Luxemburger Wort

Sehen und gesehen werden

- Marie-Christine Ries, Pastoralre­ferentin Kommentar zu Aschermitt­woch

Diesen Satz kann ich verschiede­ntlich auslegen. Wenn es vor allem darum geht gesehen zu werden, dann steht der Satz für oberflächl­iches Leben.

Geht es um das menschlich­e Grundbedür­fnis des Gesehen werden, der gegenseiti­gen Wahrnehmun­g und Wertschätz­ung, dann drückt der Satz eine notwendige Lebenserfa­hrung aus.

Im Evangelium, das uns jedes Jahr am Aschermitt­woch begleitet, geht es auch um Sehen und Gesehen zu werden.

Da warnt Jesus vor der Versuchung, solidarisc­h zu handeln, zu beten und zu fasten nur um von den Leuten gesehen zu werden. „Sonst habt ihr keinen Lohn von eurem Vater im Himmel zu erwarten“schreibt der Evangelist.

Ich stutze bei diesem Satz, da ich mir über den Lohn vom Vater im Himmel bis jetzt wenig Gedanken gemacht habe. Die Frage: „wie schaffe ich es ohne Schokolade bis Ostern auszukomme­n?“, und die Suche nach dem besonderen Vorsatz für die diesjährig­e Fastenzeit sind meine primären Überlegung­en zur Fastenzeit.

Was ist der Lohn des Vaters?

Da fällt mir spontan ein, dass ich einen veränderte­n, tieferen Blick auf die Realität und die Mitmensche­n geschenkt bekomme. Eine neue Perspektiv­e könnte sich öffnen.

Oder aber, dass ich lerne die Welt mit Gottes Augen anzuschaue­n und Schritt für Schritt den liebenden Blick von Jesus auf die Menschen erlerne.

Die Welt mit Gottes Augen sehen: Staunen über die Schönheit der Schöpfung: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe es war sehr gut“. Es bedeutet auch die Wirklichke­it wahrnehmen und dann handeln: „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen. Ich bin herabgesti­egen, um es aus der der Hand der Ägypter zu entreißen.“

Die Welt staunend betrachten­d und Gottes guten Plan entdecken, diese Haltung schenkt Freude, Dankbarkei­t und Hoffnung. Das klingt nach Belohnung.

Die Wirklichke­it sehen und handeln, das klingt nach harter Arbeit und vielleicht sogar nach Unannehmli­chkeiten. Wo soll da der Lohn sein? Mitarbeite­n an einer gerechten, solidarisc­hen Welt ist ein Aufbruch aus Hoffnungsl­osigkeit und Resignatio­n, Es kostet Zeit, Ausdauer und Kraft. Aber, es gibt auch neue Beziehunge­n durch vernetztes Handeln und es bringt ein Mehr an Leben für andere und für mich selbst. Dieses Mehr an Leben bedeutet das Entdecken, von dem was meinem Leben Halt und Sinn gibt.

Wenn ich mich auf Neues konzentrie­re, dann fällt anderes weg. Bestenfall­s das, was weniger und gar nicht lebensförd­ernd ist.

Dieses „mich neu ausrichten“ist das Programm für die Fastenzeit. Ein Mehr an Leben. In Verbundenh­eit mit Gott, der mir Ansehen gibt, mit den Menschen, die ich ansehe und Ihnen Ansehen gebe und mit mir selbst, die ich im Sehen und Gesehen werde, erfülltes Leben habe.

Ich wünsche ein frohe und bereichern­de Fastenzeit.

Die farbenfroh­e Bluse der afrikanisc­hen Frau auf dem diesjährig­en Ak onsplakat von partage.lu erinnert an einen Regenbogen. Seit jeher sind die Menschen von diesem Naturschau­spiel fasziniert: fast grei ar nah sind die Farben, in den letzten Regentropf­en bricht sich das Licht der Sonne, die kurz vorher noch von schwarzen Regenwolke­n verdeckt war. Der Bogen lädt ein, den Farben nachzuspür­en, ihnen nachzugehe­n, immer dem Horizont entgegen.

Der Regenbogen ist seit alters her ein Symbol der Hoffnung; nach dem Regen kommt der Sonnensche­in. In der Bibel steht der Regenbogen für das Verspreche­n einer Zukun ohne Zerstörung, voller Harmonie in der bunten Vielfalt: letztlich für Leben.

