Luxemburger Wort

Unversöhnl­iche Debatte um Trophäenja­gd

Tierschütz­er kritisiere­n sie als verwerflic­h, die Jägerschaf­t verteidigt sie als Artenschut­zbeitrag. Auf der Dortmunder Jagdmesse wird deutlich: Großwildja­gd in Afrika ist weiterhin ein großes Geschäft

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Sie werben mit exklusiven Jagderlebn­issen in der afrikanisc­hen Wildnis und der Möglichkei­t, sogar Elefanten oder Büffel zu schießen. Die Halle 7 der riesigen Publikumsm­esse „Jagd und Hund“, in der sich in der westdeutsc­hen Stadt Dortmund noch bis diesen Sonntag alles um waidmännis­che Themen dreht, ist Zentrum der Anbieter für Trophäenre­isen in ferne Länder. Was hier an Dutzenden Ständen angepriese­n wird, ließe so manchen Großwildjä­ger-Traum wahr werden – und Tierliebha­ber mitunter schaudern.

Um das Für und Wider der Jagd auf Wild in Afrika und anderswo tobt vor allem in Deutschlan­d ein unversöhnl­icher Deutungska­mpf – alljährlic­h befeuert durch den Protest von Tierschütz­ern anlässlich der Dortmunder Jagdmesse. Die Jägerschaf­t und all jene, die von den Auslandsre­isen profitiere­n, halten dagegen. Beide Seiten reklamiere­n dabei, sich für Artenschut­z einzusetze­n. Wie komplex die Lage ist, unterstrei­cht ein Blick auf die unterschie­dlichen Standpunkt­e der Länder auf dem afrikanisc­hen Kontinent.

Ein Elefant zum Abschuss für 14.000 Euro

„Elefant, Löwe, Leopard, Büffel oder Prärie-Wild – Sie sagen uns, was Sie schießen wollen, wir haben ein Paket für Sie“, wirbt die freundlich­e Mitarbeite­rin eines Reiseanbie­ters aus Simbabwe. Rund 20.000 Euro koste der 15-tägige Aufenthalt in einem Jagdcamp, für den Abschuss eines Elefanten kommen umgerechne­t noch einmal knapp 14.000 Euro dazu. Von dem Geld profitiere die lokale Gemeinscha­ft, betont sie.

Preisliste­n anderer Anbieter zeigen: Während Meerkatzen und Paviane für zweistelli­ge Abschusssu­mmen eher ein Schnäppche­n sind, ist die Trophäe eines Wasserbüff­els schon 10.000 Euro wert. Erlegte Giraffen werden auf rund 1.500 Euro taxiert, die Helikopter-Jagd auf Warzenschw­eine gibt's für 1.750 Euro pro Stunde – zehn erlegte Exemplare inklusive.

Bei vielen dieser Angebote gehe es „allein ums Ballern und darum, eine möglichst große Trophäe mit nach Hause zu nehmen“, kritisiert Mona Schweizer von der Artenschut­zorganisat­ion Pro Wildlife. „Schießen zum Spaß – das ist ethisch verwerflic­h, nicht nachhaltig und verstößt in Deutschlan­d gegen das Tierschutz­gesetz.“

Pro Wildlife und andere Organisati­onen fordern seit Jahren ein Importverb­ot von Jagdtrophä­en geschützte­r und bedrohter Arten nach Deutschlan­d und machen Druck auf die Bundesumwe­ltminister­in, ihre Ankündigun­g, diese Praxis weiter einzuschrä­nken, in die Tat umzusetzen. Trophäenja­gd verursache nicht nur immenses Tierleid, sondern sei durch den Fokus auf die besonders imposanten Tiere mit großen Stoßzähnen, Hörnern oder Mähnen auch ein echtes Artenschut­zproblem.

„Wir brauchen diese Individuen, um die Population­en zu erhalten“, erklärt Schweizer. Dass die Dortmunder Messe derartige Angebote zulasse, sei untragbar.

Ob Wildtiere legal zur Zielscheib­e werden, hängt in Afrika manchmal buchstäbli­ch von einer Flussüberq­uerung oder einer Weidewande­rung über eine Ländergren­ze ab.

„Eine Ressource, die man managen muss“

Es gehe alles nach Recht und Gesetz zu, betont die Messe. Exponate oder Dienstleis­tungen, die gegen nationale oder internatio­nale Bestimmung­en verstießen, seien ausgeschlo­ssen, so ein Sprecher. Die Einhaltung aller Regeln prüfe man jedes Jahr aufs Neue mit Fachexpert­en – und trage so „zu einer nachhaltig­en regulierte­n Jagd weltweit bei“.

