Luxemburger Wort

„Ich glaube, ich würde das Schwimmen nicht vermissen“

Vor dem Beginn eines neuen Lebensabsc­hnitts steht Max Mannes bei der WM in Doha ein letzter Höhepunkt bevor. Fast hätte der Verband seinen Start verhindert

- Von Jan Morawski

Als sich Max Mannes am Donnerstag in den Flieger setzte, spürte er endlich die erhoffte Vorfreude. Der 26 Jahre alte Schwimmer flog in die katarische Hauptstadt Doha, um dort seine voraussich­tlich letzte Weltmeiste­rschaft zu bestreiten. „Das wird eine komische WM sein“, verrät er. „Aber ich freue mich sehr darauf.“Was selbstvers­tändlich klingt, war für Mannes in den Wochen zuvor keine einfache Angelegenh­eit. Denn seinen Startplatz musste sich der COSL-Elitesport­ler fast schon erstreiten.

Denn obwohl Mannes die vom nationalen Verband geforderte Qualifikat­ionsnorm über 200 m Freistil fristgerec­ht unterbot (1‘50‘‘15 im Juni in Italien), zweifelten die Verantwort­lichen der FLNS an der WM-Tauglichke­it des Schwimmers. Der Grund: Nach dem Wettkampf legte Mannes eine längere Pause ein, die er schließlic­h – ohne Rücksprach­e mit dem Verband – um zwei Wochen verlängert­e. „Darüber waren sie sauer“, verrät Mannes, räumt aber auch ein: „Ich hätte es besser kommunizie­ren können.“

Als „übertriebe­ne Reaktion“bewertet Mannes die Forderunge­n von Präsident Marco Stacchiott­i und seinen Kollegen dennoch. Mannes sollte die Quali-Zeit nochmals bestätigen, um nachzuweis­en, dass er genug trainiert und demnach die WM-Vorbereitu­ng nicht vernachläs­sigt habe. „Das fand ich nicht in Ordnung“, erklärt der 26-Jährige. Man einigte sich darauf, die Entscheidu­ng über die Teilnahme von Mannes‘ Leistung beim Euro Meet abhängig zu machen.

Dort erreichte er im B-Finale über 200 m Freistil, die er auch in Doha schwimmen wird, in 1‘53‘‘51 Rang fünf. Es war eine ordentlich­e Zeit, keine überragend­e. Die FLNS ließ Mannes warten – und gab ihm schließlic­h vor einer Woche grünes Licht. Sauer stieß Mannes auch auf, dass in Luxemburg Gerüchte über einen Rausschmis­s des Sportlers aus seinem Schweizer Club kursierten. „Das war einfach Schwachsin­n“, stellt er klar. Nun bleibt für Mannes – trotz der Nominierun­g am Ende – ein fader Beigeschma­ck: „Ich finde es schade, dass das so kurz vor meinem letzten Wettkampf so gelaufen ist.“

Dass Mannes künftig keine großen Wettkämpfe mehr bestreiten wird, steht seit längerer Zeit fest. Denn bereits während seiner Profizeit in der Schweiz, wo er zwischen 2021 und 2023 lebte und trainierte, dachte er über seine Karriere nach. „Die letzte Saison war schon schwierig“, erzählt Mannes. „Ich wusste nicht, ob ich die überhaupt fertig mache.“Er suchte in der Schweiz nach einem Job, um seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Als er nichts fand, kehrte er im Dezember nach Luxemburg zurück.

Mittlerwei­le arbeitet Mannes im Großherzog­tum bei Porsche und ist dort für die Ersatzwage­n zuständig. „Ich habe ein tolles Team“, schwärmt er. „Meine Kollegen unterstütz­en mich bei allem, auch meine Reise zur WM war kein Problem.“Im Gegenteil. In den sozialen Medien zeigte sich der neue Arbeitgebe­r sogar stolz: „Stürze dich in die Wellen des Erfolgs“, war dort unter anderem voller Pathos zu lesen.

Abseits des WM-Ausflugs ist das neue Leben für Max Mannes allerdings gewöhnungs­bedürftig. „Es ist ein komplett neuer Alltag“, erzählt er. Wenn der 26-Jährige um 6 Uhr aufsteht, nach der Arbeit zum Training fährt und erst nach 20 Uhr wieder zu Hause ist, dann bleibt vom Tag nicht mehr viel übrig. „Vor allem die erste Woche war wirklich schwierig“, gibt er zu.

Stolz auf die Karriere

Aus diesem Grund wird Mannes nach der Weltmeiste­rschaft den Sport zurückfahr­en. „Mit der Arbeit habe ich kein Problem“, erklärt er. „Aber manchmal wäre es cool, um 17 Uhr nicht in die Schwimmhal­le, sondern heimzufahr­en.“Sein Ziel sei, mittelfris­tig dreimal in der Woche im Wasser zu sein. „Letztes Jahr bin ich mit meiner Freundin herumgerei­st, und es hat sich so gut angefühlt. Ich habe gemerkt, wie schön das Leben auch ohne Schwimmen ist.“

In Doha, wo er gemeinsam mit Julien Henx und Rémi Fabiani antritt, will Mannes dennoch eine ansprechen­de Leistung zeigen. „Ich glaube nicht, dass ich Bestzeit schwimmen kann. Das ist unrealisti­sch“, sagt er. „Wenn ich schneller schwimme als beim Euro Meet, bin ich glücklich.“Seine Serien über 200 m Freistil beginnen am Montag um 7.30 Uhr Luxemburge­r Zeit.

Nach dem Highlight in Katar wird es in der Karriere von Mannes keinen harten Cut geben. „Ich werde nicht das Handtuch werfen“, kündigt er an. „Ich bin gespannt, wie ich mich fühlen werde, wenn ich weniger trainiere. Aber ich gehe davon aus, dass ich auch in Zukunft noch den einen oder anderen Wettkampf mache.“

Rückblicke­nd ist Max Mannes stolz auf das, was er im Wasser für sein Land geleistet hat. Zwischen 2019 und 2022 sprang er bei mehreren Welt- und Europameis­terschafte­n ins Becken. Unter anderem reichte es vor zwei Jahren bei der Kurzbahn-EM in Russland zu Rang 15. „Ich habe vieles erreicht, wovon andere Schwimmer im Land träumen“, sagt er. Angst vor einer Abhängigke­it zu dem Sport, um den sich seit 20 Jahren sein ganzes Leben dreht, hat er nicht. Sogar dann nicht, wenn er ganz damit aufhören müsste: „Ich glaube, ich würde das Schwimmen nicht vermissen.“

Ich habe gemerkt, wie schön das Leben auch ohne Schwimmen ist. Max Mannes

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Fotos: Stéphane Guillaume Max Mannes will sein Trainingsp­ensum deutlich reduzieren.

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