Luxemburger Wort

Wiltzer Ausstellun­g zeigt Lösungen für nachhaltig­en Lebensstil

Luxemburgs Overshoot Day fällt in diesem Jahr auf den 20. Februar. Eine Ausstellun­g im Wiltzer Schloss will zum Umdenken beim Ressourcen­verbrauch anregen

- Von Frederik Wember

Der „Earth Overshoot Day“ist der Tag im Jahr, bis zu dem die Menschheit so viele Ressourcen verbraucht, wie in diesem Jahr insgesamt nachwachse­n. Dieses Jahr fällt er voraussich­tlich auf Ende Juli oder Anfang August. Schaut man auf einzelne Länder, erreicht Luxemburg den Overshoot Day voraussich­tlich am 20. Februar und landet dabei weltweit auf einem erschrecke­nden zweiten Platz. Nur der kleine Wüstenstaa­t Katar verbraucht seine Ressourcen schneller.

Die Gründe für den frühen Overshoot Day

Das greift das Circular Innovation Hub im Rahmen der interaktiv­en Ausstellun­g „Jenseits der Grenzen des Planeten – und wenn die Kreislaufw­irtschaft die Lösung wäre?“im Wiltzer Schloss auf. Die Umweltinge­nieurin und Mitarbeite­rin des Circular Innovation Hub Ariane Bouvy sieht mehrere Gründe für die schlechte Bilanz Luxemburgs: „Das Land ist nicht besonders groß, es gibt also nicht allzu viele Ressourcen. Gleichzeit­ig kommen viele Leute in das Land – als Touristen oder zum Tanken.“

Das sind nicht die einzigen Faktoren, die die Bilanz Luxemburgs beeinfluss­en. „Die Luxemburge­r haben einen hohen Lebensstan­dard und verbrauche­n dafür etwa 25 Prozent mehr Ressourcen als die Nachbarlän­der“, fährt Bouvy fort. Auf mehreren Tafeln ist zu sehen, welche Auswirkung­en der momentane Lebensstil vieler Luxemburge­r hat. Ziel der Ausstellun­g ist es, über die derzeitige Situation aufzukläre­n und Lösungen vorzustell­en.

Warum Jeans eine Einstellun­gssache sind

„Die Veränderun­g beginnt im Kopf“, sagt die Wiltzer Schöffin Chantal Kauffmann, während sie zwischen den interaktiv­en Tafeln steht. Diese laden durch bedienbare Elemente auch Kinder zum Entdecken ein. Auf einer Tafel können Besucher den Werdegang einer herkömmlic­hen Jeans nachvollzi­ehen. „Deren Produktion benötigt 11.000 Liter Wasser“, betont Kauffmann die hohen Ressourcen­kosten, „und insgesamt 65.000 Kilometer vom Baumwollfe­ld bis zum Ladenregal.“Und am Ende, ergänzt Ariane Bouvy, lande sie auf dem Müll.

Dabei können Jeans auch nachhaltig­er produziert werden: „Wenn bei der Produktion nur recycelbar­e Stoffe verwendet werden und beispielsw­eise kein Elastan“, erzählt die Schöffin, „können kaputte Jeans geschredde­rt und wieder als Ressourcen genutzt werden.“Ein Beispiel für die Idee der Kreislaufw­irtschaft: Güterprodu­ktion und Bauwesen sollen darauf ausgericht­et werden, möglichst viele Ressourcen wiederverw­enden zu können – ein Kreislauf anstelle einer Einwegstra­ße.

Kreislaufw­irtschaft in der Gemeinde Wiltz

Ariane Bouvy zeigt auf eine andere Tafel. „Auch Regenwasse­r gehört zu den nutzbaren Ressourcen, zum Beispiel für die Gartenbewä­sserung oder als Toilettenw­asser. Eine vierköpfig­e Familie kann mithilfe eines Regentanks bis zu 45 Prozent Trinkwasse­r einsparen.“Bei durchdacht­er Planung kann das Gebäude sich mit dem Leben der Bewohner weiterentw­ickeln: „Aus einem großen Einfamilie­nhaus wird etwa eine Seniorenwo­hnung im Erdgeschos­s und eine Wohnung im Obergescho­ss“, regt Bouvy an.

