Die Debatte über die Zukunft der Pensionen läuft
Im Rahmen der Sozialwahlen beziehen die großen Gewerkschaften Stellung. Auch die Linken melden sich zu Wort
Die Debatte über das Rentensystem ist eröffnet. Die Regierung hält sich mit einer Position noch bedeckt, Sozialministerin Martine Deprez (CSV) betonte bislang, dass man die Hände nicht in den Schoß legen dürfe.
Bekannt ist, dass die kleinen Renten eher gestärkt werden sollen und die Regierung sich bei den hohen Pensionen eine Deckelung der gesetzlichen Rente vorstellen könne – sie sollen eher durch eine steuerbegünstigte, private Zusatzpension beziehungsweise durch eine Betriebsrente gestärkt werden können. Das sieht auch das Regierungsprogramm vor.
Premierminister Luc Frieden (CSV) stellte die Diskussion zudem kürzlich in den Zusammenhang mit der Wachstumsfrage und möchte ab 2025 unter Beteiligung der Vertreter jüngerer Generationen breit darüber debattieren. Denn nicht zuletzt beruht das derzeitige (Schneeball)System darauf, dass ein dreiprozentiges Wirtschaftswachstum und immer mehr Beitragszahler für seinen Erhalt benötigt werden.
Eigenvorsorge und Betriebsrente im Kreuzfeuer der Kritik
Das hindert die Gewerkschaften allerdings nicht daran, Stellung zu beziehen. Immerhin sind Anfang März Sozialwahlen und da trifft die Rentenfrage einen Nerv. Mit dem Titel „Nein zur Privatisierung der Pensionsversicherung“wandte sich der LCGB am 17. Januar an die Öffentlichkeit. Am Abend zuvor hatte sich die Kommission der LCGB-Rentner getroffen und ihre Vorstellungen zur Absicherung des Systems in einer Resolution festgelegt.
Darin wird der LCGB aufgefordert, sich gegen jeden Versuch zu wehren, das Umlageverfahren, das auf der intergenerationellen Solidarität beruht, durch ein Kapitaldeckungsverfahren zu ersetzen. Was bislang durch das Regierungsprogramm und durch Aussagen in Medien bekannt sei, würde jedenfalls weder die Kaufkraft der aktuellen Rentner stärken, noch die Situation künftiger verbessern, so der Tenor.
Angesichts der Reserven von 23,5 Milliarden Euro, die ausreichten, um 4,29 Jahre lang die geschuldeten Renten auszuzahlen, seien Verschlechterungen mit Verweis auf Projektionen bis ins Jahr 2070 nicht hinnehmbar. Zumal diese Berechnungen auf einer Verlangsamung bis hin zur Stagnation der Bevölkerungsentwicklung basierten. Dieser finanzielle Handlungsspielraum reiche aus, um in Ruhe die Entwicklung zu überwachen und in Dreiergesprächen Maßnahmen zur Absicherung zu diskutieren und mit den Sozialpartnern neue Finanzquellen aufzutun.
Die LCGB-Rentnerkommission fordert, dass die Höhe der Mindestrente über die Armutsgrenze angehoben wird. Die Anpassung an die Gehälterentwicklung (Ajustement) und die Jahresendzulage sollen integral erhalten bleiben. Die bei der Rentenreform 2012 eingeführte gesetzliche Bestimmung, laut der sie abgeschafft werden sollen, wenn die Zahlungen die Einnahmen übersteigen, gehöre derweil gestrichen. Nicht gerüttelt werden dürfe am gesetzlichen Renteneintrittsalter von 65 Jahren und dem vorgezogenen Ruhestand, wenn mindestens 480 Monatsbeiträge einbezahlt wurden.
OGBL will vor allem auf der Einnahmenseite handeln
Auch der OGBL fordert, dass die Mindestrente über das Niveau des Armutsrisikos angehoben wird, dass etwas gegen die steigende Altersarmut getan wird und die Ungerechtigkeiten der Reform von 2012 wieder aus der Welt geschaffen werden. Anstatt Ajustement und Jahresendzulage zu streichen, könnten die Beiträge „ein bisschen erhöht werden“. Und sollte es 2027 ein Problem geben, könnte ein Teil der Reserven genutzt werden, um über die Runden zu kommen, ohne Leistungsverschlechterungen einzuführen.
Das erklärte am Freitag der Vize-Präsident der Arbeitnehmerkammer Jean-Claude Reding, der zur Zeit OGBL-Präsident war, als Sozialminister Mars Di Bartolomeo (LSAP) die Rentenreform durchzog. Er referierte am Pensioniertentag des OGBL zum Thema „Welche Zukunft für unser Rentensystem?“.
Solange kein Gesetz zur „gestion de l’âge“in den Betrieben besteht, kein Recht auf Teilzeitarbeit und Teilpension eingeführt wurde und solange Leute über 50, die ihre Arbeit verlieren, in der Langzeitarbeitslosigkeit landen, hält Reding es für unverantwortlich, über eine Erhöhung des Renteneintrittsalters zu sprechen. „Sicher, man muss sich Gedanken über die finanzielle Absicherung des Pensionssystems machen“, sagte Reding. Man müsse sich aber zunächst einig sein über die Leistungen, die man den Pensionierten geben will und „wieviel unseres gesellschaftlichen Vermögens wir für die Altersversorgung ausgeben wollen“.
Reding bringt stärker steuerfinanziertes System in die Diskussion ein
Reding erinnerte hier daran, dass das System durch den staatlichen Anteil bereits zu einem Drittel auch über Steuern finanziert wird und deutete an, dass es wohl auch mehr sein könnte. Er sehe zudem nicht ein, warum „die wirklich Reichen hier im Land nicht mehr Steuern auf ihr Arbeitseinkommen, Kapital, Wohnungen und Vermögen bezahlen können“, um die Kosten durch die Alterung der Gesellschaft mitzufinanzieren. Auch sie hätten ein Interesse daran, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt funktioniert.
Vorstellen könne er sich Beitragserhöhungen – auch differenzierte, indem die Leute, die mehr als den fünffachen Mindestlohn verdienen und eine Maximalpension beziehen, einen Solidarbeitrag aus ihrem Einkommen leisten. Man berechne derzeit diese Finanzierungsmöglichkeiten – es gebe jedenfalls neben weniger Leistungen und späterem Renteneintritt viele Stellschrauben, an denen man drehen könne.
Zu Wort gemeldet haben sich bislang auch Déi Lénk. Sie können sich eine höhere Besteuerung von Kapitalerträgen vorstellen und Beiträge, die nicht gedeckelt sind auf dem fünffachen Mindestlohn – ohne dass dadurch aber die Maximalpension steigt.
: Wir müssen uns einig sein, wie viel unseres gesellschaftlichen Vermögens wir für die Altersversorgung ausgeben wollen. Jean-Claude Reding, Ehemaliger OGBL-Präsident