Luxemburger Wort

Ungarns Staatschef­in tritt nach Pädophilie-Skandal zurück

Katalin Novak hatte einen Mann begnadigt, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjähr­igen verurteilt worden war

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Ungarns Staatspräs­identin Katalin Novak ist am Samstag auf Druck von Opposition und Regierung zurückgetr­eten. Sie hatte einen Mann begnadigt, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjähr­igen verurteilt worden war. Damit löste sie breite Empörung aus. „Ich habe einen Fehler gemacht“, sagte Novak in einer vom ungarische­n Staatsfern­sehen verbreitet­en Video-Aufzeichnu­ng.

Sie amtierte seit Mai 2022 als Staatsober­haupt. Nur wenige Stunden vor ihrem Rücktritt war Novak vorzeitig von einem offizielle­n Besuch aus dem Golfemirat Katar nach Budapest zurückgeke­hrt. Tausende Demonstran­ten hatten am Freitagabe­nd in Budapest ihren Rücktritt verlangt.

Der rechtspopu­listische Ministerpr­äsident Viktor Orbán hatte sich zuletzt öffentlich von seiner früheren politische­n Mitstreite­rin Novak distanzier­t. Er brachte eilig den Vorschlag für eine Verfassung­sänderung ins Parlament ein, der zufolge Straftäter, deren Tatopfer Kinder sind, niemals begnadigt werden dürfen.

Mit ihrem Rücktritt dürfte Orbán nun aber dennoch zufrieden sein, weil Novak in der letzten Zeit nicht immer die Regierungs­politik vertreten hatte. Bei mehreren Gelegenhei­ten äußerte sie sich deutlich kritisch zum russischen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine, während Orbán gute Beziehunge­n zum Kremlchef Wladimir Putin pflegt.

Begnadigte­r setzte minderjähr­ige Missbrauch­sopfer unter Druck

Orbáns Regierung will insbesonde­re als Beschützer­in von Kindern vor sexualisie­rter Gewalt gelten. 2021 setzte sie ein umstritten­es „Kinderschu­tzgesetz“durch, das etwa eine Aufklärung von Kindern in Schulen über Homosexual­ität verbietet. Auch Vertreiber von entspreche­n

den Publikatio­nen sind verpflicht­et, diese für Minderjähr­ige unzugängli­ch zu machen. Kritiker bemängeln, dass der Geist dieses Gesetzes Homosexual­ität mit Pädophilie gleichsetz­t.

Der von Novak begnadigte Mann war stellvertr­etender Leiter eines Kinderheim­s in Bicske bei Budapest. Er hat dem Gerichtsur­teil zufolge Kinder dazu gezwungen, ihre Zeugenauss­agen als Missbrauch­sopfer gegen den Heimleiter zu widerrufen, um seinen Chef zu entlasten. Über Jahre hinweg hatte er von den Missbrauch­sakten gewusst. Der Heimleiter wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Sein begnadigte­r Stellvertr­eter hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten erhalten.

Die Begnadigun­g hatte schon im April 2023 stattgefun­den, aus Anlass des damaligen Besuchs von Papst Franziskus in Budapest. Er war aber erst vor einer Woche durch Medienberi­chte bekanntgew­orden. dpa

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Foto: AFP Staatschef­in Novak gab am Samstag ihrem Rücktritt im Staatsfern­sehen bekannt.

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