Eine griechische Ferieninsel in Untergangsstimmung
Es ist die größte Sehenswürdigkeit des Urlaubsortes Zakynthos: das Schiffswrack in der „Schmugglerbucht“. Jetzt droht es im Meer zu verschwinden
Dieses Bild kennt man auf der ganzen Welt: der Navagio-Strand auf der Insel Zakynthos im Ionischen Meer. Eingerahmt von steilen Felswänden, ist die Bucht mit ihrem feinen, weißen Kies nur vom Meer her zugänglich. 1980 strandete hier in einem Sturm der Küstenfrachter „Panagiotis“. Angeblich war das Schiff mit einer Ladung geschmuggelter Zigaretten auf dem Weg von der Türkei nach Italien. Das rostige Wrack der „Panagiotis“auf dem weißen Traumstrand wurde im Laufe der Jahre so etwas wie das Markenzeichen der Insel und eines der beliebtesten Fotomotive Griechenlands.
Aber 44 Jahre nach der Havarie macht sich jetzt Untergangsstimmung breit auf Zakynthos. Denn die größte Attraktion der Insel ist in Gefahr. Im Januar haben heftige Winterstürme das Wrack in zwei Teile gerissen. Die rostigen Reste versinken immer tiefer im Sand oder werden von der Brandung ins Meer gespült. „Es ist eine Tragödie“, klagt der Inselbürgermeister Giorgos Stasinopoulos. „Das Schiff versinkt vor unseren Augen, es ist der Gnade Gottes ausgeliefert.“Der Bürgermeister appelliert an die Regierung in Athen: „Wenn wir nichts unternehmen, verlieren wir das Wrack!“
Für die Tourismuswirtschaft auf Zakynthos ist es bereits der zweite Schicksalsschlag. Seit zwei Jahren ist der Strand, der früher im Sommer täglich von Tausenden Badegästen besucht wurde, nicht mehr zugänglich. Nachdem in den vergangenen Jahren mehrfach große Felsbrocken von der Steilküste abstürzten und Urlauber verletzt wurden, hat das Tourismusministerium den Strand gesperrt. Die Ausflugsboote dürfen die Bucht zwar weiterhin anlaufen, aber keine Touristen mehr am Strand absetzen. Und nun ist auch noch das Wrack in Gefahr. In ihrer Verzweiflung erwägen die Leute von Zakynthos jetzt sogar absurde Pläne: Es gibt auf der Insel Überlegungen, das alte Wrack durch ein neues zu ersetzen, berichten lokale Medien. Vergangene Woche besuchte eine Delegation von Ingenieuren der Technischen Hochschule Athen die Insel. In Begleitung von Lokalpolitikern ließen sich die Fachleute zum Navagio-Strand schippern. Wegen der heftigen Brandung hatten die Besucher Schwierigkeiten, an Land zu gehen. Was sie dort vorfanden, machte ihnen nicht viel Mut. „Eine sehr traurige Situation“habe man angetroffen, sagte Dionysis Giatras, ein Bootsunternehmer.
Sorge um den Strand
Bürgermeister Stasinopoulos verhandelt jetzt in Athen mit dem Finanz- und dem Tourismusministerium. Er möchte, dass die Regierung die Zuständigkeit für den Strand und das Wrack der Gemeinde Zakynthos überträgt. Dann werde die Kommune alles unternehmen, um das Wrack bis zum kommenden Sommer „wiederherzustellen“. Wie er das bewerkstelligen will, hat der Bürgermeister bisher allerdings nicht verraten.
Fachleute machen den Leuten von Zakynthos wenig Hoffnung: Retten könne man das Wrack nicht, allenfalls den Zerfall verzögern, heißt es. Letztlich seien die Reste der „Panagiotis“dem Untergang geweiht, das Meer werde sich das Schiff allmählich zurückholen. Efthymios Lekkas, Professor für Geologie und Katastrophenmanagement an der Universität Athen, sorgt sich sogar um die Zukunft des Strandes: Das Schiffswrack habe in den vergangenen Jahrzehnten wie eine Art Wellenbrecher gewirkt. Wenn es im Meer versinke, bestehe die Gefahr, dass der Strand weggespült werde.