Ernährungswende einläuten – der Kinder wegen
Das neue Gesundheitsobservatoriums hat seinen Bericht über die gesundheitlichen Probleme von Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Mit vorab der Meldung, dass bei den Elf- bis Zwölfjährigen das Übergewicht innerhalb weniger Jahre stark zugenommen hat und dass sie unter Bewegungsmangel leiden. Es ist ein Negativtrend, auf den Kinderärzte seit über zehn Jahren hinweisen und gegen das die Politik mit dem Programm Gesond iessen, méi bewegen angeht. Das reicht aber nicht.
Kurz darauf wird das Audit zur Organisation und zur Funktionsweise der Schulmedizin vorgestellt. Es spart nicht mit Kritik an einem System, das den Entwicklungen und heutigen Herausforderungen nicht mehr gerecht wird. Die Prämisse klingt banal, sie ist aber eine bedeutsame Feststellung: Wohlbefinden, Gesundheit und Lernen sind eng miteinander verknüpft. Ein krankes Kind lernt nicht gut, ein Kind, das gesund ist, das sich wohl in seiner Haut fühlt, das Anerkennung erfährt und sich mit Leichtigkeit in seinem schulischen Umfeld bewegt, hat mehr Chancen auf einen guten Schulabschluss.
Die Erkenntnis, die sich aus dem Audit ergibt: Es obliegt mehr dem Schulpersonal denn den nur sporadisch und kurz intervenierenden Medizinern, den Gesundheitszustand und das Wohlbefinden der Schüler im Blick zu behalten. Das fordert die Schule zusätzlich zu all den Anforderungen heraus, die sie heute schon erfüllen muss. Am Ursprung steht allerdings das Elternhaus, das mit seinen Ernährungsgewohnheiten die Grundlage für die körperliche Entwicklung der Kinder legt.
Auch die Erwachsenen werden immer übergewichtiger, da bleiben Folgen für die Kinder nicht aus. Lebensbedrohlicher Feind Nummer eins für den Menschen ist heute sein Lebensstil: zu viel Zucker, zu viel Fett, zu viele Kalorien, zu wenig Sport und Bewegung.
Waren früher Wohlstandsbauch und das tägliche Fleisch auf dem Tisch Zeichen von Erfolg und gesellschaftlichem Aufstieg, hat sich das heute umgekehrt. Aus den glücklichen Wenigen, die sich Essen im Überfluss leisten konnten, ist dank der Discounter und den Dumpingpreisen bei Lebensmitteln die glückliche Mehrheit geworden – mit hohen Kosten für die Gesundheit und das Sozialsystem. Und was das für Landwirte und Lebensmittelproduzenten bedeutet, die kaum noch auf ihre Kosten kommen und dazu der Billig-Import-Konkurrenz ausgesetzt sind, kann man sich gerade bei den BauernProtesten erklären lassen.
Neben der Energie- und der digitalen Wende braucht es eine Ernährungswende. Die Strategie der EU-Kommission „Vom Hof auf den Tisch“ist insofern ein guter Ansatz. Sie ist zentraler Gedanke des europäischen Grünen Deals und zielt darauf ab, Lebensmittelsysteme fairer, gesünder und umweltfreundlicher zu gestalten. Auch wenn die Auflagen derzeit überfordern und die Landwirte mit Recht reformmüde sind – an einer praxistauglichen Umsetzung sollte weiter gearbeitet werden. Auch im Interesse der Gesundheit der Kinder.
Das Elternhaus legt die Grundlage für die körperliche Entwicklung der Kinder.