Was die Narren seit über 150 Jahren mit Diekirch verbindet
Am Sonntag findet die 56. Auflage der Kavalkade statt. Dabei wurde dort der erste Karnevalsumzug schon im Jahr 1870 organisiert. Ein Rückblick
Es ist eine Veranstaltung, der Faschingsbegeisterte aus dem ganzen Land und darüber hinaus anlockt: In Diekirch startet am Sonntag die diesjährige Kavalkadensaison. In der nördlichsten Karnevalshochburg des Landes zieht dabei der nunmehr 56. Umzug dieser Art durch die Straßen. Dabei dürfen wohl auch die Konkurrenten einen prüfenden Blick auf das närrische Treiben werfen. Denn auch, wenn es heute nicht mehr unbedingt laut ausgesprochen wird, will doch jeder mit seiner Kavalkade besonders hervorstechen.
Dieser Konkurrenzkampf hat bereits eine lange Vorgeschichte. „Ja, es gibt sogar eine gewisse Rivalität zwischen den einzelnen Ortschaften, die sich in der Vorführung der Korsos und Kavalkaden offenbart. So haben Remich und Wasserbillig Jahr um Jahr am Bretzelsonntag ihre Mittfastenkavalkade, die jeweils Zehntausende von Neugierigen auf die Beine bringen“, hieß es am 20. Februar 1954 im „Luxemburger Wort“.
Närrische Zeiten in Diekirch, Echternach und Vianden
Im gleichen Artikel geht der Autor auch auf die Ursprünge der Fastnacht im Großherzogtum ein. So sei die närrische Zeit etwa in einzelnen Städten, wie Diekirch, Echternach und Vianden „seit jeher mit großem Schwung“gefeiert worden. Bereits um die Jahrhundertwende hätte es mancherorts schon regelmäßig Maskenzüge gegeben. „Prächtige Aufzüge bewegten sich durch die Straßen der Städte und der dabei verschwendete Konfetti lag an den Rändern manchmal so dicht, dass man die Bordsteine der Bürgersteige nicht mehr sehen konnte“, heißt es weiter.
Doch mit den beiden Weltkriegen drohten diese Feste zu verschwinden. Aber: „Sobald wieder normale Verhältnisse herrschten, lebte der Karneval wieder auf. Es ist ein Fest, das sich das Volk selbst gibt und an dem sich jeweils die ganze Bevölkerung in der einen oder anderen Weise beteiligt“, erklärt der Autor. Und fügt hinzu: „Seit 1945 hat der Karneval in den vorher bekannten Zentren seinen früheren Platz wieder erobert.... Nun will auch Diekirch wieder an die großen karnevalistischen Traditionen der Vergangenheit anschließen und dem Fastnachtstreiben die Bedeutung und das Gepränge von früher wiedergeben.“
Große Erwartungen an die 1954er-Auflage
Um den Umzug in Diekirch zu organisieren, habe sich ein eigener Vorstand mit Vereinsvertretern aus der Stadt sich zusammengesetzt und „sie soweit zu einem glücklichen Ende geführt, dass sie am übernächsten Sonntag, dem 28. Februar, den Gästen aus Stadt und Land etwas bieten werden, das jeden Vergleich mit dem, was hierzulande geboten wird, aushalten wird.“Für diese Auflage hatten sich denn auch 25 bis 30 Gruppen und Wagen aus dem ganzen Land angemeldet. Neben den lokalen Vereinen waren auch die Musikgesellschaften aus Bastendorf, Gilsdorf und Medernach, der Canoe-Club aus Ettelbrück und die Winzerschaft aus Grevenmacher mit von der Partie. Doch auch der Diekircher Esel durfte dabei nicht fehlen.
Zudem war die musikalische Unterhaltung ein wichtiger Bestandteil dieser Veranstaltung: „Ein eigenes ,Dikkrischer FuosischsLidd 1954‘, das alle einladet ,mat der Hickischt‘ nach Diekirch zu kommen, wo ,Wumbo, Farrucko, T’Son-Schengt-Sching, Wu-PeiFu matt dausend Boken‘ die Straßen füllen. Sie tanzen und singen ‚I an och Ia‘, um so das Lokalbesondere zu unterstreichen.“
Zwei Tage vor der Kavalkade erklärte der damalige Vorsitzende des Syndicat d’intiative, Jacques Zenner, im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“, dass diese die Auflage von 1949 bei Weitem übertreffen werde. Weiter wurde unterstrichen, dass „nicht nur die Wagen, sondern auch die Typen zu Fuß das Entzücken der vielen Tausend hervorrufen würden, die sich zweifellos am Sonntag in Diekirch einfinden werden.“
Mit Eifer und einer Portion Humor
Die Ursprünge der Diekircher Kavalkade gehen jedoch bereits auf das Jahr 1870 zurück. Wie es vonseiten des aktuellen Festvorstands heißt, hätte der Umzug am Karnevalsmontag für Aufsehen im ganzen Land gesorgt. Aus dem Nichts, aber mit grenzenlosem Eifer, einer beträchtlichen Portion Humor und guten Ideen sei die Geburt des luxemburgischen Karnevalsbrauchs auf bewundernswerte Weise vollzogen worden. Einziger Minuspunkt: Die Einnahmen fielen geringer als erwartet aus. Dies hatte zur Folge, dass in den darauffolgenden Jahren auf die Kavalkade verzichtet wurde.
Nach einer längeren Pause zogen die närrischen Gruppen dann zwischen 1883 und 1884 erneut durch die Stadt. Letztere stand unter dem Thema „Die Hochzeit des jungen Grafen von Otzenbach aus Stolzemburg mit der Gräfin von Schumpelsberg aus Burscheid“. Bis zum vierten Umzug mussten die Bürger sich wieder mehrere Jahre gedulden, bis die Prozession sich schließlich am 1. März 1897 Jung und Alt begeisterte. Bei der nächsten Auflage anno 1900 wurde das Motto „Die Taufe“gewählt, wobei die Wagen von Ochsen gezogen wurden. In den Jahren 1927 und 1939 wurden die letzten Kavalkaden vor dem Zweiten Weltkrieg organisiert.
Auf Vorschlag von Syndikatspräsident Jacques Zenner wurde die Diekircher Kavalkade schließlich 1946 unter dem Motto „Gëllen Hochzäit zu Juxda“wieder ins Leben gerufen. Doch auch zu dieser Zeit war das Geld knapp. Um die Umzüge von 1947 und 1949 zu finanzieren und die Ausgaben für die Vereine zu hoch waren, sammelten die Organisatoren Geld bei den Einwohnern. Danach sollte es erneut bis 1954 bis zur nächsten Auflage dauern – dies war denn auch jene, die, wie oben beschrieben, die vorige Jahre übertreffen sollte.