänger (57,6 Minuten).
Mehr Druck auf der Arbeit
18 Prozent der Arbeitnehmer gaben an, dass sie oft oder manchmal ihre Arbeitspausen verkürzen oder unterbrechen müssen. Außerdem sagten 28 Prozent der Befragten, dass sie auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar sein müssen. Gleichzeitig geben immer weniger Arbeitnehmer an, dass sie außerhalb der Arbeit Zeit für „Care“-Aktivitäten wie Hausarbeit, Kinderbetreuung oder ehrenamtliche oder karitative Tätigkeiten aufwenden.
In ihren letzten beiden jährlichen Umfragen hatte die Arbeitnehmerkammer davor gewarnt, dass der Anteil der Arbeitnehmer, die einen Arbeitsplatzwechsel erwägen, zunimmt. Die Tendenz bestätigt sich in diesem Jahr, da noch mehr Arbeitnehmer angeben, ihre Stelle aufgeben zu wollen (27 Prozent gegenüber 24 Prozent im Jahr 2022). Besonders ausgeprägt ist dieser Wunsch bei jungen Menschen zwischen 25 und 34 Jahren (39 Prozent), Angestellten im Einzelhandel (38 Prozent) und in Luxemburg lebenden Expats (37 Prozent).
Wieder weniger Telearbeiter
Dabei gäbe es mehrere Instrumente, die Arbeitnehmern ein besseres Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben ermöglichen würden. Das erste ist die Telearbeit. Diese verliert unter den luxemburgischen Arbeitnehmern an Bedeutung, nur 29 Prozent von ihnen praktizierten sie im Jahr 2023 gegenüber 35 Prozent im Jahr 2022 und 40 Prozent während der Pandemie im Jahr 2021. 57 Prozent der Befragten äußerten jedoch den Wunsch, jede Woche Telearbeit leisten zu können.
„Die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer ist besorgniserregend, ebenso wie die Tatsache, dass wir so viel Zeit bei der Arbeit verbringen“, sagte Nora Back nach der Vorstellung der Ergebnisse der Studie.
: Die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer ist besorgniserregend. Nora Back, Präsidentin der Arbeitnehmerkammer