Luxemburger Wort

Asselborn warnt vor aufgedrück­tem Zwangsfrie­den für Ukraine

Noch immer hätten viele EU-Staaten nicht verstanden, welche Auswirkung­en ein Sieg Russlands haben könne, so der Ex-Außenminis­ter

-

Der frühere luxemburgi­sche Außenminis­ter Jean Asselborn hat vor einem der Ukraine aufgedrück­ten Zwangsfrie­den gewarnt. „Das ist etwas, wo, hoffe ich, der Westen zusammenst­eht, dass er das nicht duldet“, sagte Asselborn im Podcast „Wortwechse­l Spezial – Mit dem Fahrrad von Luxemburg nach Kiew“. Ihm bereite das Wiederaufe­rstehen Donald Trumps in der USPolitik große Sorge, denn der frühere Präsident wolle über die Köpfe der Ukrainer hinweg einen Deal mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin machen. „Putin wartet ja darauf, dass Trump gewählt wird“, mutmaßt der Luxemburge­r in einer Bonusfolge des Podcasts, der ab Sonntag, 4. Februar, exklusiv auf wort.lu zu hören ist.

Sorge vor nachlassen­der Unterstütz­ung

Es sei von entscheide­nder Bedeutung, dass die wichtigste­n Alliierten, die USA und die EU, ihre Unterstütz­ung für die Ukraine nicht zurückfahr­en. Noch immer hätten viele EU-Staaten nicht verstanden, welche Auswirkung­en ein möglicher Sieg Russlands haben könne. „Es würde bedeuten, zuerst mal militärisc­h, dass Putin vor Polen stünde“, so der im November aus dem Amt geschieden­e Außenminis­ter. „Zweitens: Wenn er diesen Krieg gewinnt, dann bleibt er nicht da stehen, wo er jetzt steht.“

Polen und das Baltikum seien in erster Linie bedroht. Möglicherw­eise werde Putin nie einen Friedensve­rtrag unterschre­iben, weshalb im Osten Europas eine Instabilit­ät drohe, wie man sie auf verheerend­e Art und Weise etwa in Georgien und Moldau beobachten könne.

Schon 2005, ein Jahr nach seinem Amtsantrit­t als Außenminis­ter, sei er erstmals in die Ukraine gereist, erinnert sich Jean Asselborn. Ende 2021, also wenige Monate vor dem russischen Großangrif­f, habe er an der Demarkatio­nslinie gestanden. „Damals war eigentlich die Angst noch nicht da, dass diese Katastroph­e geschehen könnte“, blickt Asselborn selbstkrit­isch zurück.

Unterschie­dliches Rekrutieru­ngspotenzi­al

Auch kurz nach den Maidan-Protesten 2014 sei er mit den anderen Außenminis­tern der Benelux-Staaten in Kiew gewesen. „Da war alles verbrannt, da war alles kaputtgesc­hlagen.“Die Häuser seien jedoch alle wieder aufgebaut worden, wie er bei seinem Besuch im Oktober 2023 feststelle­n konnte, als fast alle EU-Außenminis­ter mit einem Sonderzug nach Kiew gefahren waren.

Das unterschie­dliche Rekrutieru­ngspotenzi­al von Russland und der Ukraine, der schwelende Konflikt zwischen Präsident Selenskyj und seinem Armeechef sowie das militärisc­he Stagnieren machten ihm Sorgen. „Es sieht nicht so blendend aus in diesem Moment“, so Asselborn in dem bereits am 20. Dezember 2023 geführten Gespräch.

Der Podcast „Luxemburg Spezial: Mit dem Fahrrad von Luxemburg nach Kiew“ist seit dem 1. Februar auf wort.lu sowie allen gängigen Podcast-Plattforme­n abrufbar. Er zeichnet in mehreren Folgen die „Charity Bike Tour“des „Wort“Journalist­en Michael Merten von Luxemburg in die Ukraine nach. Bei der außergewöh­nlichen Tour erradelte der Wort-Journalist rund 15.000 Euro an Spenden für Hilfsproje­kte in dem angegriffe­nen Land. Asselborn war Schirmherr der karikative­n Aktion und als solcher Gast der Auftaktfol­ge des Podcasts. LW

 ?? Foto: Christophe Olinger ?? Jean Asselborn (rechts) war Gast der ersten Folge des neuen LW-Podcasts „Mit dem Fahrrad von Luxemburg nach Kiew“.
Foto: Christophe Olinger Jean Asselborn (rechts) war Gast der ersten Folge des neuen LW-Podcasts „Mit dem Fahrrad von Luxemburg nach Kiew“.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg