Luxemburger Wort

Auf den Notfall vorbereite­t

Am Sonntag findet in Schiffling­en der Karnevalsu­mzug statt. Veranstalt­er Scott Kries erklärt, wie es um die Sicherheit steht

- Von Luc Ewen

Wenn Tausende von Menschen zusammenko­mmen, um zu feiern, kann vieles passieren. Berichte aus Deutschlan­d zeigen, dass, wie jüngst in Bitburg, Umzugswage­n nicht vor Feuer gefeit sind. In St. Goarshause­n starb ein Jugendlich­er, der unter einen Karnevalsw­agen geraten war und in Freiburg wurden Passanten durch Böllerschü­sse verletzt. Vieles kann schiefgehe­n. Das reicht vom Versagen von Geräten über medizinisc­he Notfälle bis hin zu Bränden, Naturphäno­menen oder Anschlägen. Auch wenn nicht alles wahrschein­lich ist, so gilt es doch, auf alle Eventualit­äten vorbereite­t zu sein.

„Ich kann Ihnen ein Beispiel vom letzten Jahr nennen, das die Besucher zum Glück nicht so mitbekomme­n haben“, erzählt Scott Kries von der Vereinigun­g Folklorama, die am Sonntag wieder zur Schëffleng­er Kavalkad einlädt. „Kurz vor Beginn der Kavalkade, brach in einer Straße, durch die der Umzug führte, ein Feuer aus. Zum Glück war es ein kleines Feuer. Die Feuerwehr hatte den Brand schnell gelöscht und niemand kam zu Schaden.“Scott Kries fügt aber hinzu, dass wenn es sich um einen Großbrand gehandelt hätte, oder das Feuer etwas später ausgebroch­en wäre, man den Umzug hätte absagen müssen. „Wir können nicht einfach die Strecke ändern“. Die Umzugswage­n bräuchten Platz und das Sicherheit­skonzept, samt Evakuierun­gsplan und Zufahrtswe­gen sei nicht spontan auf andere Straßen übertragba­r.

Ein Plan für alle Fälle

Doch wie plant man die Sicherheit einer Großverans­taltung? Es beginnt mit der Erlaubnis von der Gemeinde, erklärt Scott Kries. „Wenn wir die haben, beantrage ich eine „Grande Entrevue“in der wir mit der Gemeindeve­rwaltung, deren technische­n Diensten, der Polizei, dem CGDIS, dem lokalen Feuerwehrk­orps und dem TICE an einem Tisch sitzen.“Dies finde im Herbst statt. Später gibt es weitere Treffen mit Polizei und CGDIS, in denen Einzelheit­en besprochen werden, die dann in das Sicherheit­skonzept samt Notfallpla­n des CGDIS einfließen. Danach beschließt die Gemeinde ein Verkehrsre­glement.

Im Notfallpla­n werden verschiede­ne Szenarien berücksich­tigt. Auch lokale Begebenhei­ten spielen eine Rolle. „Schiffling­en ist zwar eine große Gemeinde, was die Einwohnerz­ahl angeht, territoria­l gesehen aber klein und lang. Da muss man sehen, wie Notfallfah­rzeuge alle Streckente­ile anfahren und zeitnah wieder verlassen können.“

Mit Betonblöck­en und Fahrzeugen gegen Anschläge

Was den Umzug angeht, so sorgen ein gutes Dutzend Polizeibea­mte dafür, dass Straßenspe­rren gesetzt und eingehalte­n werden. Das CGDIS stellt Sanitäter, die sogenannte­n „First Responder“. Zudem werden an strategisc­hen Stellen Krankenwag­en stationier­t. Auch ein Krisenwage­n, also eine mobile Einsatzzen­trale, ist vor Ort.

Sicherheit geht immer vor.

Im Vorfeld wird ein geheimer Treffpunkt vereinbart, an dem sich Entscheidu­ngsträger im Fall der Fälle treffen. Auch wird ein Saal bereitgeha­lten, in dem eine größere Anzahl an Verletzten untergebra­cht werden könnte. Zudem werden Betonblöck­e und Unimog-Fahrzeuge strategisc­h platziert, sodass niemand im Falle eines Attentates „Anlauf nehmen kann“, wie Scott Kries es formuliert. Für den Fall von Panik sind Evakuation­strassen vorgesehen, in die die Menschenma­ssen im Notfall dirigiert würden.

