Luxemburger Wort

Luxemburgi­sches Skitalent wagte schon früh den Sprung über den großen Teich

Joachim Keghian siedelt bereits als 15-Jähriger nach Kanada über, um dort seiner großen Leidenscha­ft intensiver nachgehen zu können

- Von André Klein

Nur ein paar Wochen im Jahr ist Joachim Keghian in Europa, bereits am Donnerstag geht es für den jungen Luxemburge­r wieder zurück nach Calgary (CAN). Doch die Teilnahme an den alpinen Ski-Landesmeis­terschafte­n in Adelboden (CH) Mitte Januar sowie an der Junioren-Weltmeiste­rschaft im französisc­hen St. Jean d’Aulps und Morzine am vergangene­n Wochenende wollte sich der 20-Jährige nicht entgehen lassen. Dafür hat er sich extra mit Nationaltr­ainer Patrick Emptaz-Colomb in Lans-en-Vercors (F) vorbereite­t.

Die Vorbereitu­ng schien sich auszuzahle­n: In der Schweiz lag Keghian nach dem ersten Durchgang im Riesenslal­om bereits auf Goldkurs, als er im folgenden Lauf stürzte und somit nicht einmal seine Silbermeda­ille aus dem Vorjahr verteidige­n konnte. Im Slalom war gar nach dem ersten Versuch Schluss.

Besser lief es für den leicht angeschlag­enen Skifahrer am Wochenende in Frankreich. Unter jeweils 146 Startern fuhr Keghian im Slalom auf Platz 56 und verbessert­e dieses Ergebnis im Riesenslal­om nochmals um zehn Plätze. „Ich bin im Slalom als 121. gestartet. Das waren keine einfachen Bedingunge­n, weil die Piste bereits in schlechtem Zustand war. Doch vor allem im zweiten Durchgang war es ein ganz ordentlich­es Rennen von mir“, sagt Keghian. „Beim Riesentorl­auf erreichten nur 57 Fahrer das Ziel. Es ist nicht meine Lieblingsd­isziplin, deshalb ist das Resultat in Ordnung.“

Den Rest des Jahres wird der junge Skifahrer wieder in seiner Wahlheimat verbringen, die er mittlerwei­le bestens kennt. Denn schon im jugendlich­en Alter von 15 Jahren verließ der Sohn eines französisc­hen Vaters und einer belgischen Mutter das Großherzog­tum in Richtung Ontario. „Mein Vater hat mich praktisch jedes Wochenende in die französisc­hen oder schweizeri­schen Alpen zum Training oder zu Wettkämpfe­n gefahren. Das war alles sehr anstrengen­d und auch meine Lehrer waren nicht glücklich mit der Situation, weil ich gelegentli­ch eine Unterricht­seinheit verpasste.“

Die Leidenscha­ft, auf zwei Brettern den Berg hinabzuras­en, brannte allerdings so stark in dem Sportler, dass er gemeinsam mit seiner Familie eine Lösung suchte. „Kanada hat mich schon immer fasziniert. Und an der Highschool von Collingwoo­d gab es ein Programm, das Skifahren und Schule perfekt miteinande­r verbindet“, fasste Keghian den Entschluss, ans andere Ende der Welt zu ziehen.

Unterstütz­ung aus der Heimat

Während es für viele 15-Jährige schwer gewesen wäre, Tausende Kilometer von der Familie getrennt und fortan völlig auf sich allein gestellt zu sein, beschreibt Keghian sein erstes Highschool-Jahr als „die schönste Zeit meines Lebens“. Dennoch waren einige Dinge für den damaligen Schüler noch ungewohnt. „Ich war schon immer sehr selbststän­dig. Aber plötzlich für mich selbst zu kochen, war etwas Neues“, erklärt Keghian, der sich aber sehr schnell an die neue Situation angepasst hat.

Die Highschool hat der Skifahrer mittlerwei­le abgeschlos­sen. Seit vergangene­m Jahr studiert er an der Universitä­t von Calgary Geografie. Und völlig allein ohne luxemburgi­sche Unterstütz­ung ist der 20Jährige nun auch nicht mehr. „Im vergangene­n Jahr habe ich viel gemeinsam mit Matthieu Osch in Österreich trainiert. Am Stubaier Gletscher hatten wir dann eine Diskussion und ich habe ihm von meinen Plänen mit der Universitä­t von Calgary und deren Skiprogram­m erzählt“, resümiert Keghian. „Er fand das sehr interessan­t und jetzt studieren wir gemeinsam in Kanada. Matthieu und ich sehen uns sehr oft und unternehme­n auch abseits der Piste Dinge miteinande­r. Aber beim Skifahren kann ich noch einiges von ihm lernen. Da ist er wie ein großer Bruder für mich.“

Keghians Tagesablau­f ist in den Wintermona­ten derweil nahezu nur vom Sport geprägt, da er sich in dieser Zeit intensiv dem Skifahren widmet und die Sommermona­te zum Studieren nutzt. „Von 9 bis 12 Uhr sind wir mit unserer Skigruppe in den Bergen von Nakiska. Danach gehen einige in den Unterricht, während ich nach einer kurzen Pause zur Gymnastik oder ins Gym gehe“, so Keghian.

Die Pisten im Skigebiet von Nakisaka, das Teil der Olympische­n Winterspie­le von 1988 war, weisen jedoch einen deutlichen Unterschie­d zu ihren europäisch­en Pendants auf. „Der Schnee ist hier viel griffiger als in Europa. Er reagiert direkter und man muss sich erstmals daran gewöhnen“, sagt Keghian, der zeitnah auch beim nordamerik­anischen Noram-Cup starten will. „Am 24. Februar findet in Mont Saint-Marie in Quebec ein Rennen im Noram-Cup statt“, plant der Sportler dort sein Debüt in der Rennserie zu geben.

Sein allerhöchs­tes Ziel soll ihn dann aber wieder zurück nach Europa führen. „Im Moment versuche ich meine FIS-Punkte zu verringern und dadurch ein besseres Ranking zu erreichen. Denn die Olympische­n Spiele in Cortina (I) habe ich fest im Blick. Das ist mein großes Ziel.“Den richtigen Ansprechpa­rtner hat er in Kanada nun an seiner Seite. Denn Matthieu Osch vertrat Luxemburg schon zweimal bei der größten Winterspor­tveranstal­tung der Welt – 2026 vielleicht ein drittes Mal gemeinsam mit Joachim Keghian in Italien.

Matthieu und ich sehen uns sehr oft und unternehme­n auch abseits der Piste Dinge miteinande­r. Aber beim Skifahren kann ich noch einiges von ihm lernen. Da ist er wie ein großer Bruder für mich. Joachim Keghian

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Foto: privat Joachim Keghian bei den Landesmeis­terschafte­n in Adelboden.
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Foto: FLS Eléonore Dubois (2), Joyce ten Raa (1), Gwyneth ten Raa (3) und Joachim Keghian (r.) bei den Landesmeis­terschafte­n in Adelboden.

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