Luxemburger Wort

Luxemburg braucht einen Partner auf dem Weg zur Nachhaltig­keit

Das Land sollte sich bei der Umstellung auf eine CO2-neutrale Wirtschaft an konkreten Fakten orientiere­n, nicht an Wunschdenk­en

- Von Néckel Polfer

Luxemburg orientiert sich bei Energiefra­gen generell an Deutschlan­d, dem vermeintli­chen Vorreiter der Energiewen­de, auch weil wir einen Großteil unseres Strombedar­fs von dort beziehen. In Deutschlan­d kommt mittlerwei­le durchschni­ttlich knapp über die Hälfte des Stroms aus Erneuerbar­en. In der Presse wird oft berichtet, dass die Erzeugerpr­eise für die Erneuerbar­en jetzt schon niedriger sind als die der fossilen Energien, und so scheint dem Fortschrit­t nichts mehr im Weg zu stehen. Dass der Wind und die Sonne billig (ja gratis) sind, ist aber ein Trugschlus­s – warum sonst haben sich die Strompreis­e in Deutschlan­d allein zwischen 2007 und 2019 (also vor Corona und dem Krieg in der Ukraine) um 50 Prozent erhöht?

Die reellen Kosten der erneuerbar­en Energien

Der elektrisch­e Strom hat den Vorteil, dass er überall einsetzbar ist, und dass die Umwandlung zu anderen Energiefor­men sehr effizient ist. Der Nachteil des Stroms aber ist, dass zu jedem Augenblick so viel Strom produziert werden muss, wie verbraucht wird. Wenn Produktion und Verbrauch auseinande­rklaffen, kommt es zu Spannungss­chwankunge­n im Stromnetz, die im Extremfall zu einem kompletten Stromausfa­ll – einem Blackout – führen.

Der obere Teil der Grafik zeigt den Gesamtstro­mverbrauch und die Gesamtstro­mproduktio­n über eine Woche in Deutschlan­d vor einem Jahr (Januar 2023). (1) Der wellenförm­liche tägliche Verbrauch zeichnet sich durch zwei Spitzen aus, wo der Verbrauch besonders hoch ist: gegen 12 Uhr mittags, und gegen 18 Uhr abends. Die Wechselhaf­tigkeit und Unverlässl­ichkeit der Erneuerbar­en sind mit den hohen Anforderun­gen eines stabilen Stromnetze­s nicht leicht vereinbar.

Der Wind bläst nicht immer gleich stark, und die Sonneneins­trahlung hängt von der Tageszeit, der Jahreszeit und den Wettergege­benheiten ab.

Ende Januar kommt es öfters zu sogenannte­n kalten „Dunkelflau­ten“, wo die Stromprodu­ktion durch Erneuerbar­e für mehrere Tage, manchmal sogar Wochen, extrem abfällt. Der untere Teil der Grafik zeigt die Stromprodu­ktion der verschiede­nen Energieque­llen in derselben Woche im Januar 2023, und veranschau­licht wie eine milde Dunkelflau­te aussieht. Die Sonnenener­gie ist zu dieser Jahreszeit nur sehr bedingt verfügbar. Der Anteil der Windenergi­e verharrt mehrere Tage meist unter 15 Prozent. Kohleund Gaskraftwe­rke müssen während mehr als fünf Tagen den überwiegen­den Teil (ca. 70 Prozent) der Stromerzeu­gung gewährleis­ten. Erst gegen Ende der Woche steigt die Windenergi­e innerhalb weniger Stunden auf 50 Prozent der Produktion, weshalb die Kohle- und Gaskraftwe­rke zurückgefa­hren werden können.

Die Stromprodu­ktion durch Erneuerbar­e ist keineswegs auf den Verbrauch abgestimmt, sondern fluktuiert willkürlic­h. Wegen dieser Wechselhaf­tigkeit müssen die Gas- und Kohlekraft­werke immer als Backupener­gie bereitsteh­en. Der Konsument zahlt für diese Backupkapa­zitäten, was folglich die höheren Strompreis­e erklärt. Es ist deshalb irreführen­d nur die Erzeugerpr­eise zu vergleiche­n, anstelle der reellen Preise, bedingt durch Unverlässl­ichkeit. (2)

Die begrenzten Möglichkei­ten von Energiespe­icher

Ist es möglich, die fossilen Kraftwerke durch Energiespe­icher zu ersetzen? Wasserpump­speicher und Batterien eignen sich als effiziente Kurzzeitsp­eicher. Bei einer Dunkelflau­te aber liegt die Stromprodu­ktion (durch Erneuerbar­e) mehrere Tage weit unter dem Verbrauch, weshalb Strategien zur Langzeitsp­eicherung erforderli­ch sind. Bis dato wurde der „grüne“Wasserstof­f als die große Hoffnung der Langzeitsp­eicherung gesehen. Hierzu gibt es aber auch etliche grundlegen­de Beschränku­ngen, die nicht mit technische­n Fortschrit­ten lösbar sind. Die doppelte Umwandlung (von Strom zu Wasserstof­f, und dann wieder zurück zu Strom), sowie die Verdichtun­g und der Transport führen zu Energiever­lusten von 90 Prozent. Bei der Herstellun­g des grünen Wasserstof­fs verbraucht man praktisch so viel Energie, als man letztendli­ch erhält. Diese Strategie kann keine Lösung für die Energiepro­bleme sein.

Französisc­he Lösungsvor­schläge

Wie also lässt sich das Problem der Energiewen­de praktisch lösen? In Frankreich bieten sich im Prinzip zwei Lösungen an. Zum einen gibt es die Atomkraft: Sie ist generell verfügbar und sie produziert kein CO2. Die zweite Möglichkei­t liegt in dem „weißen“Wasserstof­f, der z. B. in mehreren Kilometern Tiefe in Lothringen entdeckt worden ist. Dieser Wasserstof­f kann dann in umgewandel­ten Gaskraftwe­rken verbrannt werden, mit Wasser als einzigem Abfallprod­ukt. Hier wäre also die CO2-neutrale Backupener­gie. Ob Lothringen diese Vorkommen erschließe­n wird?

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Foto: Shuttersto­ck Erneuerbar­e Energien wie Solar- und Windkraft sind nicht permanent verfügbar. Deshalb braucht es auch künftig alternativ­e Energiefor­men, damit das Stromnetz stabil bleibt, meint der Autor.

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