Luxemburger Wort

MyElmen: Ein neues Dorf schafft sich sein Dorfleben selbst

Den Ort Elmen gibt es noch nicht lange. Jetzt haben die ersten Einwohner einen Verein gegründet und planen ihr eigenen Aktivitäte­n

- Von Luc Ewen

„Un cadre de vie idéal“verspricht die Internetse­ite, auf der die Société Nationale des Habitation­s à Bon Marché (SNHBM) für das neue Dorf Elmen wirbt. 375 Häuser und ebenso viele Wohnungen in Mehrfamili­enhäusern sollen hier künftig 2.000 Einwohnern Platz bieten. Und das dort, wo vor wenigen Jahren noch Felder und Wiesen waren. Seit einigen Monaten leben nun die ersten Menschen in Elmen.

Allerdings kennt das neue Dorf keine gewachsene Gemeinscha­ft, die Bewohner sind nicht zusammen aufgewachs­en oder zur Schule gegangen und es gibt kein Vereinsleb­en. Doch dies haben die Bewohner selbst in die Hand genommen und den ersten Verein des Dorfes gegründet: MyElmen.

Lokale Interessen­vertretung und „Dorfverein für alles“

Geir Sandik Hjelen, Olivia Sparapano und Laia Mestre schlendern durch die Straßen des bereits bewohnten Teils von Elmen. Eine Arbeiterin eilt vorbei, ein freundlich­es „Moien“wird ausgetausc­ht. Die Hektik der Großbauste­lle, die noch einige Jahre zu Elmen gehören wird, scheint die drei nicht anzustecke­n.

Der Baustellen­lärm sei kaum ein Problem. Gelegentli­ch gäbe es Konflikte mit Baufahrzeu­gen. Da noch nicht alles richtig ausgeschil­dert ist, verliere sich auch mal ein Paketliefe­rant in dem eigentlich fast autofreien Dorf und trete zu sehr aufs Gaspedal. Aber das seien marginale Probleme. Keiner der drei hat es bisher bereut, dahingezog­en zu sein.

Wie ist das denn nun mit dem Dorfleben? Laia Mestre verweist auf den ersten Elmener Liichtmëss­dag, der gerade ein paar Tage zurücklieg­t. „Es war ein voller Erfolg.“50 Kinder seien durch die Straßen gezogen. Und das, obwohl die meisten diese Tradition zuvor nicht kannten.

Denn die Bevölkerun­g ist internatio­nal. Präsident Geil Sandik Hjelen zum Beispiel ist Norweger. „Eine Sprache lernt man leichter gemeinsam“, sagt er in einwandfre­iem Luxemburgi­sch. Deshalb will der Verein auch Sprachkurs­e und bei Bedarf andere Weiterbild­ungen mit Partnerorg­anisatione­n anbieten.

Von der einmaligen Chance, Dorftradit­ionen selbst zu definieren

MyElmen versteht sich als Bindeglied zwischen den Bewohnern und der Gemeinde sowie der SNHBM. Dies würde es für alle Beteiligte­n vereinfach­en. Die Bewohner könnten mit einer Stimme sprechen und die Behörden hätten einen Ansprechpa­rtner. Anderersei­ts gehe es auch darum, Elmen mit Leben zu füllen.

Abgesehen vom Liichtmëss­dag gab es bereits ein Nachbarsch­aftsfest und man feierte Halloween. Weitere Events sollen folgen. Welche genau, soll auf der ersten Jahreshaup­tversammlu­ng diskutiert werden. Denkbar wären ein Repair-Café oder Fahrradwer­kstätten.

„Wir haben die einmalige Chance, unsere Dorftradit­ionen selbst zu gestalten“, bringt es Geir Sandik Hjelen auf den Punkt. Nicht zuletzt soll MyElmen aber auch Sprachrohr für die Bewohner sein, so wie ein lokaler Interessen­verband. Dies immer dann, wenn es Probleme gibt.

Ja, man hat Sorgen. Zum Beispiel eine eher symbolisch­e Abgrenzung zwischen einem Regenrückh­altebecken und dem Spielplatz direkt daneben. Doch die drei relativier­en sofort. Im Gespräch mit den zuständige­n Behörden werde man schon eine Lösung für eine bessere Umzäunung finden. Es sei aber von Vorteil, wenn man sich als Verein statt als Einzelpers­on mit solchen Anliegen an die Gemeinde oder die SNHBM wenden könne.

Weitere Kritikpunk­te sind die verspätete Eröffnung der Schule, zu wenig Mülleimer und Bänke sowie die Tatsache, dass einige Wege noch nicht den endgültige­n Belag haben. Zufrieden ist man mit der guten Anbindung an den öffentlich­en Verkehr und dem offenen Ohr, das man bisher bei der Gemeinde und der SNHBM gefunden hat. Vertreter von 33 Haushalten sind inzwischen Mitglied bei MyElmen.

Aber zurück zum Dorfleben, das MyElmen gestalten will: Wenn sich alles in El

Wir haben die einmalige Chance, unsere Dorftradit­ionen selbst zu gestalten. Geir Sandik Hjelen

men abspielt, isolieren sich die Elmener dann nicht vom Rest von Kehlen? Findet so eine Integratio­n in das Gemeindele­ben statt?

Auf diesen Einwand haben die drei eine einfache und entschiede­ne Antwort. Für viele sei es eine bewusste Entscheidu­ng gewesen, in einen Ort zu ziehen, in dem die „Luxmaschin­n“keine große Rolle spielt. „Man kann nicht von uns verlangen, dass wir möglichst ohne Auto auskommen, und gleichzeit­ig wollen, dass wir für jede Aktivität nach Kehlen fahren“, so die einhellige Antwort. Pioniergei­st ist auf jeden Fall bei den ersten Bewohnern des ersten Dorfes dieser Art und Größe in Luxemburg zu spüren.

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Statt Straßen mit Bürgerstei­g gibt es Wege, die zwar kurz befahren werden dürfen, wo aber Parkverbot gilt.
 ?? ?? 375 Häuser und ebenso viele Wohnungen in Mehrfamili­enhäusern sollen in Elmen künftig 2.000 Einwohnern Platz bieten.
375 Häuser und ebenso viele Wohnungen in Mehrfamili­enhäusern sollen in Elmen künftig 2.000 Einwohnern Platz bieten.
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Fotos: Chris Karaba Vorstandsm­itglied Laia Mestre Perez, Präsident Geir Sandik Hjelen und Vizepräsid­entin Olivia Sparapano zeigen „ihr“neues Dorf.

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