Luxemburgs Marktmacht auf dem Berlinale-Parkett
Viele von den Projekten, die die Luxemburger Branchenvertreter beim Filmfestival verhandeln, sollen in Zukunft das Kino-Publikum in aller Welt begeistern
Das Luxemburger Gesicht der internationalen Film-Festivals, Vicky Krieps, macht auch schon in den ersten Berlinale-Tagen von sich reden. Nicht nur auf dem roten Teppich, als sie in Chanel-Robe zur Eröffnungsgala kam, sondern auch auf dem European Film Market (EFM). Nicht persönlich, sondern als Name in einem kommenden Film, der auf der Berlinale-Handelsplattform gehandelt und als Projekt vorgestellt wird. Wie das Branchenblatt Variety meldete, hat der irische Star-Regisseur Jim Sheridan die internationalen Vertriebsrechte seines kommenden Films „Re-creation“an den Vertrieb Latido Films verkauft. Nicht erst seit er für „In the Name of the Father“1994 den Goldenen Bären in Berlin gewonnen hatte, stehen Sheridans neue Filme immer unter Augenmerk.
Das Doku-Drama mit Vicky Krieps in der Hauptrolle wird sicher auch für Gesprächsstoff sorgen: „Wie Sheridans vorheriger fünfstündiger Dokumentarfilm, ,Murder at the Cottage’ von SkyCrime, dreht sich ,Recreation’ um das schockierendste ungelöste Verbrechen Irlands, dessen Opfer, die französische Fernsehproduzentin Sophie Toscan du Plantier, 1996 in ihrem Ferienhaus in West Cork, Irland, zu Tode geprügelt wurde“, so Variety.
„Re-creation“sei eine Mischung aus Fiktion und Realität und stelle eine fiktive Jury vor, die die Fakten, Lügen und bequemen Wahrheiten hinter dem Mord durchleuchtet, so Sheridan gegenüber Variety. Krieps spiele das Jurymitglied Nr. 8, „das eine Art Stellvertreter für Sophie ist, eine Art Stimme für sie in dem Film“, fügte Sheridan hinzu. Der Regisseur spielt den Jury
Vorsitzenden selbst. Aktuell ist der Film in Produktion.
Aber eben nicht nur Vicky Krieps ist Thema. Auch die Luxemburger Produktionsgesellschaften und die Netzwerker vom Filmfund machen auf dem EFM ihre Termine und Gespräche, um Projekte und Luxemburg als Filmstandort zu promoten.
Vieles davon läuft oft vertraulich und bleibt unter den Insidern erst einmal verbindlich unter der Hand. Augenfällig aber sind zwei Projekte. Nummer Eins: „Thelma‘s Perfect Birthday“, eine Koproduktion von Paul Thiltges Distributions bekommt eigene Markt-Vorführungen. „Es wird ein für Kinder toller Film, aus dem wir mit unseren lettischen Partnern jetzt in Berlin Auszüge zeigen und das Projekt vorstellen“, sagt Thiltges. Er hat bereits 2014 mit den Partnern aus Lettland an „The Golden Horse“gearbeitet – und die seien von den Möglichkeiten in Luxemburg begeistert. „Wir im Land können in den Bereichen Animation State of the Art-Arbeit leisten – so etwas spricht sich natürlich herum“, betont der ehemalige Präsident der Luxemburger Produzentenvereinigung. Mit an Bord im Filmland Kehlen war die dort ansässige CGLUX.
Die Story in aller Kürze: „Das kleine Pinguinmädchen Thelma aus dem Land des Eises wacht am Morgen ihres fünften Geburtstags auf. Es ist ein ganz besonderer Tag – ein Tag, an dem sie ein Jahr älter wird und der Geburtstag selbst bei ihr zuhause ankommt. Sie freut sich darauf, dieses besondere Ereignis zusammen mit ihren Freunden zu feiern. Es gibt nur ein Problem – Thelma lebt im Land des Eises, einem abgelegenen Ort, an dem nur Pinguine leben. Thelma ist besorgt, dass weder ihre Freunde noch der Geburtstag selbst es schaffen werden, sie zu sie finden. Doch die wollen ebenso alles tun, um Thelma zu gratulieren.“
Luxemburger Projekt mit „The Crown“-Star Lesley Manville
Projekt Nummer Zwei: „Die Vertriebsfirma HanWay wird auf dem EFM unsere aktuelle Koproduktion mit polnischen und englischen Partnern, ,Winter of the Crow’, nach einer Kurzgeschichte der polnischen Autorin, Kritikerin und Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk weltweit verkaufen“, sagt Katarzyna Ozga von der Luxemburger Produktionsfirma Iris um Nicolas Steil (unter anderem „Bad Banks“).
Die Hauptrolle spielt die aus der Netflix-Serie „The Crown“(als Prinzessin Mar
garet) bekannte Schauspielerin Lesley Manville. „16 von 33 Drehtagen wurden in Luxemburg gedreht. Besonders bringen wir für das Projekt die Besetzungen der technischen Spitzenpositionen im Bereich Ton, Maske, Kostüme und Musik ein – und die luxemburgischen Schauspieler Sascha Ley und Denis Jousselin haben wichtige Rollen übernommen.“Bis kurz vor Berlinale-Start wurden noch letzte Szenen in Polen gedreht, so Ozga.
Die Regie hat Kasia Adamik übernommen und Ausführende Produzentin ist niemand anders als die weltweit bekannte Filmemacherin Agnieszka Holland. Die Geschichte dreht sich um die Opfer des brutalen Regimes in Warschau. Eine britische Forscherin wird mit ihrer Kamera plötzlich Zeugin von Gewalttaten der Geheimpolizei – und muss selbst im immer stärker abgeriegelten Land um ihr Leben fürchten.“
Weitere Luxemburger Firmen sind auch vor Ort. Einige Beispiele: Désirée Nosbusch und ihre Partnerin Alexandra Hoesdorff kämpfen für neue Projekte ihrer Firma Deal Productions. Ebenso will Amour Fou – im letzten Jahr mit „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“von Margarethe von Trotta im Hauptwettbewerb der Berlinale vertreten – in diesem Jahr handeln. Was genau? Darüber hält sich die Firma bedeckt. Samsa Film lässt die Filmfestspiele eher aus – Cannes aber könnte für eine der bekanntesten Luxemburger Filmfirmen zu einem wichtigen Podium werden.