Verflixt und zugeklemmt
Einer der unübertroffenen Vorteile, wenn man ein Mann ist, besteht darin, dass man sich die Hosentaschen mit jeder Menge Zeug vollstopfen darf. Während Frauen erst einmal eine Handtasche suchen und darin Geldbörse, Handy, Schlüssel und eine große Menge an Krimskrams mitführen müssen, begnügt sich der Durchschnittsmann damit, die überlebenswichtigen Utensilien in Sekundenschnelle in die Gesäßtasche zu schieben. Beim Schlittschuhlaufen stecke ich das Portemonnaie allerdings immer vorn in die Jackentasche, denn dabei kann man schnell mal auf den Allerwertesten fallen. Als ich neulich mit meinem Sohn im Eisstadion war,
Es gibt doch noch gute Menschen auf dieser Welt!
ging alles glatt. Niemand fiel hin, wir zogen zusammen mit 200 anderen Besuchern unsere Runden und alle waren glücklich. Nach einer Stunde wollten wir etwas trinken und gingen zur Snackbar. Dort durfte sich der Junge eine Cola aussuchen. Ich bestellte einen Kaffee. Als der Verkäufer die zwei Getränke auf die Theke stellte, wollte ich in meine Jackentasche greifen. Ich konnte zwar die Umrisse des Portemonnaies genau fühlen, doch der Reißverschluss klemmte und ließ sich keinen Millimeter bewegen. Der Snackbarbesitzer kam mir zu Hilfe und zog mit seiner ganzen Kraft am Verschluss, doch keine Chance. Das Portemonnaie blieb gefangen. Enttäuscht darüber, dass ich meinem Sohn nicht einmal eine Cola ausgeben konnte, wollte ich Kaffee und Cola zurückgehen lassen. Doch der Barbesitzer zeigte Mitleid und gab uns die beiden Getränke ganz ohne Bezahlung. Es gibt doch noch gute Menschen auf dieser Welt! P. S.: Selbst zu Hause habe ich den Reißverschluss nicht aufbekommen. Mit einer Nagelschere musste ich die Naht auftrennen und konnte das Portemonnaie schließlich befreien. Volker
„Dem Leben eine lange Nase drehen“
Doch nach diesem Faschingszug kam das, worin die Diekircher bereits reichlich Erfahrung hatten: eine sehr lange Pause. Erst am 25. Februar 1979 gelang dem neu gegründeten Organisationsvorstand „D’Eselen aus der Sauerstad Dikkrich“die nächste Auflage auf die Beine zu stellen. Ob diese an den Erfolg der Vorgänger anknüpfen könnte, war vorher wohl unklar. „Ein wenig Melancholie schleicht ein bei mir und auch ein Quentchen Zweifel: Werden wir es fertigbringen, mit der 1979er-Kavalkade, der Dikkricher Fuosicht widerum eine närrisch-feine Spritze zu geben?“, stand etwa am 21. Februar 1979 im „Luxemburger Wort“. Wenige Zeilen später war der Autor hoffnungsvoller, dass dies gelingen könnte: „Jedenfalls leuchtet viel Optimismus in den schwarz blitzenden Augen des Esels, der gar nicht grau wirkt, sich mit einer roten Zunge von einem blauen Hintergrund abhebt, listig lächelt und sich zu freuen scheint über die kommenden Diekircher Eseleien“. Gemeint war damit das Werbeplakat von Rosch Hein.
Gleichzeitig gab es jedoch auch eine Art Gebrauchsanweisung, wie die Narren sich verhalten sollten „Der Freudefunken muss sprühen von ihnen auf die Zuschauer; diese sollen nicht blasiert schauen, über diesen oder jenen Fastnachtsnarr spöttisch lächeln; sie müssen mitmachen, vom ultraseriösen Hochsitz herabklettern, versuchen, die ,Maske‘ fallenzulassen, die sie täglich tragen, Menschen zu sein, unter Menschen, mit Menschen, Ferien vom ,offiziellen‘ Ich zu nehmen, dem Leben eine lange Nase zu drehen.“
Dass nicht alle Zuschauer diesen Rat befolgt hatten, war am Tag nach der Kavalkade ebenfalls im „Luxemburger Wort“nachzulesen – unter ihnen sei die Stimmung nicht die allerbeste gewesen, hieß es dort. Die Tatsache, dass aber etwa 10.000 Personen zur ersten Auflage nach 25 Jahren nach Diekirch gekommen waren, zeugte vom großen Interesse an dieser Veranstaltung. Bei strahlendem Sonnenschein war der „farbenprächtige, mit viel Geschmack zusammengestellte Zug“durch die Straßen gezogen. Dabei seien Eseleien das Thema gewesen und diese habe es denn auch in rauen Mengen gegeben. Zwar unterstrich der Autor, dass es sich „um einen ersten Versuch und einen vollauf gelungenen Versuch“gehandelt habe, machte jedoch gleichzeitig auf „kleine Schönheitsfehler“aufmerksam. So sei nicht genügend Musik gespielt sowie die Politik nicht erwähnt worden und das „von Freund Norbert Daman geschaffene Lied nicht von allen Lippen erscholl“.
Abschließend unterstrich der Autor, dass dies für die Organisatoren eine Ermutigung sei, im darauffolgenden Jahr mit einer verbesserten Auflage aufzuwarten. Und in der Tat ist der Erfolg der Kavalkade Jahr um Jahr gestiegen, sodass dieses Ereignis bis über die Landesgrenzen hinaus zum festen Termin für Karnevalsbegeisterte geworden ist. Folglich findet der Umzug denn auch seitdem jedes Jahr statt, mit Ausnahme während des Golfkrieges 1991 und während der Coronapandemie 2021.