Grégoire Munster will nicht erneut von den Fans ausgebuddelt werden
Letztes Jahr blieb der Rennfahrer bei der Rallye Schweden in einer Schneewand stecken. Nun will er es beim zweiten WM-Lauf besser machen
Vor vier Wochen führten hierzulande Schnee und Eis zu ungewohnten winterlichen Verhältnissen auf den Straßen. Viele Autofahrer verzichteten auf ihr Auto. Für die WRC-Piloten sind Schnee und Eis dagegen das Salz in der Suppe. Mit der Rallye Monte-Carlo und der an diesem Wochenende stattfindenden Rallye Schweden stehen sogar zwei sogenannte Winter-Rallyes im WM-Kalender – wobei diese Bezeichnung auf das Rennen in Monaco zuletzt nicht immer zutraf. Unter anderem aufgrund geänderter Streckenführungen sind dort winterliche Straßen zur Ausnahme geworden.
Anders sieht die Situation in Schweden aus: So sorgten Schneemangel oder zu mildes Wetter und eine damit verbundene Schmelze bereits für Absagen. Die Veranstalter zogen daher vor zwei Jahren in die weiter nördlich gelegene Västerbotten-Gegend (die aktuelle Schneehöhe liegt bei etwa einem halben Meter) mit dem neuen Rallye-Zentrum Umea um. Doch trotz Schnee und Eis gehört der zweite Saisonlauf zu einem der schnellsten Rennen im diesjährigen Kalender.
Grund hierfür sind einerseits die extrem leistungsstarken und Vierrad-getriebenen Rally1-Autos. Auf der anderen Seite sorgt der nur bei dieser Rallye erlaubte Spike-Reifentyp auf Eis für einen außergewöhnlichen Grip. Im direkten Vergleich zu einem herkömmlichen Rad erscheint diese besondere Rallye-Version eher schmal. Die 15-Zoll-Reifen sind 205 Millimeter breit und verfügen über 384 Wolfram-Spitzen, welche jeweils sieben Millimeter aus den Profilblöcken herausragen.
Das Fahren damit will ebenfalls gelernt sein. „Mit Spike-Reifen zu fahren, ist ein besonderes Gefühl“, erklärt Rennfahrer Grégoire Munster. „Bei der ersten Lenkbewegung hat man wenig Grip, weil der Spike noch nicht im Schnee greift. Wird der Reifen dann aber belastet, verfügt man über wesentlich mehr Halt als beispielsweise auf Schotter. Dieses Fahrgefühl muss man lernen und ausprobieren. Deshalb haben wir vor Ort Testfahrten, damit ich mich auf die Bedingungen einstellen kann.“
Immer an der Wand entlang
Komplettes Neuland betritt der luxemburgische Rally1-Pilot (Ford Puma) dennoch nicht. Im Vorjahr trat er bereits in Schweden an und lernte, wenn auch nur in einem leistungsschwächeren Ford Fiesta WRC3, eine weitere schwedische Besonderheit kennen: das Miteinbeziehen der Schneewände links und rechts der Strecke zum Meistern verschiedener Kurven. „In der Tat gehört das dazu. Diese Schneewände können sehr nützlich sein, aber auch tückisch. Es hängt nämlich von den Außentemperaturen ab, wie weich oder fest eine solche Schneewand ist“, erläutert der 25Jährige.
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt können die Wände weich sein. Kommt man ihnen zu nahe, riskiert man, regelrecht hineingezogen zu werden. „Man kann darin hängen bleiben und dann heißt es: Schaufeln, um wieder freizukommen“, meint Munster, den die Fans im Vorjahr aus dem Schnee ausbuddeln mussten. „Sind die Wände allerdings hart gefroren, kann man sich daran anlehnen, um schneller durch die Kurve zu kommen. Allerdings muss man aufpassen, dass man keine wichtigen Karosserieteile beschädigt. Die Autos verfügen über eine besondere Aerodynamik und man hätte in anderen Passagen dann Nachteile.“
Von großer Bedeutung, zumindest auf der ersten Etappe am Freitag (ab 8.40 Uhr), wird auch die Start-Reihenfolge sein. Als erster WM-Leader der Saison und demnach erstes Auto am Start muss
der belgische Hyundai-Pilot Thierry Neuville die Strecke für die nachfolgenden Wagen regelrecht freiräumen. „Da ich Letzter bin, gehe ich auch als Letzter (der Rally1-Autos, Anm. d. Red.) auf die Strecke und habe dadurch eine gute Position“, erklärt Munster.
Für Neuville werde es hingegen schwierig. „Man kann es sich als Außenstehender, der nur den Schnee sieht, überhaupt nicht vorstellen, wie kompliziert das ist. Wenn mehr Autos darübergefahren sind, entsteht eine Spur. Das ist so, als ob man auf Schienen fahren würde. Man hat wesentlich mehr Traktion und kann viel schneller fahren. Kommt dann aber Neuschnee hinzu, ändern sich die Bedingungen erneut“, erläutert der M-Sport-Pilot.