„Der Zustand des Îlot gastronomique ist keine Werbung für das Land“
Der Hotelier Carlo Cravat erklärt, warum die Gemeinde das Areal kaufen soll und er den Mietpreis für sein Lokal senken würde
Carlo Cravat ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Der 59-Jährige führt das Familienhotel mit demselben Namen am hauptstädtischen Boulevard Roosevelt in vierter Generation. Cravat macht sich im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“Sorgen um die Attraktivität der Stadt Luxemburg. Außerdem spricht der Hotelier über das frei stehende Lokal im Erdgeschoss des Hotels und über die Renovierung der Place de la Constitution.
Carlo Cravat, das Lokal, in dem Sie bis 2015 selbst ein Restaurant betrieben haben und zuletzt an dean&david vermietet hatten, steht seit Sommer vergangenen Jahres leer. Haben Sie mittlerweile einen neuen Mieter gefunden?
Es gibt einige Interessenten. Das Geld ist noch da, aber die große Frage ist: Woher das geeignete Personal nehmen? Und wie geht es mit der Attraktivität der Hauptstadt weiter? Ich empfehle den Interessenten, erst ein Konzept zu erarbeiten, dann das Geld aufzutreiben und das Personal zu suchen. Im Anschluss kann man Nägel mit Köpfen machen.
Sind Sie bereit, den Mietpreis zu senken, falls Sie keinen neuen Mieter finden?
Ja, ich würde lieber den Preis senken und dafür etwas Gutes haben, ein richtiges Restaurant mit gutem Service und richtigen Tischdecken, als mehr Geld für das Restaurant zu bekommen. Ich möchte auch, dass die Hotelgäste vom Restaurant profitieren können.
Würden Sie einen Mieter nehmen, der an diesem Standort ein Fast-Food-Restaurant eröffnen will?
Nein. Nach der Erfahrung mit dean&david habe ich davon genug. Das war ein schlechtes Management. Dann lasse ich das Lokal lieber leer stehen. Ich will, dass das Personal glücklich an seinem Arbeitsplatz und nett mit dem Kunden ist.
Wären Sie eventuell auch bereit, das Restaurant wieder selbst zu führen, wie dies bis 2015 an diesem Standort der Fall war?
Eigentlich nicht. Vielleicht zusammen mit meinem Sohn, der das Hotel einmal übernehmen soll. Oder mit dem richtigen Pächter. Früher war im ersten Geschoss ein weiteres Restaurant. Vielleicht könnte man das wiederbeleben. Aber wir müssen erst einmal schauen, ob es dafür noch Bedarf gibt. Ich frage mich, ob die Kultur des geselligen Beisammenseins noch zeitgemäß ist.
In der Oberstadt stehen zahlreiche Lokale leer, so etwa auch im Îlot gastronomique. Wie könnte dieses Problem behoben werden?
Ich würde lieber den Preis senken und dafür etwas Gutes haben, als mehr Geld für das Restaurant zu bekommen. Carlo Cravat, Direktor Hotel Cravat
Der Zustand des Îlot ist keine Werbung für das Land. Ich könnte mir vorstellen, dass die Stadt Luxemburg das Gelände aufkauft und saniert. Ich verstehe, dass die Eigentümerfamilie nicht alles selbst tragen will. Das Îlot war in der Stadt und im ganzen Land bekannt. Ich frage mich, warum das Konzept nicht funktioniert. Das muss man herausfinden. Die Stadt Luxemburg könnte nach der Renovierung als Miteigentümer auftreten und jungen Gastronomen ermöglichen, hier ihr erstes Restaurant zu eröffnen. Oder die Stadt Luxemburg tritt als Co-Betreiber neben den Gastronomen auf.
Wäre dies nicht unlauterer Wettbewerb gegenüber anderen Gastronomen?
Da haben Sie recht. Aber wenn wir damit jungen Gastronomen in den Sattel helfen, wäre das ein großer Schritt. Die Unterstützung könnte für eine gewisse Zeit laufen und dann müsste eine andere Miete verlangt werden.
Gegenüber Ihrem Hotel wird die Place de la Constituion bald runderneuert. Was halten Sie davon?
Als ich hörte, dass es dort Foodtrucks geben soll, war ich überrascht. Was ist mit den Kollegen am Boulevard Roosevelt und ihren schönen Terrassen? Denen gegenüber ist das ein unlauterer Wettbewerb. Man muss sich überlegen, was man auf die Beine stellt. Die Stadt Luxemburg meint es
gut, aber man muss mit den Leuten reden. Ich bin damit einverstanden, dass dort keine Autos mehr parken. Aber was ist, wenn ein Lieferwagen einer Firma zu mir kommt? Der darf nicht in der Lieferzone parken und passt mit seiner Größe nicht ins Parkhaus. Das geht nicht.
Ist die Hauptstadt noch attraktiv?
Wenn Freunde aus dem Ausland zu Besuch sind, zeige ich ihnen die Hauptstadt. Wir gehen dann nicht in verschiedene Viertel, aber das ist in jeder großen Stadt so. Bockfelsen, Altstadt, Groussgaass, Tram, ein paar gute Restaurants – so sieht das Programm aus. Dann sagen sie: „Es war teuer, aber gut.“Aber ich sehe ein Problem in der Gastronomie. In etwa fünf Jahren werden einige bekannte Gastronomen im Zentrum in Rente gehen, und es gibt keine Nachfolger. Das wird dann ein Problem für die Hotels im Zentrum.
Zur Person
Die Urgroßeltern von Carlo Cravat gründeten das Grand Hotel Cravat zur Rue Notre Dame hin 1895: Sechs Zimmer und ein Restaurant. 1932 wurde ein neuer Teil errichtet. 1939 hatte das Hotel etwa 20 Zimmer. Der Teil zum Boulevard Roosevelt wurde 1953 hinzugekauft, 1964 folgte der Teil, in dem sich heute die Rezeption befindet. Aktuell hat das Hotel 57 Zimmer. Carlo Cravat arbeitet seit 1989 im Hotel, seit 25 Jahren leitet er dieses. Der 59-Jährige besuchte nach der École de commerce et de gestion in Merl die Hotelfachschule in Lausanne. Sein Sohn, das jüngste von drei Kindern, soll in einigen Jahren die Führungsrolle im Hotel übernehmen.