Unsichere Zeiten für die britische Monarchie
Die Krebsdiagnose von König Charles lässt Spekulationen über die Zukunft der Royals aufkommen. Die Königsfamilie macht allgemein einen angeschlagenen Eindruck
Es ist gerade mal siebzehn Monate her, dass Charles nach dem Tod seiner Mutter den britischen Thron bestieg und damit den Job übernahm, auf den er sich ein Leben lang vorbereitet hatte. Aber jetzt müssen sich die Briten fragen, wie lange die Regentschaft von Charles III. noch dauern wird. Die Krebsdiagnose, die am Montagabend um 18 Uhr Ortszeit bekannt gegeben wurde, lässt seine Zukunft sehr unsicher aussehen.
Das Statement, das der Buckingham Palace veröffentlichte, legt die Fakten relativ knapp dar. „Eine Form von Krebs“sei entdeckt worden, als der König kürzlich wegen einer vergrößerten Prostata im Krankenhaus war. Charles habe bereits mit einer „Behandlung“angefangen, und er sei guter Dinge. Wo sich der Krebs befindet, wie weit fortgeschritten er ist, und was für einer
Art Behandlung sich der Monarch unterzieht – all das bleibt unklar.
Wenn man die Verlautbarung jedoch mit früheren royalen Communiqués vergleicht, ist sie eher ausführlich. Noch vor 20 Jahren hätte die Öffentlichkeit bloß „ein sehr schroffes, kurzes Statement“vorgesetzt bekommen, sagte Simon Lewis, der ehemalige Pressechef der Queen, gegenüber der BBC. Der Palast schrieb, der König habe sich entschieden, seine Krebsdiagnose publik zu machen, um möglichen „Spekulationen vorzubeugen“. Zudem habe er die Hoffnung, damit die Aufmerksamkeit für Krebserkrankungen weltweit zu erhöhen.
Die Nachricht hat bei vielen Briten Betroffenheit ausgelöst. Premierminister Rishi Sunak sagte, er sei „schockiert und traurig“. Auch Staats- und Regierungschefs aus aller Welt haben dem König eine schnelle Genesung gewünscht. Prinz Harry flog umgehend von Los Angeles nach Großbritannien.
Vorkehrungen bei Verschlechterung
In konstitutioneller Hinsicht hat die Diagnose jedoch vorläufig keine größeren Auswirkungen. Charles wird zwar bis auf Weiteres auf alle öffentlichen Auftritte verzichten, aber seinen anderen Königspflichten wird er dennoch nachkommen. Er wird beispielsweise weiterhin den nötigen Papierkram erledigen, den seine Rolle als Staatsoberhaupt erfordert. Auch für den Fall, dass sich sein Zustand verschlechtern sollte, hat die britische Monarchie Vorkehrungen getroffen. Laut einem Gesetz aus dem Jahr 1937, dem sogenannten Regency Act, kann der König einen oder mehrere seiner sogenannten „Counsellors of State“ernennen, die an seiner Stelle regieren.
Fünf Mitglieder der königlichen Familie sind derzeit Counsellors of State: Königin Camilla, Prinz William, Prinz Harry, Prinz Andrew und Prinzessin Beatrice. Allerdings scheiden Harry und Andrew aus, weil sie keine „arbeitenden Royals“mehr sind. Also gibt es drei Kandidaten, die den König im Krankheitsfall vertreten könnten. Sollte der Monarch hingegen so schwer erkranken, dass er dauerhaft ausscheiden müsste, würde ein Regent ernannt; das wäre Prinz William, der Thronfolger. Aber davon ist man derzeit noch weit entfernt – zumindest ist der Palast um Zuversicht bemüht. Der König „freut sich darauf, seine Pflichten so bald wie möglich wieder in vollem Umfang wahrnehmen zu können“, heißt es in der Stellungnahme. Wie wahrscheinlich das ist, ist derzeit kaum einzuschätzen. Auf jeden Fall steht die Monarchie vor unsicheren Monaten.
Charles wird bis auf Weiteres auf alle öffentlichen Auftritte verzichten. Seinen anderen Königspflichten wird er dennoch nachkommen.
Schon bei seiner Thronbesteigung im Herbst 2022 spekulierten viele Beobachter, dass Charles als ein „Übergangsmonarch“in die Geschichte eingehen könnte – mit 75 Jahren ist der König heute in einem Alter, in dem die meisten Leute schon längst den Ruhestand genießen. Mediziner verweisen darauf, dass man eine Krebsbehandlung in diesem Alter nicht mehr so leicht wegsteckt.
Die übrigen Royals werden in den kommenden Wochen einen größeren Teil der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen müssen, an vorderster Stelle Prinz William. Allerdings wird er zunächst ohne seine Frau auskommen müssen: Auch Kate musste sich kürzlich einer Behandlung unterziehen und ist wohl bis nach Ostern „out of action“. Die Royal Family „sieht heute weit fragiler aus als während der sommerlichen Feierlichkeiten an der letztjährigen Krönungszeremonie“, schreibt der königliche Korrespondent der BBC.