Luxemburger Wort

„Wenn ich Freunde treffen will, klopfe ich an die Nachbartür“

Knapp 50 Schüler wohnen im traditions­reichen Echternach­er Internat. An den klar geregelten Alltag haben sie sich gewöhnt

- Von Volker Bingenheim­er Von Tischtenni­s bis Kochen

Jeden Morgen geht die Gruppe von Schülern gemeinsam zum Frühstück, vorbei an langen Säulengäng­en, mit Blick auf den sorgsam gepflegten Klostergar­ten. Croissants und Müsli essen sie dann unter einem reich mit Stuck verzierten Gewölbe. Obwohl in der Echternach­er Abtei schon seit der Französisc­hen Revolution keine Mönche mehr wohnen, wirkt das Leben der knapp 50 Schüler des Echternach­er Internats noch immer ein wenig klösterlic­h. Nicht nur, weil der Tagesablau­f genau getaktet ist und die hohe Eingangstü­r um genau 19.45 Uhr verschloss­en wird.

Die Internatss­chüler von der 7e bis zur Première haben sich an die Regeln gewöhnt. Manche finden es sogar durchaus praktisch, direkt neben den Unterricht­sräumen zu wohnen, denn die Benediktin­erabtei von 1727 wird zur Hälfte vom Lycée classique d‘Echternach mitgenutzt. Die „Institutio­n Saint Willibrord“, so der offizielle Name, feiert im April ihr 125-jähriges Bestehen, obwohl die Tradition noch weiter in die Vergangenh­eit reicht. Doch gerade in den vergangene­n Jahrzehnte­n hat sich viel verändert: Während noch bis Ende der 1960er-Jahre die bis zu 160 Schüler in riesigen Schlafsäle­n mit Doppelstoc­kbetten untergebra­cht waren, haben sie heute komfortabl­e Einzelzimm­er.

Geblieben ist der genau geregelte Tagesablau­f. Um 6.40 Uhr kommen die Erzieher auf die Zimmer und wecken die Jugendlich­en, zuerst die Schüler des Lënster Lycée, dann die des Echternach­er Lyzeums, zu denen drei Viertel der Internatss­chüler gehören. Pech hat ein einziger Schüler, der das Maacher Lycée besucht. Wegen der längeren Busfahrt muss er schon um 5.45 Uhr aufstehen. Wenn die Jugendlich­en nach Unterricht­sschluss wieder im Internat angekommen sind, beginnen um 15 Uhr die Aktivitäte­n, die für die unteren Jahrgangss­tufen verpflicht­end sind.

„Wir bieten eine große Bandbreite an, von Tischtenni­s über Fußball, Billard, Fitness und Laufen bis zu Kochkursen, Kunst und einem Pflanzenat­elier“, erklärt Internatsd­irektor Marc Diederich. Er freut sich besonders, dass vor Kurzem der amerikanis­che Jazzpianis­t und pensionier­te Musikschul­lehrer George Letellier eine Musik-Arbeitsgru­ppe übernommen hat.

Am späteren Nachmittag sind anderthalb Stunden festgelegt, in denen die Schüler ihre Hausaufgab­en machen und den Lernstoff vertiefen. Die Erzieher helfen auf Wunsch dabei. Davor und danach haben die Kinder Freizeit und können sich in der Stadt oder der Natur aufhalten – das Gemeindege­biet von Echternach dürfen sie hingegen nicht verlassen. Die Wochenende­n verbringen die Schüler dann bei ihren Eltern.

Eine Dreivierte­lstunde nach dem gemeinsame­n Abendessen schließen sich dann die Eingangstü­ren über der steilen Treppe. Nur die älteren Schüler dürfen zwei Mal pro Woche Ausgang bis 21.45 Uhr beantragen.

„Die feste Struktur hilft“

Zu ihnen gehört Gaëtan, der gerade im Kunstateli­er sitzt und dort mit einer computeran­imierten Zeichnung experiment­iert. Er ist 20 Jahre alt und wird im Sommer das PremièreEx­amen machen. Der genau geregelte Tagesablau­f im Internat stört ihn nicht. „Ich finde, die feste Struktur hilft auch uns Schülern“, sagt er. So sei es zum Beispiel nicht drin, dass man sich überhaupt nicht um die Hausaufgab­en kümmere. Auch dass um 19.45 Uhr alle wieder im Internat sein müssen, ist für ihn normal. „Für mich ist das keine große Einschränk­ung. Ich muss aber auch sagen, dass bei uns Schülern der 1e-Stufe viel Autonomie vorausgese­tzt wird.“

Auch Alex, der 16 Jahre alt ist und in die 5e geht, findet es gut, dass es im Internat klare Regeln für den Alltag gibt. „Bei den Hausaufgab­en ist immer jemand da, der mit etwas erklären kann“, meint er. Die Erzieher würden auch bei jedem einzelnen Schüler anhand des

Die Schüler leben in einer Struktur, die wir Erwachsene­n vorgeben. Aber es ist genau das, was die Eltern wollen. Marc Diederich, Direktor des Echternach­er Internats

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Fotos: Gerry Huberty Im Innenhof sitzen im Sommer viele Schüler des Echternach­er Lyzeums.

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