Luxemburger Wort

Mit modernen Technologi­en Leben retten

Alle zwei Minuten klingelt in der Notrufzent­rale das Telefon. Die Rettungskr­äfte setzen seit Kurzem auch auf eine Echtzeit-Ortung des Anrufers

- Von André Feller

Es sind drei Ziffern, die im Notfall Leben retten: 112, die europaweit­e Notrufnumm­er. Doch was passiert eigentlich, wenn man den Notruf wählt? Pünktlich zum Europäisch­en Tages des Notrufs am 11. Februar unterhielt sich das Luxemburge­r Wort mit zwei Menschen, die es wissen müssen: Christophe­r Schuh, Bereichsle­iter für die Einsatzlen­kung des CGDIS und dem Pressespre­cher Cédric Gantzer.

Um einen Einsatz einzuleite­n, müssen die Leitstelle­ndisponent­en zwei elementare Informatio­nen haben: Was ist passiert und vor allem wo. Daraus ergibt sich zum einen, welche Mittel benötigt werden, und zum anderen, welche Einsatzkrä­fte sich am nächsten zum Einsatzort befinden und entsandt werden. „Im Idealfall erfolgt die Alarmierun­g innerhalb der ersten 60 Sekunden“, sagt Cédric Gantzer. Diese Entscheidu­ngen werden bereits im Hintergrun­d getroffen, während der Anrufer noch in der Leitung ist, um weitere Informatio­nen zur Notlage zu geben.

Hilfe auf Knopfdruck: So funktionie­rt die AML-Technologi­e im Smartphone

„Optimalerw­eise teilt der Anrufer sofort mit, worum es sich bei dem Notfall handelt und wo er sich ereignet hat“, sagt Christophe­r Schuh. In manchen Fällen kann der Anrufer seinen Standort nicht mitteilen, etwa weil er sich nicht auskennt oder verständli­cherweise aufgeregt ist und in Panik gerät. In solchen Momenten hilft dem CGDIS die sogenannte Advanced Mobile Location Technology (AML). Die EchtzeitOr­tung ist mittlerwei­le Standard in fast jedem Smartphone.

Der Dienst läuft automatisc­h, kostenlos und unauffälli­g im Hintergrun­d des Mobiltelef­ons. Der Nutzer muss weder eine spezielle App installier­en, noch Einstellun­gen am Smartphone vornehmen. Immer dann, wenn ein Anrufer den Notruf wählt, unabhängig davon, ob er sich im In- oder Ausland befindet, aktiviert das Smartphone alle Ortungsdie­nste des Geräts. Dadurch wird eine möglichst genaue Position an die Notrufzent­rale übermittel­t. Seit Kurzem ist das System in Luxemburg flächendec­kend verfügbar, ergänzt Christophe­r Schuh.

Die Technik des Ortungsdie­nstes wird von der Notrufzent­rale nur dann eingesetzt, wenn es die Situation erfordert. Wenn ein Notruf aus dem Mobilfunkn­etz eingeht, erkennt die 112 anhand der sogenannte­n Basisstati­on, also des Mobilfunkm­astes, den ungefähren Standort des Hilfesuche­nden. Diese Technik funktionie­re mit jedem Handy, auch mit einem Seniorenha­ndy oder einem alten Nokia 3210. Mit einem Telefon aus Urzeiten sei die Ortung jedoch nicht ganz so präzise, fügt Schuh hinzu.

Die Notrufzent­rale im Jahr 2023

- Anzahl 112 Notrufe: 276.353 (757/Tag; 32/Stunde / alle 2 Minuten)

- Durchschni­ttliche Wartezeit: 7 Sekunden - Anzahl empfangene­r eCall Notrufe: 1974 (5.5/Tag)

- Anzahl aller getätigten Telefonver­bindungen: 582.376 (1596/Tag; 67/Stunde)

- Anzahl ausgelöste­r Einsätze: circa 70.000 (die genauen Zahlen liegen noch nicht vor)

Jede Informatio­n zählt beim Notruf

Anhand dieser ersten groben Lokalisier­ung führen die Disponente­n der 112 eine Plausibili­tätsprüfun­g durch. Das bedeutet, die mögliche geografisc­he Position des Anrufers muss mit der Region des Einsatzort­es übereinsti­mmen. Ist dies nicht der Fall, beispielsw­eise wenn sich der Anrufer in Wiltz befindet und einen Notruf in Esch/Alzette meldet, fragen die Disponente­n gezielt nach. In Einzelfäll­en stellt sich dann heraus, dass sich der Anrufer tatsächlic­h an einem anderen Ort befindet, jedoch Hilfe für ein Familienmi­tglied anfordert, das zu Hause dringend medizinisc­he Hilfe benötigt. Eine Ortung des Anrufers mittels AMLDiensts ist in diesem Fall nicht sinnvoll.

Wenn ein Notruf aus einem abgelegene­n Wald, auf einer Landstraße oder Autobahn eingeht, ist die AML-Technologi­e wiederum sehr hilfreich. Vorausgese­tzt, die Person ruft mit einem Smartphone an. Benutzt der Anrufer hingegen ein altes Handy, läuft die Ortung wie bisher ab. Der Hilfesuche­nde wird aufgeforde­rt, falls er keine genauen Ortsangabe­n machen kann, seine Umgebung zu beschreibe­n oder im Wald beispielsw­eise die Kennung eines Rettungspu­nktes durchzugeb­en. Jede Informatio­n, sei es ein Straßennam­e, ein Kirchturm, ein Kilometers­tein an Verkehrswe­gen oder ein Gebäude in der Nähe, hilft bei der Ortung.

Wenn das Auto den Notruf absetzt

Eine wichtige Rolle bei der Lokalisier­ung eines Einsatzort­es spielt auch der Fahrzeugno­trufdienst „eCall“in Personenkr­aftwagen. Bei einem schweren Unfall alarmiert das betroffene Fahrzeug selbststän­dig die Rettungskr­äfte. Bei Bedarf können die Fahrzeugin­sassen den eCall manuell auslösen. In beiden Fällen übermittel­t das Fahrzeug seine genaue Position an die Notrufzent­rale 112. In Luxemburg vergehe mittlerwei­le kein Tag ohne eCall-Meldungen, so Schuh. Vor allem nachts auf wenig befahrenen Straßen können Unfallopfe­r so viel schneller als bisher versorgt werden.

Die AML-Technologi­e ist datenschut­zkonform. Nur wenn der Notruf 112 gewählt wird, wird der genaue Standort direkt an die Notrufzent­rale gesendet. Diese Daten werden maximal 24 Stunden lang gespeicher­t, in der Regel aber nach Beendigung des Einsatzes gelöscht, erklärt Cédric Gantzer. Die Daten werden nur zur Lokalisier­ung im Notfall verwendet.

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Foto: Anouk Antony Christophe­r Schuh und Cédric Gantzer (r.) in der Notrufzent­rale in Gasperich.
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Foto: André Feller Am 11. Februar findet in der EU der Tag des Notrufs 112 statt.

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