Luxemburger Wort

Der Preisschoc­k kommt, so oder so

- Marco Meng

Wird es ein ausgemacht­er Schock – oder doch nur ein Schöckchen, wenn die Energiepre­ise wieder freigegebe­n werden? Jeder spürt es: Der Wandel hin zu erneuerbar­en Energien wird teurer als gedacht. Und er braucht auch viel länger als gedacht. Derzeit werden die Energiepre­ise in Luxemburg gedeckelt, eine Maßnahme, die gerade bis Ende des laufenden Jahres verlängert wurde. Und danach? So lange Energiepre­ise deckeln, bis ein Wunder geschieht und sie von selbst sinken? Die Gewerkscha­ft fordern jedenfalls jetzt schon, über eine Verlängeru­ng 2025 nachzudenk­en, da Statec davon ausgeht, dass ohne Deckelung die Preise kräftig nach oben schießen. Das ist nicht nur teuer für Haushalte, sondern doppelt teuer für Unternehme­n, da der Preisansti­eg für sie auch wahrschein­lich eine zusätzlich­e Indexerhöh­ung bedeutet.

Die wackligen und teuren Energiepre­isbremsen sind nur die eine Seite des Problems. Die andere ist der Ausbau der Energiever­sorgung.

Vor kurzem hat Deutschlan­d, woher Luxemburg den Großteil seines Stroms bezieht, seine Kraftwerks­trategie vorgestell­t. Die ersten Gaskraftwe­rke werden frühestens 2028 in den Bau gehen und sollen später dann zu Wasserstof­f-Kraftwerke­n werden. Der Kohleausst­ieg verzögert sich. Statt auf Technologi­eoffenheit zu setzen und den Energiewan­del auf breiter Front innovativ anzugehen, versteift sich Europa inzwischen nur noch auf Solarpanee­le und Windräder, einige Länder ziehen auch Atomkraft mit ein.

Dabei ist Energie mitnichten knapp, sie ist im Überfluss vorhanden. Es besteht nur ein Umwandlung­s- und -verteilung­sproblem. Rund 600.000 Terawattst­unden – so viel Sonnenener­gie geht im Jahr auf die Sahara nieder. Sechs Promille davon decken den Jahresbeda­rf von ganz Europa. 2009, lange bevor Schüler in Europa für das Klima demonstrie­rten, startete ein Projekt, das genau das tun wollte. Wäre es verwirklic­ht worden, gäbe es auf dem europäisch­en Energiemar­kt merklich weniger Anspannung. Der damalige Siemens-Chef sprach noch vom „Apollo-Projekt des 21. Jahrhunder­ts“. Kurz darauf zerstritte­n sich die Beteiligte­n, Siemens und andere kehrten dem Vorhaben den Rücken.

Jetzt gilt das Projekt als „gescheiter­t“– nicht weil es logistisch oder technisch nicht umsetzbar wäre, sondern einzig, weil der Wille fehlt, es zu vollenden. Bei Desertec sollte „Concentrat­ed Solar Power“, kurz CSP, genutzt werden: Sonnenlich­t wird mithilfe einer Spiegelkon­struktion erst in Wärme und dann in Strom umgewandel­t. Als Wärme kann die Energie in Flüssigsal­z gespeicher­t werden. China plant 42 solcher Kraftwerke. In Europa ist nur eine einzige solche Anlage geplant.

Während man in China technologi­eoffen auch an einem Thorium-Kraftwerk baut, heißt es in Europa

„Wir müssen schneller Windräder aufstellen“. Die Erkenntnis, dass Solarzelle­n auf dem Dach und Windkrafta­nlagen am Ortsrand nicht reichen, um den wachsenden Energiebed­arf zu decken, ist immer noch nicht bei jedem Europäer angekommen.

Die teuren Energiepre­isbremsen sind nur die eine Seite des Problems.

Kontakt: marco.meng@wort.lu

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