„Der neue Modus macht die Liga sehr interessant“
Paul Wilwerding ist der dienstälteste Trainer in der höchsten Spielklasse. Im Interview spricht er über Chancen und Probleme im Frauenfußball
Nicht viele kennen Luxemburgs Frauenfußball so gut wie er. Paul Wilwerding ist der mit Abstand dienstälteste Trainer der ersten Liga. Seit 2007 ist der heute 44-Jährige beim SC Ell Coach der Frauenmannschaft. Er führte den Dorfverein 2014 zum Meistertitel. In der aktuellen Saison gibt es auch für ihn Neues, denn die Liga wurde reformiert. An diesem Wochenende startet die höchste Spielklasse in ihre entscheidende Phase. Im Interview spricht Wilwerding über Chancen und Herausforderungen.
Teams wäre die Meisterschaft ohne Playoff-Runde zu kurz gewesen. Der neue Modus macht die Liga sehr interessant. Auch für eine Mannschaft wie Ell, die zu viel Rückstand hat, um noch Meister werden zu können, gibt es Ziele. Wir möchten ins Titel-Play-off kommen. Das Format hält also die Spannung länger aufrecht.
Noch stehen sechs Spieltage der regulären Saison auf dem Programm. Ihre Mannschaft belegt Platz vier. Schafft sie es in die Titelgruppe?
Das ist nach der Winterpause schwer abzuschätzen. Die Vorbereitung war problematisch, weil wir sehr viele Absagen von Testspielgegnern erhielten. Ich denke, dass wir es in die Titelgruppe schaffen
Zur Person
Paul Wilwerding, geboren am 20. Februar 1979, ist dem SC Ell seit seiner Jugend verbunden. Er war dort selbst Spieler. Größter Erfolg war der Einzug ins Pokal-Viertelfinale 2005. Seit 2007 ist er Trainer von Ells Frauenmannschaft. Diese wurde Meister (2014), Pokalsieger (2012) und Hallen-Champion (2023). Wilwerding führte das Jeunes-FillesTeam zu sieben Meistertiteln hintereinander und die Cadettes zum Gewinn des Meisterschaft 2019. Er ist Sekretär und sportlicher Koordinator des Vereins. können. Wahrscheinlich wird das Heimspiel Anfang März gegen die Entente Wormeldingen, die im Moment auf Platz fünf steht, entscheidend sein.
Ell spielt demnächst auch gegen Hesperingen und Racing. Diese Clubs gelten als überlegen, weil sie wohl finanziell mehr Möglichkeiten als der Rest der Liga haben. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Clubs wie Racing und Hesperingen heben das Level der Liga. Denn auch die anderen Vereine müssen sich besser aufstellen, um gegen solche Mannschaften bestehen zu können. Da Ell wie die meisten anderen Clubs nicht die finanziellen Möglichkeiten wie Racing und Hesperingen hat, versuchen wir das mit Spielerinnen, die wir ausgebildet haben, und ein paar Verstärkungen von außen. Wir haben sehr gute Spielerinnen, die nicht auf die finanziellen Anreize eingehen, die ihnen von anderen Vereinen geboten wurden.
Ell wurde 2014 mit bescheidenen Mitteln Meister. Wäre so eine Erfolgsgeschichte heute noch möglich?
Das wäre schwierig, obwohl in Ell heute insgesamt besser Fußball gespielt wird als 2014. In der damaligen Mannschaft herrschte – wie auch in der heutigen – großer Teamgeist. Wir hatten sehr starke Spielerinnen wie Sarah Cardinali, Logane Wegnez, Joyce Zinelli, Jill de Bruyn, Torfrau
Tania Kartheiser und die später leider verletzte Manon Muller. Und wir gewannen die wichtigen Spiele, auch durch Kampf. Es hat einfach alles gepasst.
Heute ist es schwieriger, weil andere Mannschaften finanziell dazu in der Lage sind, ihre Kader breiter aufzustellen. Wir können manchmal mithalten. Wir haben etwa im Pokal gegen Hesperingen gewonnen. Aber wenn im Laufe der Saison Verletzungen kommen, haben wir ein Problem.
Mittlerweile gibt es in der Champions League auch für Frauenteams interessante Prämien. Racing investiert in eine konkurrenzfähige Mannschaft, um im europäischen Wettbewerb zu bestehen. Das ist eine legitime Strategie, vielleicht auch ein Vorbild?
Dass man als Verein die höchsten Ziele anstrebt, ist in meinen Augen ganz klar legitim. Die Regeln werden auch zunehmend
dahin gehend geändert, dass man mit immer mehr ausländischen Spielerinnen antreten darf. Um das zu tun, braucht es entsprechende finanzielle Mittel. Die Champions League ist sicher ein Anreiz. Zu unserem Verein würde dies aber nicht passen. Wir haben eine andere Philosophie. Wir wollten von Anfang an in die Jugend investieren.
Als ich Frauentrainer wurde, war mir auch die Gründung von Mädchenteams wichtig. Zusammen mit Nicolas Schockmel, dem früheren FLF-Verantwortlichen für Frauenfußball, habe ich mich für die Einführung einer Jeunes-Filles-Liga engagiert. Wir möchten in Ell Mädchen ausbilden und jenen, die das Talent und den Willen haben, eine Chance in der ersten Frauenmannschaft geben. So wie das momentan mit Eigengewächsen wie Lisa Kneip, Soria Sassel, Liane Freymann, Andreia Faria oder Lucie Malvaux der Fall ist.
Luxemburgs Frauenfußball hat in der Öffentlichkeit an Aufmerksamkeit gewonnen, auch weil die FLF ihn seit 2020 deutlich mehr fördert als früher. Hat das den Vereinen geholfen?
Der Frauenfußball ist viel mehr ins Bewusstsein gerückt. Das hat den Vereinen sicher geholfen. Für den SC Ell macht es eher keinen Unterschied, weil wir schon vorher im Frauen- und Mädchenfußball gut aufgestellt waren. Insgesamt sieht man den Aufschwung daran, dass immer mehr Vereine Jeunes-Filles-Mannschaften gegründet haben. Da hat sich etwas bewegt. Das bringt eine breite Basis. Wenn die Ausbildung gut ist, profitiert davon am Ende auch die Spitze der Pyramide, die Nationalmannschaft.