Was „so lange wie nötig“in der Konsequenz bedeutet
Ob in Luxemburg, Berlin, Paris, Brüssel oder Kiew. In Europas Hauptstädten blickt man mit zunehmender Sorge und Skepsis über den großen Teich – und das zurecht! Denn die derzeit von Trump-treuen Republikanern im USKongress blockierte Militärhilfe für die Ukraine könnte nur ein Vorgeschmack sein, auf das, was noch bevorsteht. Denn trotz seiner zahlreichen Gerichtsverfahren besteht die reale Möglichkeit, dass Donald Trump im November erneut zum US-Präsidenten gewählt wird. Umso mehr
Joe Biden derzeit eine unglückliche Figur abgibt. Deshalb muss Europa sich auf dieses Szenario und dessen Auswirkungen auf den Ukraine-Krieg vorbereiten. Sprich: Es braucht einen „Plan B“, sollten die USA als Unterstützer der Ukraine auf kurz oder lang wegfallen.
Denn bereits jetzt ist Trump mit seinen Worten zum regelrechten Sicherheitsrisiko für seine Verbündeten in Europa geworden, und das ohne derzeit ein politisches Amt zu bekleiden. So verkündete der „America First“-Prediger unter dem Jubel seiner Anhänger erst am Wochenende unverhohlen, er werde den Kreml auffordern, mit säumigen NATO-Mitgliedern zu tun, was auch immer er wolle. Mit solchen Aussagen nimmt Trump eine Ausweitung des Krieges billigend in Kauf. Der Kremlherrscher wird dies genüsslich zur Kenntnis genommen haben. Putin zeigt derzeit auch keine Anzeichen für einen Rückzug in der Ukraine oder für Friedensverhandlungen, weil er offensichtlich auf ein besseres Angebot hofft, wenn Trump erstmal im Amt ist.
Immerhin: Nach einiger Verzögerung durch die Blockadehaltung Viktor Orbáns hatten sich die Staats- und Regierungschefs beim vergangenen EU-Gipfel in Brüssel auf weitere Finanzhilfen geeinigt. Die 50 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen und Krediten sollen der Ukraine durch den Zeitraum von 2024 bis 2027 helfen. Doch sollte man sich keinen Illusionen hingeben: Sollten die USA als Unterstützer ganz wegfallen, müssten die Europäer die militärische Unterstützung der Ukraine weitgehend alleine stemmen und in der Konsequenz mehr als verdoppeln. Denn die EU hat zwar in den vergangenen Jahren bei der militärischen Hilfe aufgeholt, kann aber immer noch nicht Vergleichbares leisten wie die USA bisher. Und das betrifft nicht nur die Rüstungskapazitäten, sondern auch die notwendige Logistik.
Dem können die Europäer nur eines entgegensetzen, um ihrem Versprechen des „so lange wie nötig“an die Ukraine gerecht zu werden: Endlich dem Ernst der Lage entsprechend in ihre militärische Sicherheit investieren. Denn auf die Rückendeckung der USA können die EU, die NATO und die Ukraine sich nicht mehr bedingungslos verlassen. Es ist an der Zeit, die Verantwortung für die Sicherheitsarchitektur Europas in die eigenen Hände zu nehmen. Das wird viel kosten. Aber der dafür notwendige finanzielle Kraftakt ist nur ein kleiner Preis im Vergleich zum Blutzoll, den die ukrainischen Soldaten bereits seit Jahren entrichten müssen.
Es ist an der Zeit, die Verantwortung für die Sicherheitsarchitektur Europas in die eigenen Hände zu nehmen.