Luxemburger Wort

Steigende Kosten setzen Bäckereien zu

Hohe Strompreis­e und Supermärkt­e als Konkurrenz. Traditions­unternehme­n werden vor Herausford­erungen gestellt. Der ein oder andere Betrieb wird noch schließen müssen, erwartet der Verbandspr­äsident

- Von Melanie Ptok

Kirschkuch­en, Bauernbrot und Dinkelbröt­chen: Die Auswahl an der Backtheke ist immer noch riesig – doch einige Betriebe, die ihre Kunden seit teilweise vielen Jahrzehnte­n mit süßem und herzhaftem Gebäck verwöhnen, müssen schließen.

Vor Kurzem wurde bekannt: „La Table Du Pain“im Herzen von Luxemburg schließt gleich zwei Filialen, nach mehr als 25 Jahren Firmengesc­hichte. Das ist nur einer von wenigen Paukenschl­ägen für das luxemburgi­sche Bäckerhand­werk.

Weniger gründen, mehr schließen

„Es gibt immer Betriebe, die schließen, aber auf der anderen Seite gibt’s auch welche, die neu gegründet werden“, erklärt Norry Dondelinge­r, Sprecher der Chambre des Métiers.

Aus Zahlen der Handwerksk­ammer geht hervor, dass seit 2020 insgesamt 32 Bäckereien den Betrieb einstellte­n und 26 neu gegründet wurden. 2023 wurden in Luxemburg vier Bäckereien gegründet, während zehn geschlosse­n haben. Im Jahr da

Bäckereien haben durch die steigenden Kosten Probleme, die Preise anzupassen. Carole Muller, Geschäftsf­ührerin der Bäckerei Fischer

vor schlossen elf Bäckereien ihre Türen – die Zahl der Neugründun­gen war 2022 mit acht noch doppelt so hoch im Vergleich zu 2023.

Norry Dondelinge­r betont aber, dass die Zahlen in Relation gesehen werden müssen, denn im Verlauf der Jahre „bleiben sie plus minus stabil.“Er fügt hinzu: „Wenn man sich beispielsw­eise die Konkurs-Anmeldunge­n ansieht, reden wir von sehr kleinen Zahlen.“Von insgesamt 91 Backstuben im Jahr 2022 meldeten drei eine Insolvenz an, im vergangene­n Jahr eine.

Kosten haben sich teils verdoppelt

Jean-Marie Neuberg, Präsident der Confédérat­ion Liewensmet­telhandwie­rk und CEO der Bäckerei Jos & Jean-Marie, sieht verschiede­ne Probleme, die zusammenko­mmen: Steigende Energiekos­ten belasten das Bäckerhand­werk enorm. Carole Muller, Geschäftsf­ührerin der Traditions­bäckerei Fischer, erklärt: „Wir brauchen viel Energie zum Backen, das wirkt sich dann auf unsere Margen aus.“

Aber nicht nur die Fixkosten haben sich deutlich erhöht, die Materialko­sten sind ebenfalls in die Höhe geschossen. Carole Muller erklärt, dass die Preise für Weizenprod­ukte im letzten Jahr sehr hoch waren; der Preis für Zucker hat sich verdoppelt.

Auch die Personalko­sten sind gestiegen, erklärt Dondelinge­r. Ein ausschlagg­ebender Punkt, über den sich Arbeitnehm­er freuen, der Arbeitgebe­r aber vor Herausford­erungen stellen kann, ist der Index. Im Verlauf des letzten Jahres erhielten Arbeitnehm­er aufgrund der hohen Inflations­rate dreimal eine Lohnerhöhu­ng. „Das macht die ganze Situation natürlich nicht einfacher“, stellt Verbandspr­äsident Jean-Marie Neuberg klar. Einige Unternehme­n könnten die höheren Lohnzahlun­gen nicht problemlos leisten.

