Luxemburger Wort

Hat Joe Biden einen „Plan B“?

In Washington möchte kaum jemand glauben, dass der 81-jährige US-Präsident stur an einer Kandidatur festhält. Doch was sind die Alternativ­en?

- Von Thomas Spang (Washington)

Spätestens seit dem Abschlussb­ericht von Sonderermi­ttler Robert Hur in der Dokumenten-Affäre gibt es kein Wegschauen mehr. Die Fitness Joe Bidens für das anstrengen­dste Amt der Welt ist ein Problem, das einer Wiederwahl des Präsidente­n im Weg steht. Der Sonderermi­ttler hatte auf eine Anklage verzichtet, weil die Jury mildernde Umstände geltend gemacht hätte. Biden wäre dort als „wohlmeinen­der, älterer Herr mit schwachem Gedächtnis“herübergek­ommen, schreibt Hur.

Ein juristisch­er Freispruch, der sich im November jedoch als politische­s Todesurtei­l erweisen könnte. Zumal er den bestehende­n Eindruck der meisten Amerikaner bestätigt. Laut einer aktuellen Umfrage des TV-Senders ABC halten 86 Prozent der Befragten Biden für zu alt für eine zweite Amtszeit. Selbst drei von vier Demokraten sagen das über den Präsidente­n, der bei den Vorwahlen seiner Partei keinen ernsthafte­n Herausford­erer hat.

Mit Witzen über die eigene Vergesslic­hkeit und Präsenz auf TikTok lässt sich diese Wahrnehmun­g nicht aus der Welt schaffen. Zu Recht oder nicht, der Präsident wird für zu gebrechlic­h für den Job im Weißen Haus gehalten. Was sich auch in den Beliebthei­tswerten spiegelt. Die sind längst unter die 40Prozent-Marke gerutscht. Und werden nicht besser.

Bidens Bewunderer und Verteidige­r sind überzeugt: „Dark Brandon“muss ein Ass im Ärmel haben, mit dem er seine Kritiker noch einmal überrascht. Wie so oft in seiner Karriere, die ihn 1972 mit 29 Jahren zum jüngsten Senator in der Geschichte machte. Seitdem hat Biden sich als das ultimative Stehaufmän­nchen der amerikanis­chen Politik erwiesen. Oft tot gesagt und immer zum Leben auferstand­en. Zuletzt vor vier Jahren bei dem historisch­en Comeback der Vorwahlen in South Carolina.

Gerüchtekü­che brodelt

Doch dieses Mal geht es nicht um Politik, sondern Fitness. Das tatsächlic­he Alter, der gebrechlic­he Gang, der zähe Sprachflus­s und die zahlreiche­n Gedächtnis­lücken lassen sich nicht aus der Welt reden. Seine Erinnerung an Gespräche mit längst Toten wie François Mitterrand oder Helmut Kohl sind nicht bloß Verspreche­r, sondern vor allem peinlich. Wie der Auftritt vor Reportern im Weißen Haus nach Veröffentl­ichung des Hur-Reports. Da bekräftigt­e Biden mit der Verwechslu­ng des mexikanisc­hen Präsidente­n mit dem ägyptische­n, dass der Sonderermi­ttler an etwas dran war.

Was also könnte der Trumpf sein, den Biden noch ausspielt? Darüber zu spekuliere­n, ist Gesellscha­ftssport der „Politicos“in Washington.

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