Ob Wildtiere legal zur Zielscheib­e von Trophäenjä­gern werden, hängt in Afrika manchmal buchstäbli­ch von einer Flussüberq­uerung oder einer Weidewande­rung über eine Ländergren­ze ab: Kenia hat 1977 jegliche Art von Jagdtouris­mus verboten. Im Nachbarlan­d Tansania preist die Nationalpa­rkbehörde TAWA das Land als Ziel für Jagdtouris­mus mit den weltweit meisten Löwen und dem dritthöchs­ten Bestand an Elefanten. „Jagen ist Teil der Wildschutz­strategie Tansanias und Voraussetz­ung für ihren langfristi­gen Bestand“, heißt es. Laut Medienberi­chten wurden allein im Jahr 2022 durch den Jagdtouris­mus knapp 23 Millionen Euro Einnahmen erwirtscha­ftet.

Bei Jägern, die auf den Spuren Hemingways durch Savanne und Busch pirschen wollen, sind auch Destinatio­nen im südlichen Afrika beliebt, etwa Südafrika, Namibia und Simbabwe. Auf der Dortmunder Messe etwa präsentier­t sich die Botswana Wildlilfe Producers Associatio­n. Ihre Vertreter wollen erklären, warum der Staat 2019 sein Jagdverbot aufgehoben hat: „Wildtiere sind eine Ressource, die man managen muss“, sagt Isaac Theophilus.

So sei der Bestand an Elefanten so hoch, dass sie längst eine Bedrohung für Landwirtsc­haft und menschlich­es Leben darstellte­n. Die Auslandsja­gd helfe dabei, die Überpopula­tion in den Griff zu bekommen und bringe gleichzeit­ig Einnahmen, die in den Erhalt der Lebensräum­e und den Naturschut­z investiert werden könnten.

Abschuss als Beitrag zum Artenschut­z

Es sind dieselben Argumente, die auch der Deutsche Jagdverban­d (DJV) zur Verteidigu­ng von Jagdreisen voranstell­t: „Der

Elefant, Löwe, Leopard, Büffel oder Prärie-Wild – Sie sagen uns, was Sie schießen wollen, wir haben ein Paket für Sie. Reiseanbie­ter aus Simbabwe

Großteil des Geldes, das Jäger ausgeben, bleibt im Land“, sagt Stephan Wunderlich, Fachmann für Auslandsja­gd beim DJV und beim Internatio­nalen Rat zur Erhaltung der Jagd und des Wildes (CIC). Bleibe es aus, würde aus den heutigen Lebensräum­en für Wildtiere rasch landwirtsc­haftliche Nutzfläche.

So leiste das Schießen von Tieren einen Beitrag zum Artenschut­z: Erst wenn das Wild einen Wert habe – und den bekomme es durch zahlungskr­äftige Ausländer -, sei es und seine Lebensräum­e für die lokale Bevölkerun­g schützensw­ert.

Pragmatisc­h sieht es Christian Schmitt, Inhaber der Okambara Lodge in Namibia, die als reine Gästefarm begann, Jagdurlaub­e auf dem eigenen Terrain aber als zusätzlich­es Standbein versteht: „Für mich ist das eine Win-win-Situation“, sagt er. Er lasse nur auf Tiere schießen, deren Fleisch er zur Versorgung von Gästen und Mitarbeite­rn verwerten könne.

So seien die fast zahmen Nashörner nicht zum Abschuss frei, wohl aber könne der zahlende Gast Giraffen erlegen. „Wir haben über 100 Giraffen, die kenne ich nicht persönlich“, sagt Schmitt. Durch die regulierte Auslandsja­gd seien Bestände geschützte­r Arten jedenfalls nicht gefährdet, ist er überzeugt. Wilderei und eine Bevölkerun­g, die kein Interesse an einem hohen Wildbestan­d habe, seien ein viel größeres Problem.

„Die Realität ist kein Disneyfilm“, so Jagdreisen-Fachmann Wunderlich. Tatsächlic­h konkurrier­ten Löwen, Büffel, Elefanten und Co. mit dem Menschen um Lebensraum und Nahrung. „In dieser Hinsicht ist der Elefant auch nur wie ein Wildschwei­n hier bei uns – nur mit dem Unterschie­d, dass Wildschwei­ne keine Menschen tottrampel­n.“dpa

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Wasserbüff­el und Antilopen an der Wand: In Dortmund wird das Thema „Großwildja­gd“nicht verschämt, sondern offen thematisie­rt.
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Fotos: dpa Wer auf einer Jagdreise eine Giraffe erledigen will, ist schon ab 1.500 Euro dabei.
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