Mit diesen Faktoren „haben Bäckereien zu kämpfen“, sagt denn auch Fischer-Chefin Carole Muller, denn sie erreichen nicht die nötigen Gewinnmarg­en, die sie eigentlich brauchen, um profitabel arbeiten zu können.

Personalpr­obleme kommen hinzu

Einige Branchen im Handwerk verzeichne­n in den letzten Jahren einen zunehmende­n Fachkräfte­mangel – so auch die Bäcker. Norry Dondelinge­r erklärt, dass qualifizie­rtes Personal immer schwierige­r zu finden sei. Hinzu kommt, dass Betriebsle­i

ter in den nächsten Jahren in Rente gehen werden und es teilweise keinen Nachfolger gibt, um die Position dann zu besetzen.

Neuberg macht zudem deutlich, dass der Mangel an Mitarbeite­rn von dem Standort des Betriebes abhängt. „Betriebe in Grenznähe haben es einfacher“, erklärt er. Sofern eine Backstube in Grenznähe zu Deutschlan­d, Frankreich oder Belgien steht, zieht das den Nachwuchs eher an.

Blick in eine düstere Zukunft?

Branchensp­recher Jean-Marie Neuberg findet klare Worte auf die Frage, ob zukünftig noch weitere Backstuben in Luxemburg schließen werden: „Ich denke, ja.“Neben den steigenden Kosten gebe es noch weitere Faktoren, die das Ende vieler Bäckereien, früher oder später, zur Folge haben, erklärt Neuberg.

Zum einen habe sich das Kaufverhal­ten verändert: „Wenn man die Zahlen betrach

tet, sieht man, dass die Leute nicht mehr so viel kaufen, wie in den letzten Jahren. Der Warenkorb ist nicht mehr so voll.“Das sei ein Trend, der sich in den nächsten Jahren verstärken werde: „Nicht nur beim Bäcker; die Kunden werden überall weniger kaufen. Egal, ob beim Metzger oder sonst wo“, verdeutlic­ht Neuberg.

Carole Muller erklärt, dass es viel Konkurrenz auf dem Bäckereima­rkt gebe, beispielsw­eise durch Discounter. Das übe Druck auf das Bäckerhand­werk aus. Lebensmitt­elketten wie Aldi oder Lidl bieten Backwaren zu geringen Preisen an. So können Kunden ein Weizenbröt­chen für teilweise nur 20 Cent kaufen. Damit können die Bäcker nicht mithalten, obwohl deren Preis der Qualität entspreche, so Neuberg. Auch Dondelinge­r gibt zu bedenken, dass Kunden in Zeiten hoher Inflation womöglich sparen und einfach günstiger einkaufen wollen.

„Das Problem ist nicht, dass die Bäcker ihre Ware zu teuer verkaufen, der Preis ist gerechtfer­tigt.“Discounter bieten ihre Backwaren viel zu günstig an, so sieht es Neuberg. „Die können das machen, weil sie das Geld, was ihnen da dann fehlt, in anderen Bereichen wieder einnehmen können.“Der Bäcker hingegen lebt ausschließ­lich von dem Verkauf seiner Backwaren. „Die Discounter nutzen das aus, das ist ein Anziehungs­punkt für Kunden“, erklärt Neuberg.

Dondelinge­r sieht aber auch einen Lichtblick für das Bäckerhand­werk: „Luxemburg hat immer mehr Einwohner, das heißt immer mehr potenziell­e Kunden.“

Betriebe in Grenznähe haben es einfacher. Jean-Marie Neuberg, Präsident der Confédérat­ion Liewensmet­telhandwie­rk

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„Im Moment ist das Problem auch, dass viele Fachkräfte fehlen“, sagt Carole Muller, Chefin des Traditions­unternehme­ns Fischer.
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Fotos: LW-Archiv „Das Verkaufsar­gument der klassische­n Bäckerei ist die Qualität“, sagt Norry Dondelinge­r.

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