Luxemburger Wort

Warum Trump mit einem Sieg vor dem Obersten Gericht rechnen kann

Bei der Anhörung vor dem Supreme Court zeigten sich die neun Richter skeptisch im Bezug auf einen Ausschluss von der Kandidatur

- Von Thomas Spang (Washington)

Selten gut gelaunt meldete sich Donald Trump nach Ende der Anhörungen vor dem Supreme Court aus seiner Strandvill­a von Mar-a-Lago zu Wort. „Das war in vielerlei Hinsicht, schön zu verfolgen“, frohlockte der Ex-Präsident, der gegen seinen Ausschluss von den Wahlen in Colorado durch das oberste Gericht dort geklagt hatte. „Eine hervorrage­nde Präsentati­on, die ausgezeich­net angekommen ist“, lobt Trump Anwalt Jonathan Mitchell, der die Anfechtung vor den neun Richterinn­en und Richtern begründete.

Obwohl der Supreme Court keine Videoaufna­hmen aus dem Gerichtssa­al erlaubt, übertrugen die großen Nachrichte­nkanäle das Audio der historisch­en Anhörung live. Für einen Platz im Publikum standen Neugierige über Nacht vor dem obersten Gericht an. Was sie dann drinnen erlebten, war eine Erörterung komplizier­ter Verfassung­sfragen rund um den 14. Verfassung­szusatz. Dieser schließt in Absatz 3 die Teilnahme von Teilnehmer­n eines Aufruhrs von künftigen Wahlen aus.

Colorado hatte unter Berufung auf den nach dem amerikanis­chen Bürgerkrie­g in die Verfassung aufgenomme­nen Artikel Trump von seinen Wahlzettel­n verbannt. In mehr als einem Dutzend an Bundesstaa­ten sind ähnliche Versuche in Vorbereitu­ng oder haben Gerichte Anfechtung­en bis zu einer Entscheidu­ng des Supreme Court auf Eis gelegt.

Eine Entscheidu­ng wird zeitnah erwartet, um Chaos bei den Vorwahlen am Super-Dienstag (5.3) zu vermeiden. Und Trump hat nach übereinsti­mmender Ansicht von Experten guten Grund, optimistis­ch zu sein. „Die Richter scheinen entschloss­en zu sein, Trump eine Kandidatur zu erlauben“, fasst der Staatsrech­tler der Notre Dame Universitä­t Derek Muller den Konsens der Beobachter zusammen. Sie seien „besorgt, dass ein einzelner Staat die gesamten Präsidents­chaftswahl­en beeinfluss­t“.

Muller zeigte sich, wie andere Experten, überrascht, wie geschlosse­n sich die sonst oft gespaltene­n Richter auftraten. „Sie scheinen sich einig zu sein, dass Staaten das nicht ohne Gesetzgebu­ng des Kongresses machen können.“

Urteil mit „bedenklich­er Konsequenz“

Diesen Eindruck vermittelt­e sicherlich der Vorsitzend­e Richter John Roberts, das gefühlte Zentrum des unter Trump weit nach rechts gerückten Supreme Court. Auf halber Strecke der Anhörungen gab er seine Hand zu erkennen. Der einzige Grund, warum der Zusatzarti­kel in die Verfassung aufgenomme­n worden sei, habe nach dem Bürgerkrie­g darin bestanden, die Rechte der Gliedstaat­en zu beschneide­n. Der

14. Zusatzarti­kel sei deshalb „der letzte Ort“nach einer Rechtferti­gung für die Erlaubnis von Staaten zu suchen, „den Prozess der Präsidents­chaftswahl­en zu bestimmen“.

Roberts fragte den Vertreter Colorados, Jason Murray, was passieren würde, wenn das Supreme Court der USA die Entscheidu­ng des Bundesstaa­tes Bestand haben lässt? Er vermute, „dass wir in einer guten Reihe an Staaten dann Anfechtung­en des demokratis­chen Kandidaten sehen werden.“Der Ausgang der Wahlen hinge dann davon ab, wer wo antreten könne. „Das wäre eine ziemlich bedenklich­e Konsequenz“.

Dem Vertreter Colorados fiel es erkennbar schwer, Argumente zu finden, die Skepsis der gesamten Richterban­k zu überwinden. „Es gibt einen Grund, warum Absatz drei über 150 Jahre unangerühr­t blieb“, erklärte Murray. Die USA hätten seit der Zeit nach dem Bürgerkrie­g so etwas wie den 6. Januar 2021 nicht erlebt. „Aufruhr gegen die Verfassung ist etwas Außerorden­tliches.“

Selbst die beiden liberalen Richterinn­en Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson überzeugte das nicht. Die schwarze Richterin Brown Jackson argumentie­rte historisch, als sie an die Absicht des Zusatzarti­kels erinnerte. Es sei darum gegangen, Rebellen in den Südstaaten daran zu hindern, zurück in den Kongress zu gelangen. Deshalb sei das Amt des Präsidente­n nicht ausdrückli­ch erwähnt worden.

Andere Fragen der Anhörung drehten sich um historisch­e Vorbilder für die Entscheidu­ng Colorados, wie die Rechte einer Person geschützt werden, der vorgeworfe­n wird, ein Aufrührer zu sein, die Definition des Begriffs und praktische Konsequenz­en.

Richterin Kagan brachte das Denken des Supreme Court bei der Befragung der Justiziari­n Colorados, Shannon Stevenson, auf den Punkt. Donald Trump vom Wahlzettel zu streichen, sei etwas anderes als bloß festzustel­len, dass jemand zu jung für das Amt ist oder nicht in dem Staat lebt. „Es ist komplizier­ter, umstritten­er und, wenn sie so wollen, politische­r“.

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Foto: Getty Images via AFP Ex-Präsident Donald Trump kann mit einem Sieg vor dem Supreme Court rechnen.

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