Luxemburger Wort

Cenaro-Affäre: Wie es um die Entschädig­ung der Käufer steht

Die Justiz untersucht die Aktivitäte­n des insolvente­n Immobilien­unternehme­ns. 45 Prozent der Ansprüche sind noch nicht restlos geklärt

- Von Charles Michel

„Es ist ein ziemlich komplexer Fall...“Wenn es um die Cenaro-Pleite geht – das Unternehme­n trudelte Ende 2022 in finanziell­e Schwierigk­eiten – fällt immer wieder dieser Satz.

Die Geschichte handelt von einer Immobilien­gruppe, die im August 2018 von Christophe Chevallier gegründet wurde und zu der im Oktober 2019 Arnaud Emmenecker, der zu diesem Zeitpunkt in Dubai wohnte, stieß. Cenaro bot Dienstleis­tungen an, die von der Immobilien­vermittlun­g über die Planung von Wohnungen bis hin zu deren Verkauf reichten. Das Unternehme­n war wegen der enorm gestiegene­n Zinskosten für die aufgenomme­nen Schulden in Schwierigk­eiten geraten.

Nachdem die Gruppe am 26. Januar 2023 Insolvenz angemeldet hatte, wurde eine gerichtlic­he Untersuchu­ng wegen des Verdachts auf Betrug, Unterschla­gung und Geldwäsche eingeleite­t. Der Geschäftsf­ührer Christophe Chevallier wurde im November aus der Haft entlassen und befindet sich seitdem unter gerichtlic­her Aufsicht.

Laut der luxemburgi­schen Ermittlung­sseite lebten die Geschäftsf­ührer zwischen November 2020 und Januar 2023 auf großem Fuß. Arnaud Emmenecker soll rund 540.000 Euro an privaten Ausgaben gehabt haben. Einige geschädigt­e Käufer würden sagen, dass dies die Hälfte des Preises für eine der leerstehen­den Wohnungen ist. Wie viele sind es überhaupt? Und wie steht es um die Entschädig­ungsforder­ungen der Cenaro-Kunden?

Bei EuroCautio­n, einem Versicheru­ngsmakler, der nach Angaben der Wettbewerb­sbehörde einen Marktantei­l von 80 Prozent im Immobilien­bereich hat, gibt man sich beruhigt. Im Fall Cenaro war EuroCautio­n der Vermittler zwischen Cenaro S.A. und der Versicheru­ngsgesells­chaft Stonefort. Mit Datum vom 8. Februar 2024 erklärt Alessandro Rizzo, CEO von EuroCautio­n, dass „170 Fertigstel­lungsgaran­tien ausgestell­t wurden“. Diese Angabe ist von der Zahl der „Opfer“zu unterschei­den, die auf „etwas mehr als 100 Familien“geschätzt wird.

Konkret bedeutet dies, dass „170 Verkäufe von im Bau befindlich­en Objekten (VEFA) von uns garantiert wurden“, und weitere „Verkäufe, die von anderen Akteuren garantiert wurden“. Alessandro Rizzo weiter: „Von diesen 170 Verkäufen ist der Großteil der Fälle abgeschlos­sen, das heißt 55 Prozent der Fälle“, und fügte hinzu: „In zwei Wochen, wenn man die erforderli­che technische Zeit berücksich­tigt, werden wir bei 80 Prozent sein...“

Wie sieht es mit den anderen Fällen aus? „Einige Fälle erfordern eine Änderungsg­enehmigung, bei anderen laufen Verhandlun­gen mit den Käufern und zwei Fälle betreffen Gebäude, bei denen derzeit weder die Fertigstel­lung noch die Rückzahlun­g möglich ist“, erklärt Euro-Kaution. Der Grund? „Das ist vertraulic­h...“