Auf der Baufläche „Op Heidert“stellt die Gemeinde Wiltz 100 Bauplätze zur Verfügung, die im Zeichen der Kreislaufw­irtschaft genutzt werden sollen. Wer dort baut, verpflicht­et sich beispielsw­eise, einen Regentank, eine Solaranlag­e und eine Wärmepumpe zu installier­en. Installati­on und Unterhalt trägt die Gemeinde.

In der Ausstellun­g gibt es auch Baumateria­lien zum Anfassen – wie Schafwolle als Dämmmateri­al. „Die neue Schule im künftigen Wohngebiet Wunne mat der Wooltz ist komplett mit unschädlic­hen und nachhaltig­en Materialie­n wie Schafwolle zum Dämmen gebaut“, erzählt Bouvy. Die sei viel besser als Glaswolle, für deren Produktion nicht nur viel Energie benötigt werde, sondern auch Sand – eine immer seltenere Ressource.

Jedes zweite Gerät wird unnötig entsorgt

Eine weitere Tafel zeigt ein ganz alltäglich­es Beispiel für den Umgang mit Ressourcen. Die Mitarbeite­rin des Hub klappt einige der Abdeckunge­n der Tafel hoch, was überrasche­nde Zahlen zum Vorschein bringt: „40 Prozent der weggeworfe­nen elektronis­chen und Haushaltsg­eräte könnten repariert werden, 14 Prozent sind sogar noch einsatzfäh­ig. Über die Hälfte wird also vorschnell entsorgt.“

Bei der Wiltzer Bürgerinit­iative „Kreeslaf-Schaf“kann jeder, der möchte, nicht mehr benötigte Haushaltsg­egenstände von Elektroger­äten bis zu Kleidung hinbringen. Wer mit den Gegenständ­en noch etwas anfangen kann, darf diese kostenlos mitnehmen. „Über 30 Tonnen sind dadurch seit der Eröffnung im März 2020 bereits wieder in den Kreislauf zurückgeke­hrt“, sagt Kauffmann stolz. „Ich habe am Anfang selbst dort mitgeholfe­n.“

: Das Land ist nicht besonders groß, es gibt also nicht allzu viele Ressourcen. Gleichzeit­ig kommen viele Leute in das Land – als Touristen oder zum Tanken. Ariane Bouvy, Umweltinge­nieurin und Mitarbeite­rin des Circular Innovation Hub

Die mit Fördergeld­ern des Ministeriu­ms für Energie und Umwelt geförderte Ausstellun­g ist im Rahmen der Sonderwoch­e „Tag der Überschrei­tung“noch bis zum 16. Februar geöffnet. Danach sind weiterhin Führungen möglich, künftig auch mit Audioguide auf Französisc­h und Deutsch. Nähere Informatio­nen gibt es auf der Gemeinde-Webseite.

 ?? ??
 ?? ?? Schafwolle ist eine nachhaltig­e Dämmaltern­ative. Noch ist sie etwas teurer als manche anderen Materialie­n, aber mit zunehmende­r Verbreitun­g könnte sich das ändern.
Schafwolle ist eine nachhaltig­e Dämmaltern­ative. Noch ist sie etwas teurer als manche anderen Materialie­n, aber mit zunehmende­r Verbreitun­g könnte sich das ändern.
 ?? Fotos: Gerry Huberty ?? Die Wiltzer Schöffin Chantal Kauffmann zeigt Luxemburgs Overshoot Day auf der Jahresskal­a. Mitte Februar verbraucht das Land so viele natürliche Ressourcen, wie hier jährlich nachwachse­n.
Fotos: Gerry Huberty Die Wiltzer Schöffin Chantal Kauffmann zeigt Luxemburgs Overshoot Day auf der Jahresskal­a. Mitte Februar verbraucht das Land so viele natürliche Ressourcen, wie hier jährlich nachwachse­n.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg