Überprüfung des UN-Palästinenserhilfswerks startet
Einige Angestellte der UN sollen den Terror der Hamas in Israel unterstützt haben. Die Untersuchung könnte für Millionen Menschen Folgen haben
Es war ein Tag Ende Januar, den Philippe Lazzarini wohl nie vergessen wird. Der Chef des UN-Palästinenserhilfswerks, das mehr als 30.000 Mitarbeiter beschäftigt, war zu einem seiner regelmäßigen Gespräche im israelischen Außenministerium in Jerusalem geladen. Doch das Treffen ähnelte keinem der vorherigen: Lazzarini wurde mit zwölf Namen konfrontiert. Namen seiner Mitarbeiter. Angestellte der Vereinten Nationen, der Neutralität verpflichtet, die an dem Hamas-Terrorangriff vom 7. Oktober mit mehr als 1.200 Todesopfern beteiligt gewesen sein sollen. Gestern startete nun eine möglicherweise folgenreiche Überprüfung der Organisation.
Dem Vernehmen nach präsentierte die israelische Regierung zwar weder Bilder noch Videos, dafür aber Geodaten von Mobiltelefonen. Die unerhörten Vorwürfe hielten einer ersten Prüfung durch die UN stand, Lazzarini flog nach New York, um UN-Generalsekretär António Guterres persönlich von der schwersten je erhobenen Beschuldigung gegen UNRWA zu informieren. Guterres stufte diese als „glaubwürdig“ein, feuerte die Verdächtigen – sofern noch am Leben – und kündigte umfassende Aufklärung an. Er weiß: Mit UNRWA steht und fällt die lebenswichtige Hilfe für etwa zwei Millionen Notleidende im Gazastreifen.
Hamas-Tunnel unter Hauptquartier
Auch mehr als ein Dutzend der größten Geldgeber reagieren auf den Skandal: Unter anderem die USA und Deutschland frieren ihre Zahlungen ein; etwa die Hälfte des Budgets droht wegzubrechen. Im Moment reicht das Geld nur noch für wenige Wochen. Umso mehr Gewicht bekommt eine bereits vorab angekündigte unabhängige Prüfung der UNRWA-Strukturen: Seit Mittwoch soll die französische Ex-Außenministerin Catherine Colonna mit strengem Blick urteilen, ob das Hilfswerk genug gegen Extremismus in den eigenen Reihen tut und ob es Veränderungen braucht. Ein Zwischenbericht wird für Ende März erwartet.
Von israelischer Seite gab es noch weitere Vorwürfe gegen UNRWA. Vom Militär hieß es etwa vergangene Woche, man habe einen Hamas-Tunnel unter dem Hauptquartier der Organisation in der Stadt Gaza entdeckt, der der Hamas als Datenzentrale für den militärischen Geheimdienst der Miliz gedient haben soll. Unabhängig konnten die Angaben nicht überprüft werden. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verlangt die Auflösung des Hilfswerks: „UNRWA ist völlig von der Hamas unterwandert“, sagte er zuletzt. Die Organisation habe grundsätzlich Schlagseite, antisemitische Ideologie werde unter anderem durch UNRWA-Schulbücher gelehrt. So weit gehen internationale Regierungen nicht, doch die Botschaft ist klar: Es muss etwas passieren.
UNRWA kümmert sich bereits seit Jahrzehnten speziell um die Belange palästinensischer Flüchtlinge. Rund 700.000 Palästinenser mussten 1948 im Zuge der israelischen Staatsgründung sowie des ersten Nahostkriegs 1948 fliehen oder wurden vertrieben. Heute können fast sechs Millionen Palästinenser UNRWA-Hilfe in Anspruch nehmen, etwa Bildungs- und Gesundheitsangebote.
Überprüfung schwierig
Trotz der beispiellosen Vorwürfe gegen UNRWA sieht Experte Daniel Forti von der Denkfabrik Crisis Group keine Fahrlässigkeit: „Ich glaube nicht, dass UNRWA oder die UN irgendeinen der Vorwürfe ignoriert haben, die Israel in der Vergangenheit erhoben hat“, sagte er. Es würde seit Jahren mit einer Reihe von Maßnahmen versucht, Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter zu verhindern. Zu diesen gehöre auch, dass UNRWA die Liste mit Namen aller seiner Mitarbeitenden jährlich zur Prüfung durch die Geheimdienste nach Israel schickt, erzählt eine langjährige Mitarbeiterin des Hilfswerks. Israel habe damit ein indirektes Mitspracherecht beim Personal.
Experte Forti mahnt auch dazu, bei der Einschätzung UNRWAs realistisch zu bleiben: Aufgrund „der starken Verwurzelung