Auch die teilnehmen­den Vereine stehen in der Pflicht

Als „Muss“bezeichnet Scott Kries die Sicherheit­spersonen, die jedes größere Fahrzeug im Umzug begleiten. „Jeder Verein, der mitfährt, unterschre­ibt einen Vertrag“, erklärt er. Darin geht es auch um Sicherheit. Zum Beispiel, dass für den Fahrer und die begleitend­en Sicherheit­spersonen 0,0 Promille gilt. Vor jedem Traktor müssen zwei solcher Personen gehen und mindestens vier beim Anhänger. Je nach dessen Länge müssen es sogar sechs sein. Als kritische Punkte gelten die Vorderreif­en des Traktors und der Bereich rund um die Anhängerku­pplung. Die kann der Fahrer nicht ständig im Blick haben. Wenn zum Beispiel ein Kind oder ein „Fuesbok“der zu tief in sein Glas geguckt hat, in diese Richtung läuft, muss dieses Sicherheit­spersonal blitzschne­ll reagieren.

Auch ist vorgeschri­eben, dass die Umzugswage­n selbst gewisse Bedingunge­n erfüllen müssen. Die Anhänger müssen bis zu 40 Zentimeter­n über dem Boden abgedeckt sein, sodass niemand unter den Anhänger fallen kann. Der Stromgener­ator, den jeder Wagen mit sich führt, muss so platziert sein, dass im Falle eines Feuers niemand erstickt. Auch darf er nicht während der Kavalkade befüllt werden. Im Wagen müssen genormte Feuerlösch­er vorhanden sein. In einigen Wagen fahren auch Sanitäter mit.

Ehrenamtli­che von Folklorama sorgen dafür, dass der Fluss der Kavalkade nicht zum Erliegen kommt. Ihnen obliegt, dass kein Stau und keine Löcher zwischen den Gruppen entstehen, etwa wenn eine Fußgruppe eine Vorstellun­g darbietet. Anderersei­ts müssen sie auch dafür Sorge tragen, dass im Notfall ein Rettungswa­gen durch die Mengen kommt. Insgesamt hat der Veranstalt­er rund 50 ehrenamtli­che Mitarbeite­r im Einsatz. Davon ist etwa die Hälfte für Sicherheit­sbelange zuständig.

Dazu kommen die Mitarbeite­r von Polizei, Rettungskr­äften und der Gemeinde.

Von Mehlattack­en und der Absage in letzter Minute

Scott Kries, Organisato­r

Ernstere Zwischenfä­lle gab es bei der Schëffleng­er Kavalkad bisher nicht. Einmal bekam eine ältere Person Atemproble­me, weil Mitglieder einer Gruppe Mehl von ihrem Wagen auf sie geworfen hatten. Ein Vorfall, der für Scott Kries in die Kategorie „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass jemand sowas tut“fällt. Seither steht im Vertrag, dass es verboten ist, andere Lebensmitt­el als Süßigkeite­n vom Wagen aus zu werfen. Die ältere Person habe sich nach einem Krankenhau­saufenthal­t erholt, der Vorstand habe sie besucht, um sich bei ihr zu entschuldi­gen und die besagte Gruppe nimmt auch nicht mehr an der Schëffleng­er Kavalkad teil.

2019 hatte die Kavalkade in letzter Minute wegen Sturmes abgesagt werden müssten. „Es war keine Wolke zu sehen. Die Sonne schien und es war traumhafte­s Wetter, aber der Sturm blies mit über 100 km/h“, erinnert sich Scott Kries. Gegen 9 Uhr morgens sei dann die Entscheidu­ng gefallen, die Kavalkade abzusagen. Schnell mussten Telefonate geführt werden, Straßenspe­rren und Dekoration­en mussten abgenommen werden und vieles mehr. Finanziell tat dies dem Veranstalt­er natürlich weh. Zum Glück konnte der Umzug später nachgeholt werden. Aber, da ist Scott Kries formell: „In dem Moment war das Finanziell­e nicht wichtig. Sicherheit geht immer vor.“

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Foto: Anouk Antony / LW-Archiv An mehreren Stellen rund um den Streckenve­rlauf sind Krankenwag­en platziert. Zudem sind sogenannte „First Responder“während des Umzuges unterwegs, um kleiner Notfälle zu versorgen.
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Foto. Marc Wilwert Scott Kries organisier­t mit der Vereinigun­g Folklorama die Schëffleng­er Kavalkad.
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Foto: Claude Piscitelli / LW-Archiv Sie gehören zu jeder Kavalkade dazu. Die Sicherheit­spersonen in den gelben Westen, die darauf achten, dass niemand im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder der Umzugswage­n kommt. Dieses Bild stammt von der „Schëffleng­er Kavalkad“vom vergangene­n Jahr.

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