Nicolas Mackel soll EU-Botschafter Luxemburgs werden
Der einflussreiche Chefposten in der Ständigen Vertretung in Brüssel könnte bald an den Finanzplatz-Lobbyisten gehen
Das „Luxemburger Wort“hat aus Diplomatenkreisen erfahren, dass die CSV-DPRegierung mit dem Gedanken spiele, Nicolas Mackel an der Spitze der Ständigen Vertretung Luxemburgs bei der Europäischen Union zu platzieren. Xavier Bettels (DP) Außenministerium wollte sich am Montag nicht dazu äußern. Kommuniziert werde erst, wenn die internen Prozeduren abgeschlossen sind, heißt es.
Nicolas Mackel ist Karrierediplomat, leitet allerdings seit 2013 „Luxembourg for Finance“(LFF), die staatlich geförderte Interessenvertretung des Luxemburger Finanzplatzes.
Derzeit ist Sylvie Lucas Chefin in der Ständigen Vertretung Luxemburgs bei der EU. Lucas gilt als gut vernetzt, kompetent und erfahren. Doch ihr wird nachgesagt, dem Ex-Außenminister Jean Asselborn (LSAP) nahezustehen. Sylvie Lucas, so heißt es aus Diplomatenkreisen, wird im Sommer ihren Posten nach nur zwei Jahren im Amt verlassen.
Politisch brisanter Posten
Die Leitung der Ständigen Vertretung bei der EU ist aus politischer Sicht einer der wichtigsten Diplomatie-Posten überhaupt. Denn diese „EU-Botschaft“ist intensiv an den Verhandlungen zu neuen EU-Gesetzen beteiligt. Neue Vorschläge der EU
Kommission werden dort minutiös studiert, dann verhandeln die 27 EU-Botschaften der jeweiligen Mitgliedstaaten diese zunächst unter sich aus. Erst ganz zum Schluss gelangen die Akten auf den Tisch der zuständigen nationalen Ressortminister, die die letzten, meist politisch brisanten Details während der EU-Ministertreffen klären. Auch die EU-Gipfel werden von den Ständigen Vertretern der Mitgliedstaaten vorbereitet.
Der EU-Botschafter hat dadurch einen Einblick in alles, was auf EU-Ebene entschieden wird. Und er hat auch einen erheblichen Einfluss darauf, denn es ist die Ständige Vertretung, die die jeweiligen Ressortminister auf EU-Verhandlungen vorbereitet. Die gesetzgeberische Rolle einer EU-Botschaft ist demnach beachtlich. Die Ständige Vertretung in Brüssel gilt deswegen als verlängerter Arm einer Regierung auf EU-Ebene.
Das ist auch der Grund, warum der Posten des EU-Botschafters als strategisch wichtig gilt und auf Regierungsebene bei dieser Besetzung nichts dem Zufall überlassen wird. Sylvie Lucas und ihr Vorgänger Georges Friden galten als konsensfähige und erfahrene Diplomaten.
Mackel ist dagegen ein klares politisches Statement. Zwar ist an Nicolas Mackels Lebenslauf absolut nichts zu bemängeln. Auch er ist Karrierediplomat, kennt die EU bestens und hat sogar einst in der Ständigen Vertretung Luxemburgs in Brüssel gearbeitet. Außerdem habe er bereits in der Vergangenheit Interesse am Chefposten in Brüssel gezeigt, sagen hochrangige Diplomaten. Doch sein Jahrzehnt an der Spitze von „Luxembourg for Finance“verortet ihn wirtschaftspolitisch klar als Finanzplatz-Hardliner. Und da zur vermeintlichen Verteidigung des Luxemburger Finanzplatzes oft der Widerstand gegen die als zu streng empfundenen EU-Auflagen gehört, ist der Plan der Regierung, Mackel zu nominieren, politisch durchaus brisant. „Jetzt sitzt der Bankenplatz gleich mit am Verhandlungstisch“, kommentiert ein Kenner der Luxemburger Diplomatie.
Einflussgewinn für den Finanzplatz
Der Plan passt auch zum Koalitionsabkommen der CSV-DP-Regierung, wonach die Interessen des Finanzstandortes Luxemburgs auf EU-Ebene offensiver verteidigt werden sollen. „Die Regierung wird sich aktiv an der Entwicklung europäischer und internationaler Vorschriften im Bereich Finanzen und Steuern beteiligen, um sicherzustellen, dass die Besonderheiten Luxemburgs und seines Finanzplatzes berücksichtigt werden“, lautet es darin.
Die Nominierung „wäre ein Signal“, kommentiert der LSAP-Parlamentarier und ehemalige Wirtschaftsminister Franz Fayot. „Die Regierung beabsichtigt, sich auf EUEbene zunehmend auf die Interessen des Finanzplatzes zu konzentrieren.“Fayot spricht dabei von einem „Rückschritt“: „Luxemburg sollte sich breiter aufstellen, anstatt sich auf engstirnige Interessen zu konzentrieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass uns das nicht immer gut zu Gesicht steht“.
„Die Nominierung stünde in trauriger Kohärenz mit dem Koalitionsabkommen“, meint auch Marc Baum von Déi Lénk: „Luc Frieden macht dort weiter, wo er 2013 aufgehört hat: Die gesamte Luxemburger Außenpolitik soll den Interessen des Finanzplatzes dienen. Das wird Luxemburgs Ruf als Steuerparadies nur zementieren.“
Wie die Interessen des Finanzplatzes die Haltung der Regierung zu neuen EU-Regeln beeinflussen können, hat sich neulich in den Verhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz gezeigt. Luxemburg stand am Ende nicht hinter dem Vorschlag, Unternehmen stärker für Missstände in ihren Lieferketten in die Pflicht zu nehmen – aus Angst, dies könnte negative Auswirkungen auf die lokale Fondsindustrie haben.
Luxemburg sollte sich breiter aufstellen, anstatt sich auf engstirnige Interessen zu konzentrieren. Franz Fayot, LSAP-Politiker