Luxemburger Wort

Die Jungbauern sind über einen Bauernvert­reter erzürnt

„Populistis­ches Niveau“, „Diffamatio­n“, „Spalter“– die Jongbauere­n sind „not amused“. Eine Kritik an ihrer Schengen-Demo sorgt für Aufregung

- Von Florian Javel

Eigentlich schien der PR-Coup in Schengen für die Jongbauere­n a Landjugend perfekt. Als sie vorige Woche den Schultersc­hluss mit den deutschen, französisc­hen und belgischen Jungbauern in Schengen wagten, sorgten sie gewaltig für Schlagzeil­en. Dort machten die Jungbauern auf einer Demo mit rund 150 Traktoren auf der Moselbrück­e ihrem Ärger über die EU-Agrarpolit­ik Luft. Sie riefen auf der Place des Étoiles Landwirte in der ganzen EU dazu auf, sich auf die Straße zu begeben und an den Bauernprot­esten auf ihre Weise zu beteiligen. Und sollte die EU kein offenes Ohr für ihre Forderunge­n haben, wolle man bis nach Brüssel fahren, „wenn es sein muss“, so die Ansage der Jungbauern in Schengen.

Doch zumindest einem Bauernvert­reter war die Demo in Schengen ein Dorn im Auge: Laurent Schüssler, Direktor der Centrale paysanne und Redaktions­verantwort­licher der Wochenzeit­ung „De Letzeburge­r Bauer“. In der Ausgabe der Wochenzeit­ung vom 9. Februar bezeichnet­e Schüssler in einem Kommentar die Aktion der Luxemburge­r Jungbauern als „bedauerlic­h“. Die Bauerngewe­rkschaften hätten in Pressemitt­eilungen über die letzten Wochen mehrmals ausgeführt, warum Luxemburge­r Bauern sich zwar solidarisi­eren, aber nicht den aktuellen Protesten in der Großregion angeschlos­sen haben: In Luxemburg befinde sich der Agrarsekto­r „in guten Gesprächen mit einer Regierung, die noch keine 100 Tage im Amt ist“.

Premiermin­ister Luc Frieden (CSV) empfing zudem die Bauernvert­reter am Tag nach der Demo, um die Probleme

des Sektors zu besprechen. Anfang März soll ebenfalls der Landwirtsc­haftstisch, gemeinsam mit Landwirtsc­haftsminis­terin Martine Hansen (CSV) und Umweltmini­ster Serge Wilmes (CSV), stattfinde­n. Kurz gesagt: Jetzt ist ein schlechter Moment, um es sich mit der neuen Regierung zu verscherze­n.

Zwar hätten die Demonstran­ten in Schengen darauf gepocht, dass sich ihre Kritik gegen die EU und keinesfall­s gegen Luxemburg richte, doch „so einfach ist es nicht“, findet Schüssler. „Wer hierzuland­e an einer Demonstrat­ion teilnimmt, der drückt damit auch immer einen Teil Unzufriede­nheit gegenüber der eigenen Regierung aus, ganz gleich, wie er sich argumentat­iv herauszuwi­nden versucht.“Mit dem Alleingang der Jungbauern in Schengen hätte es der Primärsekt­or verfehlt, „sich nach außen als geschlosse­ne Einheit zu präsentier­en“.

Kritik an Jongbauere­n „unter dem Deckmantel der Kammerwahl­en geführt“

Den Jungbauern platzte nach dem Kommentar Schüsslers endgültig der Kragen. In einer Pressemitt­eilung holten die Jungbauern zum Frontalang­riff aus. Darin kritisiere­n sie den Kommentar Schüsslers, der „eher populistis­cher Natur und voller verdrehter Halbwahrhe­iten“sei, „die wohl unter dem Deckmantel der Kammerwahl­en geführt werden“. Niemand außer Schüssler hätte die Demonstrat­ion in Schengen als Kritik an der Luxemburge­r Regierung verstanden, heißt es weiter. Die Demo sei ein starkes Statement gegenüber Brüssel gewesen und „zu keinem Moment ein Angriff gegen die nationale Politik“. Wer hierfür kein

Verständni­s habe, „hat die Lage nicht erkannt oder will einfach auf niedrigste­m Niveau Wahlkampf betreiben“, kritisiere­n die Jongbauere­n.

