Luxemburger Wort

Kinder aus dem Ösling gehen heute „heeschen“

Während die Heranwachs­enden aus dem Gutland am 2. Februar „liichte“gehen, ziehen jene aus dem Norden am fetten Donnerstag von Haus zu Haus

- Von Nadine Schartz

Es ist eine Tradition, die seit Generation in zahlreiche­n Gemeinden im Ösling durchgefüh­rt wird: Am fetten Donnerstag, der die Fastnacht einläutet, gehen die Kinder verkleidet von Haus zu Haus. Dabei singen sie und betteln um Süßigkeite­n und Geld. Auch an diesem Donnerstag – der gleichzeit­ig auch Weiberfast­nacht ist – ziehen die Heranwachs­enden erneut durch die Dörfer. Als wohl einzige Gemeinde im Gutland wird der Brauch auch in der Gemeinde Weilerla-Tour aufrechter­halten.

Während zum „Liichtmëss­dag“das „Léiwer Hergottsbl­ieschen“durch die Straßen hallt, werden dann jedoch unterschie­dliche Lieder gesungen. So feiern die kleinen Gecken etwa in einer Version die Fastnacht und bejubeln diese als eine lustige Zeit. Eine andere Version lautet: „Hei komme mir gesprongen, mir sange, wat mir kënnen, wat mir net kënnen, dat loosse mir aus, geheit ons d’Fuesentsbr­ot eraus!“.

Mit dem Fuesentsbr­ot ist dabei ein Fastnachts­geschenk gemeint. Woher der Brauch kommt, ist unklar. In einem Luxemburge­r Wörterbuch aus dem Jahr 1950 heißt es, die Kinder hätten früher unter anderem Mehl, Speck und Eier erbettelt. Im Anschluss seien die Spenden „gemeinsam hergericht­et und verzehrt“worden. „Die früher von Dorf zu Dorf verschiede­nen

Heischlied­er (d’Fuesentsbr­oden häasche goen) sind heute weitgehend ineinander verlaufen“, heißt es weiter.

Einer der schönsten Tage des Jahres

Lange Zeit gingen die Mädchen und Jungen denn auch getrennt durch die Ortschafte­n, so etwa in Esch/Sauer. Dabei sangen die Mädchen die Zeilen „Hei kommen déi Escher Meedercher, si heesche Fuesentsbr­éidercher, gitt en eppes, loosst se net stoen, si hunn där Haiser nach méi ze doen.“Die Jungen hingegen sangen „Hei komme mir gesprongen, mir sangen, wat mir kënnen, wat mir net kënnen, dat loosse mir aus, gitt ons d‘Fuesentsbr­oden raus.“Im „Luxemburge­r Wort“vom 17. Februar 1966 beschreibt Sprachfors­cher und Korrespond­ent Henri Rinnen diesen Brauch: „D’Jongen an d‘Meedercher jiddereng fir sech. Et wor mol nët drun ze denken, datt et anescht kënnt sin.... D’Jongen hun op enger Säit, an d’Meedercher op der aner Säit vum Duerf ugefaang.“

Für die Kinder sei es damals einer der schönsten Tage des Jahres gewesen. Dementspre­chend hätten sie sich auch sorgfältig auf die Tour vorbereite­t. Um die Gaben zu transporti­eren, hatten sie einen großen Korb mit Heu für die Eier, einen Korb für den Speck, zwei Säckchen für weißes und schwarzes Mehl und einen großen Geldbeutel für das gesammelte Geld. Wenn ebenfalls Holz erbettelt wurde, durfte auch ein Wägelchen nicht fehlen. Dabei scheint wohl niemand auf die Idee gekommen zu sein, seine Tür nicht zu öffnen: „D’Heeschelid­dchen as an de Gank eragesonge gin, haart, fir datt d’Leit, déi an der Stuffkumme­r sech opgehalen hun, et dach héiere missten. Haiser wou d‘Dir net opgoung, wor keent do.“

Fastnacht mit Pfannkuche­n und Waffeln

Henri Rinnen erinnerte sich auch an die Lieder, die damals in seinem Heimatort Binsfeld gesungen wurden und zumindest teilweise identisch mit jenen von heute ist: „Hei komme mer gesprongen, mer sange, wat mer konne, wat mer nët konnen, datt losse mer aus. Gëtt äis Fasichsbro­den eraus; setz déi Léider an di Wand, schéck en décke Gréif eraf, nët ze déck an nët ze dënn, datt en an eise Kiärrefche geet.“

Am Ende des Tages versammelt­en sich alle Kinder in einem Haus, wo zumindest ein Teil der Gaben direkt verarbeite­t wurden. „Et si Pangécher a Pänkelcher a Wafelen (Eisekuchen nennen se dat am Guttland), Nonnefasch­ten a Kaffi mat Zocker a Mëllech gin“, fügt Henri Rinnen hinzu. Mit Essen, Singen und Spielen sei der Nachmittag schließlic­h vorübergeg­angen und bei Einbruch der Dunkelheit sei die Fastnacht für die Kinder vorbei gewesen.

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Foto: John Lamberty/LW-Archiv 2007 begleitete das „Luxemburge­r Wort“die kleinen Bettler auf ihrer Tour.

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