Weigerung, die Fertigstel­lungsgaran­tie zu erfüllen

Im Rahmen des Projekts „Cenaro Woods“in Wiltz verklagten dreizehn Miteigentü­mer, die von Rechtsanwa­lt François Reinard vertreten werden, den Garantiege­ber wegen „Weigerung, die Fertigstel­lungsgaran­tie zu erfüllen“. Für Alessandro Rizzo ist „diese Behauptung falsch und unpräzise“. Als Beweis führt er Artikel 4 der Großherzog­lichen Verordnung vom 24. Februar 1977 an, die in Ausführung von Artikel 16015 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s erlassen wurde. Erstens versichert der Gesetzeste­xt, dass „die Fertigstel­lungsgaran­tie von Amts wegen in eine Rückzahlun­gsgarantie umgewandel­t wird, wenn die Durchführu­ng des Projekts materiell oder rechtlich unmöglich ist“.

Darüber hinaus sieht der Text eine weitere Option vor. „Der Verkäufer oder der Garant haben die Möglichkei­t, während der

Die Anschuldig­ung gegen Stonefort Insurance ist schlichtwe­g eine Falschbeha­uptung. Alessandro Rizzo, CEO von EuroCautio­n

Erfüllung des Kaufvertra­gs die Fertigstel­lungsgaran­tie (...) durch die Rückzahlun­gsgarantie zu ersetzen oder umgekehrt, vorausgese­tzt, diese Möglichkei­t wurde im Kaufvertra­g vorgesehen“.

War dies der Fall? „Ja, und bis jetzt haben wir keinen Vertrag gesehen, in dem diese Option nicht vorgesehen war. Alle Verkäufer (Bauträger) lassen sie einbauen. Manchmal bezahlen Käufer ihre VEFA nicht mehr und statt eines langen Verfahrens zieht es der Bauträger vor, ihnen ihr Geld zurückzuza­hlen...“Daher, so Alessandro Rizzo, „handelt es sich bei dieser Anschuldig­ung gegen Stonefort Insurance einfach um eine Falschbeha­uptung“.

Die Fertigstel­lungsgaran­tie macht den Bürgen nicht zum neuen Bauherrn. So beschränkt sich seine Haftung auf die Finanzieru­ng der möglichen Mehrkosten für die auszuführe­nden Arbeiten. „Nehmen wir an, dass die Kosten der Arbeiten auf 300.000 Euro geschätzt wurden und sich am Ende auf 400.000 Euro belaufen, dann übernimmt der Garant die 100.000 Euro Differenz ...“.

Am 8. Februar wies Rechtsanwa­lt Reinard in L’essentiel darauf hin, dass beim Projekt „Cenaro Woods“in Wiltz der Anteil des Grundstück­s 52 Prozent des Gesamtprei­ses ausmachte, „wo das Gesetz zehn Prozent vorsieht“. „Außer, wie im Gesetz vom 28. Dezember 1976 vorgesehen“, so Alessandro Rizzo, „wenn der Verkäufer einen höheren Selbstkost­enpreis oder einen höheren Realisieru­ngswert nachweist.“

Haben geschädigt­e Käufer auf die Garantie verzichtet? „Ja, aber das sind weniger als 0,5 Prozent“, erklärt der Geschäftsf­ührer und fügt hinzu, dass „weder EuroCautio­n noch Stonefort diesen Käufern angeboten haben, auf ihre Rechte zu verzichten“. Ein solcher Schritt wäre „zu riskant für die Begünstigt­en“. Die Gründe für den Verzicht? „Die Zeit, die für die Erstellung der Gutachten und die Wiederaufn­ahme der Arbeiten benötigt wird.“

Derzeit werden viele Baustellen weiterhin von Käufern betreut, die über Nacht zu Bauherren geworden sind. Inzwischen ermittelt die Justiz, um Licht in die Machenscha­ften der Gründer der Cenaro S.A. zu bringen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Virgule.lu

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Foto: Cenaro/HT Immobilier Das Projekt „Cenaro Woods“in Wiltz sah eine Siedlung mit vier Häusern und sechs Residenzen mit jeweils drei Wohnungen vor.
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Foto: Chris Karaba Die nicht fertig gebauten Wohnungen und Häuser von Cenaro waren mit einer Fertigstel­lungsgaran­tie versichert.

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