Luxemburger Wort

Grüne wollen mit sozialer Offensive neues Wahldebake­l verhindern

Beim Europa-Kongress der europäisch­en Grünen in Lyon wurden die Spitzenkan­didaten gewählt. In Luxemburg gilt Tilly Metz als gesetzt. Nur wer kämpft an ihrer Seite?

- Von Ines Kurschat

Sie sei noch „ganz beflügelt“, erzählt die CoChefin von Déi Gréng, Djuna Bernard. Am Wochenende tagte der Kongress der Europäisch­en Grünen im französisc­hen Lyon.

Auch wenn sich bei der Wahl um die EUSpitzenk­andidatin die Luxemburge­r Favoritin Elina Pinto nicht gegen die bekanntere und erfahrene Deutsche Terry Reintke und den Niederländ­er Bas Eickhout durchsetze­n konnte: Mit fast 24 Prozent der Stimmen habe die lettische Grüne, die seit mehr als zehn Jahren in Luxemburg lebt, „einen guten Score gemacht“, freut sich Bernard.

Grüne in Europa: Verluste vorhergesa­gt

Parteikoll­egen aus anderen Ländern zu treffen, habe gut getan, findet Djuna Bernard. Aufmunteru­ng und Optimismus kann die grüne Ko-Parteichef­in gebrauchen, nach dem Wahldebake­l im Oktober, der auch sie ihren Sitz im Parlament gekostet hat. Schwamm drüber: Es gilt, Kraft und Zuversicht zu sammeln für die kommende Europawahl. Und die braucht es: Den Grünen werden nämlich nicht nur Verluste in Luxemburg, sondern in ganz Europa vorhergesa­gt. Mit Zugewinnen könnten dagegen die Rechtspopu­listen rechnen.

Auf dem Kongress in Lyon wurden die Weichen für den Auftritt der europäisch­en Grünen gestellt: Neben der Doppelspit­ze verabschie­deten die Delegierte­n das grüne Manifest, das auch den Luxemburge­r Gréng eine Orientieru­ng sein soll.

Eines fällt auf: Wurden 2019 selbstbewu­sst urgrüne Themen wie Klimawande­l und grüne Wirtschaft ins Fenster gestellt, setzt das Manifest für 2024 andere Akzente: ein „European Green and Social Deal“soll die Brücke schlagen, damit zwischen grünen Ansprüchen wie der Energietra­nsition und den Herausford­erungen des alltäglich­en Lebens kein Graben klafft.

„Wir müssen vom Image wegkommen, wonach wir eine Partei von hippen Stadtbewoh­nern sind, die Politik für hippe Stadtbewoh­ner macht“, sagte eine Delegierte aus Luxemburg beim Kongress in Lyon. Dass die sozialpoli­tische Begleitung der grünen Wende zentraler werden muss, ist bei den Grünen EUweit Konsens. Kontrovers­en, wie die, die in Deutschlan­d rund um das Heizungsge­setz entstand, will man sich in Zukunft ersparen. Klimakrise und gerechte Umverteilu­ng seien untrennbar, so die Botschaft in Lyon.

„Nichtstun wird nur dazu dienen, dass die Reichsten von den fossilen Brennstoff­en profitiere­n, während die Ärmsten in unserer Gesellscha­ft die Kosten tragen müssen“, lautet es im dort verabschie­deten Manifest. Weitere Themen sind der Rechtsruck und die Erosion des Rechtsstaa­ts in Europa.

Die strategisc­he Frage, wie sich als Umweltpart­ei richtig aufstellen, wenn in vielen EU-Ländern derzeit Skepsis und Müdigkeit gegenüber komplexen Zusammenhä­ngen herrscht, ist die eine Nuss, die Déi Gréng knacken müssen. Das in einem polarisier­ten Umfeld, in der die Partei vom politische­n Gegner nicht selten pauschal diffamiert und als Verbotspar­tei verunglimp­ft wird.

Grüne in Luxemburg: starke Konkurrenz für Europa

Eine andere ist die, eine attraktive Kandidaten­liste für Luxemburg zusammenzu­stellen. Die Konkurrenz dieses Jahr dürfte mit soliden Listen bei LSAP, CSV und DP stärker sein als 2019. Und dann ist da die ADR, die vom EUweiten Rechtsruck profitiere­n könnte.

2019 befanden sich die Grünen landes- und europaweit im Aufschwung. Claude Turmes, der sich in Straßburg über Parteigren­zen hinweg durch seine Expertise Anerkennun­g verschafft hatte, garantiert­e der Partei ein solides europapoli­tisches Profil – auch wenn er schon 2018 für den verstorben­en Camille Gira in die Regierung gewechselt war. Fünf Jahre später blickt die grüne Welt nun mit bangem Blick auf Tilly Metz, nunmehr die europapoli­tische Referenz der Ökos. Sie gilt als integer und engagiert. Außerdem konzentrie­rt sich sie sich auf populäre Themen, wie etwa Tierwohl. Aber hat die EP-Abgeordnet­e genügend Eindruck beim Wähler hinterlass­en, um den Abwärtstre­nd ihrer Partei stoppen zu können?

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