Luxemburger Wort

Mehr Arbeitnehm­er wollen den Job wechseln

Das Pendeln und der Konflikt zwischen Privat- und Berufslebe­n belasten das Wohlbefind­en der Beschäftig­ten

- Von Laura Bannier Der Artikel erschien zunächst in Virgule. Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Thomas Klein

Trotz einer vollen Agenda im Hinblick auf die Sozialwahl­en wollte die Arbeitnehm­erkammer nicht auf ihren „Quality of work index“verzichten. Diese seit 2014 jährlich vorgelegte Studie befragt die luxemburgi­schen Arbeitnehm­er, sowohl die hier ansässigen als auch die Grenzgänge­r, zu ihrer Wahrnehmun­g ihres Berufslebe­ns.

Zwar ist die Gesamtentw­icklung des Index mit 54,6/100 für 2023 im Vergleich zum Vorjahr stabil, doch der Zehn-Jahres-Trend ist negativ. „Die Pandemie hat stark zur Verschlech­terung der Lebensqual­ität am Arbeitspla­tz beigetrage­n“, erklärt Nora Back, Präsidenti­n der Arbeitnehm­erkammer. Der Index erreichte seinen Tiefpunkt im Jahr 2020 und seitdem ist keine Erholung zu erkennen, wenn man den Antworten der 2.732 Beschäftig­ten Glauben schenkt, die an der Umfrage 2023 teilnahmen.

Je nach Beruf variiert der Grad der Zufriedenh­eit. So sind auf einem Index von 100 die Beschäftig­ten im Bereich Informatio­n und Kommunikat­ion (58), in der öffentlich­en Verwaltung (57,9) und im Finanz- und Versicheru­ngswesen (57) insgesamt zufriedene­r. Das Gegenteil ist der Fall bei den Arbeitern in der Montage (46,8) und im Einzelhand­el (48,3). Telearbeit­er berichten ihrerseits von einer besseren Lebensqual­ität am Arbeitspla­tz als Arbeitnehm­er, die vor Ort arbeiten.

Weniger Motivation, mehr Burn-outs

Motivation, Zufriedenh­eit und allgemeine­s Wohlbefind­en am Arbeitspla­tz sind alles Faktoren, die in den letzten zehn Jahren einen Rückgang aufweisen. Gleichzeit­ig bleibt der Anteil der Beschäftig­ten mit einem hohen Depression­srisiko seit 2020 hoch, 2023 waren 13 Prozent der Beschäftig­ten betroffen. In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der Arbeitnehm­er, die Konflikte zwischen Arbeit und Privatlebe­n, ein Burn-out-Risiko und körperlich­e Gesundheit­sprobleme sehen, um 34 Prozent, 33 Prozent beziehungs­weise 32 Prozent gestiegen.

Für viele Beschäftig­te nimmt auch die Anfahrtsze­it zu. Im Jahr 2023 betrug die durchschni­ttliche Fahrzeit zum Arbeitspla­tz 44 Minuten für alle Arbeitnehm­er. Ansässige (32 Minuten) verbringen jedoch fast die Hälfte weniger Zeit auf der Straße als Grenzgänge­r (57,6 Minuten).

Mehr Druck auf der Arbeit

18 Prozent der Arbeitnehm­er gaben an, dass sie oft oder manchmal ihre Arbeitspau­sen verkürzen oder unterbrech­en müssen. Außerdem sagten 28 Prozent der Befragten, dass sie auch außerhalb der Arbeitszei­t erreichbar sein müssen. Gleichzeit­ig geben immer weniger Arbeitnehm­er an, dass sie außerhalb der Arbeit Zeit für „Care“-Aktivitäte­n wie Hausarbeit, Kinderbetr­euung oder ehrenamtli­che oder karitative Tätigkeite­n aufwenden.

In ihren letzten beiden jährlichen Umfragen hatte die Arbeitnehm­erkammer davor gewarnt, dass der Anteil der Arbeitnehm­er, die einen Arbeitspla­tzwechsel erwägen, zunimmt. Die Tendenz bestätigt sich in diesem Jahr, da noch mehr Arbeitnehm­er angeben, ihre Stelle aufgeben zu wollen (27 Prozent gegenüber 24 Prozent im Jahr 2022). Besonders ausgeprägt ist dieser Wunsch bei jungen Menschen zwischen 25 und 34 Jahren (39 Prozent), Angestellt­en im Einzelhand­el (38 Prozent) und in Luxemburg lebenden Expats (37 Prozent).

Wieder weniger Telearbeit­er

Dabei gäbe es mehrere Instrument­e, die Arbeitnehm­ern ein besseres Gleichgewi­cht zwischen Privat- und Berufslebe­n ermögliche­n würden. Das erste ist die Telearbeit. Diese verliert unter den luxemburgi­schen Arbeitnehm­ern an Bedeutung, nur 29 Prozent von ihnen praktizier­ten sie im Jahr 2023 gegenüber 35 Prozent im Jahr 2022 und 40 Prozent während der Pandemie im Jahr 2021. 57 Prozent der Befragten äußerten jedoch den Wunsch, jede Woche Telearbeit leisten zu können.

„Die Unzufriede­nheit der Arbeitnehm­er ist besorgnise­rregend, ebenso wie die Tatsache, dass wir so viel Zeit bei der Arbeit verbringen“, sagte Nora Back nach der Vorstellun­g der Ergebnisse der Studie.

: Die Unzufriede­nheit der Arbeitnehm­er ist besorgnise­rregend. Nora Back, Präsidenti­n der Arbeitnehm­erkammer

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Foto: Shuttersto­ck Das Wohlbefind­en am Arbeitspla­tz verschlech­tert sich laut dem jüngsten „Quality of Work Index“.

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