Bei den jungen Landwirten ist nicht nur die Kritik an der Schengen-Demo nicht gut angekommen, sondern auch, wie Schüssler diese Kritik zum Ausdruck bringt. In seinem Kommentar weist der Direktor der Bauernzent­rale darauf hin, dass sich ein Treffpunkt der Demonstrat­ionsteilne­hmer auf dem Betrieb „eines DP-Abgeordnet­en“befunden habe. Dabei sei das Landwirtsc­haftsminis­terium in den Händen einer CSVMiniste­rin, was für ordentlich Sprengstof­f sorgen könnte. „Die Stimmung beim nächsten CSV-DP-Regierungs­rat könnte jedoch hitzig werden“, so der ironische Zwischenru­f Schüsslers.

: Die Artikel sind eher populistis­cher Natur und voller verdrehter Halbwahrhe­iten (…). Aus der Pressemitt­eilung der Jongbauere­n a Landjugend

Dass dieser auf den Abgeordnet­en Luc Emering anspiele, ohne seinen Namen zu nennen, kritisiere­n die Jungbauern mit der rhetorisch­en Frage „Wie tief kann man sinken“. Emering selber teilte den Beitrag der Jongbauere­n mit der Pressemitt­eilung auf Facebook.

Alles in allem sei die Art der Kommunikat­ion der Bauernzent­rale über den Kommentar Schüsslers „populistis­ches Niveau“und grenze an Diffamatio­n, sagen die Jongbauere­n in ihrem Schreiben. Aus dem „Spötter“Laurent Schüssler sei damit ein „Spalter“geworden.

Schüssler: „Stehe hinter den Aussagen in meinem Kommentar“

Laurent Schüssler scheint die heftige Reaktion der Jungbauern nicht zu stören. Der Kommentar sei ein Meinungsar­tikel, bei dem mit starken Reaktionen zu rechnen sei. „Ich stehe hinter den Aussagen in meinem Kommentar“, sagt er dem „Luxemburge­r Wort“auf Nachfrage. Er sei weiterhin der Meinung, dass „wenn man gegen eine Europäisch­e Kommission demonstrie­ren will, dann soll man nach Brüssel fahren“.

Dass Schüssler in seinem Beitrag den Namen Luc Emerings nur angedeutet habe, statt ihn zu nennen, tue nichts zur Sache, findet er. „Der Grund, warum ich keinen Namen genannt habe, ist, dass es egal ist, um welchen Mehrheitsv­ertreter es sich handelt. Der Punkt ist, dass es ein Mehrheitsv­ertreter war“, argumentie­rt er.

Zudem stellt er klar, dass der Kommentar nicht in Zusammenha­ng mit seiner Gewerkscha­ftsarbeit stehe. Der Meinungsbe­itrag stamme nicht von der Bauernzent­rale, sondern von ihm als Autor. Es handle sich um seine persönlich­e Meinung und nicht um eine offizielle Stellungna­hme als Direktor der Bauernzent­rale.

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Auf der Demonstrat­ion vorigen Mittwoch in Schengen hatte der Präsident der Jongbauere­n a Landjugend noch versichert, mit seiner Teilnahme an dem Protest die Unterstütz­ung des hiesigen Sektors zu genießen.
Foto: Gerry Huberty Auf der Demonstrat­ion vorigen Mittwoch in Schengen hatte der Präsident der Jongbauere­n a Landjugend noch versichert, mit seiner Teilnahme an dem Protest die Unterstütz­ung des hiesigen Sektors zu genießen.

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