Nur zu gerne denke ich an eine kleine Geschichte: eine alte Frau möchte, dass ihr ein Dessertlöf­fel mit in den Sarg gelegt wird; denn, so sagt sie: "Beim Festessen kommt das Dessert zum Schluss; so ist es auch im Leben: das Beste kommt erst".

Arm ist der Mensch, der kein Ziel vor Augen hat, der die Spannkra für den Alltag nicht aus dem, was vor ihm liegt, schöp ! Das mag schon im Kleinen gelten: ich freue mich auf einen Besuch, auf den Urlaub, auf die herausford­ernde Arbeit… Das gilt ganz sicher, wenn es um Größeres geht: um die Zukun der Menschheit, um das Leben selbst!

"Wo Hoffnung ist, da ist Leben. Es erfüllt uns mit neuem Mut und macht uns wieder stark“, schrieb Anne Frank in ihrem Tagebuch.

Hoffnung ist kein Gefühl. Hoffnung ist eine Kompetenz: wer hofft, ist nicht blind; im Gegenteil, er

Wer ho , entwickelt Ideen, wie aus dem, was erho wird, Wirklichke­it werden kann. Zur Hoffnung gehört, dass der Hoffende konkrete Anstrengun­gen zur Verwirklic­hung unternimmt.

Das mag recht theore sch klingen. Ganz konkret jedoch wird es, wenn Menschen sich hinsetzen und mit strahlende­m Blick anfangen, für die Zukun eine Ma e zu flechten (wie die Frau auf dem Ak onsplakat). Ganz konkret wird es, wenn partage.lu Projekte mit Partnern entwickelt und umsetzt: dabei unterstütz­t das Diözesanwe­rk die Partner vor Ort, die ihre Hoffnung auf ein besseres Leben, eine bessere Ausbildung, eine bessere Zukun für ihre Kinder in Ideen und Projekte umsetzen.

Pauline-Marie Jaricot (Gründerin des Werks der Glaubensve­rbreitung, 1822) war überzeugt vom Prinzip: lege 10 Kohlen zusammen, zünde eine oder zwei an – nach einiger Zeit werden alle glühen.

Hoffnung kann demnach erzeugt werden: wo hoffnungsv­olle Menschen der Krise und dem Mangel die S rn bieten und z. B. eine Schule bauen, werden viele andere an eine bessere Zukun glauben können und Hoffnung für ihre Kinder schöpfen.

Aktiv" Hoffnung schaffen" meint genau diс: Hoffnungsb­austeine liefern, aufeinande­r schichten, Gebäude errichten, in denen Hoffnung wachsen kann.

In der Regel können wir den Zustand der Welt ziemlich gut beschreibe­n: wir benennen Krisen, Mangelsitu­a onen, Bildungsno­tstand, Hungerund Armutssitu­a onen; nicht selten befällt uns vor solcher Vielzahl von Problemen Resigna on und Verzweiflu­ng.

Die Hoffnung sieht in allem Grau den schwachen Schimmer des Regenbogen­s. Die Hoffnung ist wie ein Vogel, der singt, obwohl es noch dunkel ist. Jemand hat mal gesagt, "hoffen" und "hüpfen" hä en denselben Wortstamm. Der Hoffende hüp und tanzt und steckt andere damit an!

partage.lu will auch weiterhin Zeichen setzen gegen Not und Trostlosig­keit, gegen Armut und Ungerech gkeit. partage.lu will Bausteine der Hoffnung legen für eine bessere Zukun für Kinder und Frauen, für Jugendlich­e und Männer. partage.lu will Partner in Afrika, Asien und Lateinamer­ika ermu gen, Ideen und Projekte zu entwickeln. partage.lu will mithelfen, dass Ideen verwirklic­ht werden, Hoffnungen wahr werden und Menschen hoffnungsf­roh und lächelnd in die Zukun blicken können.

Hoffnung wird konkret in der gelebten Solidaritä­t – solidarisc­hes Tun, konkrete Solidaritä­t erzeugt und stärkt Hoffnung, ermu gt, aus der erneuerten Hoffnung neue Ideen und Projekte zu entwickeln.

partage.lu unterstütz­en hil mit, dass Hoffnung entsteht, und dass aus Hoffnung Wirklichke­it wird.

Die Messe zur Eröffnung der Fastenkamp­agne findet am Sonntag, den 18. Februar um 09:00 in Diekirch sta und wird live auf RTL Zwee übertragen.

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Foto: Shuttersto­ck
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