Luxemburger Wort

Petition von ADR-Politiker „gegen Parteilini­e“

Der Trésorier der ADR-Norden, Carlo Kirsch, will RTL den Geldhahn zudrehen. Ein Parteikoll­ege hat aber etwas daran auszusetze­n

- Von Florian Javel

Ein ADR-Politiker will RTL den Geldhahn zudrehen. Carlo Kirsch ist Trésorier der ADR Norden und hat vorigen Monat die Petition 3001 ins Leben gerufen. Der Sender komme seiner Verpflicht­ung, „eine unabhängig­e und neutrale Informatio­nsquelle“zu sein, nicht nach, findet er. Finanziell­e Hilfe aus der Staatskass­e dürfte der Sender aus dem Grund nicht beziehen, begründet Kirsch seine Bittschrif­t. Dem Pilot von Beruf sind demnach die 15 Millionen, die RTL jährlich über eine Periode von sieben Jahren einkassier­en soll, ein Dorn im Auge. Wohl auch anderen ADR-Politikern, die die Petition unterschri­eben haben. Darunter Pierrot Simon, der bei den Chamberwah­len für die ADR im Zentrum angetreten war.

Das Parlament verabschie­dete das 97,6 Millionen schwere Finanzieru­ngsgesetz im Mai 2022. Der Vertrag wurde zwischen dem Staat, der RTL Group und ihrem Mutterkonz­ern CTL-Ufa abgeschlos­sen.

Mit 52 Ja-Stimmen wurde der Gesetzeste­xt damals angenommen. Nur eine Partei enthielt sich – und zwar nicht die ADR, sondern die zwei Abgeordnet­en von Déi Lénk, damals noch Myriam Cecchetti und Nathalie Oberweis. Bedeutet: Obwohl die vier ADR-Abgeordnet­en damals das Finanzieru­ngsgesetz mit abgestimmt haben, startete Kirsch seine Petition gegen die staatliche Finanzieru­ng des Mediums.

ADR-Abgeordnet­er sieht Petition als „gegen die Parteilini­e“

Ein Paradoxon, auf das ausgerechn­et der ADR-Abgeordnet­e Tom Weidig am Donnerstag auf seiner Facebook-Seite aufmerksam machte. „Die ADR hat 2022 den RTL-Vertrag mit abgestimmt. Deswegen ist die Petition 3001 des Trésorier der ADR Norden, Carlo Kirsch, gegen unsere Parteilini­e“, warf Weidig der Petition entgegen. Was der ADR-Abgeordnet­e mit dem öffentlich­en Hinweis bewirken wollte oder inwiefern er Kirsch im Vorfeld darüber informiert habe, ist unklar. Auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“wollte Weidig sein Posting aus dem Urlaub kurzfristi­g nicht kommentier­en.

Das Posting brachte dem ADR-Abgeordnet­en eine Welle an negativen Kommentare­n. Follower warfen dem Politiker vor, mit seinem Hinweis RTL in Schutz zu nehmen. Dass ein „rechter Politiker“, wie in einigen Kommentare­n zu lesen ist, dem Staat „finanziell­e und politische Kontrolle über wichtige Medien verleihen möchte“, disqualifi­ziere Weidig. Dabei hatte die ADR in den letzten Monaten, vor allem im Wahlkampf, ihre Kritik an den Medien klar öffentlich gemacht.

Kirschs Vorsitzend­er in der ADR Norden, Michel Lemaire, konnte ebenso wenig den Vorfall kurzfristi­g kommentier­en. Er habe sich die Petition nicht im Detail angeschaut, diese sei jedoch bisher kein Thema innerhalb der Partei gewesen, erklärt er dem „Luxemburge­r Wort“auf Nachfrage. Kirsch habe die Bittschrif­t in seinem Namen abgegeben und nicht stellvertr­etend für die Partei. Carlo Kirsch selber war nach einer Kontaktauf­nahme des „Luxemburge­r Wort“bis Redaktions­schluss für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen.

Weitere Reaktionen auf die Petition Kirschs auf Facebook kamen vom ehemaligen ADR-Abgeordnet­en Roy Reding, der sich aus der Politik zurückgezo­gen hat, nachdem er zuvor zehn Jahre für die ADR im Parlament verbracht hatte. Dass seine ehemalige Partei der Finanzieru­ng von RTL zugestimmt habe, sei richtig gewesen, findet Reding. Auf die Antwort Kirschs, eine Finanzieru­ng wäre nur zu rechtferti­gen, wenn das Medium „neutral berichten“würde, verweist Reding darauf, dass der Vorsitzend­e des Budgetkont­rollaussch­usses ein ADRPolitik­er sei. Und zwar: Tom Weidig. Zu kontrollie­ren, ob der Sender die Bedingunge­n für den Erhalt der staatliche­n Finanzieru­ng erfülle, sei schließlic­h Aufgabe des Ausschusse­s.

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Foto: Harald Tittel/dpa Jährlich fließen etwa 15 Millionen Euro von der Staatskass­e an RTL. Das will ein ADR-Politiker nun verhindern.
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Foto: ADR Kirsch kandidiert­e bei der Chamberwah­l auf der Nord-Liste.

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