Lange Disziplinarverfahren gefährden Patienten
Erst Ende 2023 wird Dr. Patrice Mattiuzzi zu einem lebenslangen Berufsverbot verurteilt. Sechs Jahre, nachdem 2017 Beschwerden beim Collège médical ein Disziplinarverfahren in Gang gesetzt hatten. In all dieser Zeit konnte der Zahnarzt aus Bartringen, dem schwere Behandlungsfehler vorgeworfen werden, weiter arbeiten.
Statt die Patienten vor zweifelhaften Ärzten zu schützen, hat die Disziplinarkommission sie Risiken ausgesetzt. Denn die Verfahrensdauer ist unverhältnismäßig lang. Immerhin soll der Zahnarzt aus Gier gesunde Zähne seiner Patienten geschädigt haben, um teure Behandlungen durchführen zu können. Hinzu kommen mehr als unzureichende hygienische Verhältnisse und die Verrechnung nicht erbrachter Leistungen bei der CNS.
Allein das Berufungsverfahren in zweiter Instanz dauerte zweieinhalb Jahre. Dies ist nicht allein die Schuld der Kommission. Dr. Patrice Mattiuzzi hat alle Möglichkeiten genutzt, um ein Urteil zu verzögern. Er verklagte Zeugen, erschien ohne Anwalt oder wechselte den Verteidiger. Etwa ein Dutzend Mal wurden Gerichtstermine neu angesetzt. Bis zuletzt berief der Arzt sich auf die Rechte der Verteidigung, um den Prozess weiter zu verzögern, bis sich die Disziplinarkommission nicht mehr auf der Nase herumtanzen ließ.
Aber auch in erster Instanz dauerte es zu lange, bis ein Urteil gefällt wurde. Dieses erging erst vier Jahre nach der ersten Beschwerde beim Collège médical. Dabei war die Kommission bereits im Sommer 2018 von der Ärztekammer befasst worden.
Auch bei einem anderen Disziplinarverfahren zeigt sich, dass es zu schnell zu Verschleppungen kommt. So ist ein erstinstanzliches Verfahren gegen den umstrittenen Allgemeinmediziner Dr. Benoît Ochs seit fast einem Jahr blockiert. Und das nur, weil Gerichtsinstanzen über einen simplen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter zu entscheiden haben.
Aber nicht nur die Verfahrensdauer ist problematisch. Einige Fälle könnten unter Umständen ganz vermieden werden. So arbeitete Dr. Patrice Mattiuzzi in Luxemburg, obwohl er in Frankreich bereits zwischen 2015 und 2018 mit einem Berufsverbot belegt war. Und der Zahnarzt ist kein Einzelfall. Zum Beispiel arbeitete auch ein inzwischen in Frankreich zu einer Haftstrafe verurteilter Frauenarzt mehrere Jahre hierzulande, obwohl er in Frankreich nicht praktizieren durfte.
Ausländische Berufsverbote hören an der luxemburgischen Grenze auf. Das ist nicht im Interesse der Patienten. Zumindest haben die Behörden den Handlungsbedarf erkannt. Das Collège médical will die Disziplinarverfahren vereinfachen und Berufsverbote aus dem Ausland ebenfalls hierzulande applizieren.
Ein entsprechender Gesetzesentwurf sei in der Ausarbeitung, hieß es rezent in der Antwort auf eine parlamentarische Frage. Bleibt zu hoffen, dass dies weniger Zeit in Anspruch nehmen wird als so manches Verfahren.
Viele Patienten wurden unnötigen Risiken ausgesetzt.