Warum über das Wachstum debattiert werden muss
Der Nachhaltigkeitsrat und der Jugendrat fordern eine mutige nationale Debatte über das exponentielle Wachstumsmodell. Es liegt nicht zuletzt dem Rentensystem zugrunde
Am 20. Februar ist Luxemburgs Overshoot Day – dann hat das Land all die Ressourcen aufgebraucht, die ihm eigentlich für das ganze Jahr zustehen. Der Rest des Jahres wird sozusagen auf Kosten zukünftiger Generationen und ihrer Lebensqualität gelebt. Luxemburg belegt hier erneut einen der Spitzenplätze der Länder mit dem größten ökologischen Fußabdruck pro Einwohner. Dieser lasse sich durch mehrere Faktoren erklären, die die Grundlage des Wirtschaftswachstums bilden: die Art der wirtschaftlichen Aktivitäten, die Größe der Wirtschaftssektoren, der Lebensstandard und die Kaufkraft der Bevölkerung.
Darauf verweisen der Conseil Supérieur pour un Développement Durable (CSDD) und der Jugendrat am Freitag in einer gemeinsamen Mitteilung. Das exponentielle Wachstumsmodell, das nicht zuletzt auch dem Rentensystem zugrunde liegt, sei physikalisch unmöglich. Es brauche eine mutige und inklusive nationale Debatte, die insbesondere die junge Generation einbezieht, um die Transformation des Landes hin zu einem wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Modell zu beschleunigen, so der gemeinschaftliche Appell.
Denn exponentielles Wachstum bedeute einen kontinuierlichen und von Jahr zu Jahr schnelleren Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Es handele sich um eine Wachstumsweise, die einen immer größeren Verbrauch und eine immer höhere Produktion voraussetzt, wobei die Auswirkungen auf die Umwelt und der ökologische Fußabdruck gleichermaßen steigen. „Es ist ein Wachstumsmodell, das keinen Platz hat in einer Welt der begrenzten Ressourcen und Produktionskapazitäten, in der die Umwelt außerdem bereits unter Druck steht“, schreiben CSDD und Jugendrat.
Die Wachstumsfrage ist eng mit der sozialen Absicherung verbunden. Laut Berechnungen der Generalinspektion der sozialen Sicherheit (IGSS) wären ohne Reform im Jahr 2070 über 1,7 Millionen Beitragszahlerinnen und -zahler erforderlich, um das derzeitige Niveau des Sozialversicherungssystems aufrechtzuerhalten, was mit den Rentnern einer Wohnbevölkerung von 2,2 bis 2,7 Millionen Menschen entspräche.
Wurde in den 2000er Jahren der 700.000 Einwohner-Staat bis 2050 projiziert, so ist dieser Wert Ende 2022 mit einer Bevölkerung von 660.809 fast erreicht – also doppelt so schnell. Die 700.000-Einwohnergrenze wird 2026 oder 2027 erreicht sein, dem Jahr, in dem das Rentensystem voraussichtlich ins Defizit rutschen wird. Und dabei sind die 221.251 beitragszahlenden Grenzgänger noch nicht mitgezählt, denn auch die Beschäftigung im Inland unterliegt dem exponentiellen Wachstum: 2000 gab es 264.000 Beschäftigte, 2010 schon 359.000, 2020 waren es 471.600 und 502.600 im Jahr 2022.
Das Resultat davon zeige sich in den drängendsten Herausforderungen von heute: Wohnraum, und bezahlbarer Wohnraum im Besonderen, nationale und grenzüberschreitende Mobilität, Arbeitskräftemangel oder auch eine Raumplanung im Einklang mit der Belastbarkeit des Landes. Zusätzlich zu den großen weltweiten Herausforderungen: Klimawandel, Zerstörung der Umwelt und soziale Ungleichheiten.
Der Nachhaltigkeits- und der Jugendrat schlagen als notwendige Schritte vor, zunächst eine Neubewertung der Bemessungs- und Bewertungskriterien für das Wirtschaftswachstum vorzunehmen, um Megatrends zu erkennen. Dann könnten Indikatoren wie der „PIBien-être“, der „Handprint“, der die positiven Auswirkungen der Nachhaltigkeit einschließlich der sozialen und wirtschaftlichen Dimension misst, und natürlich der ökologische Fußabdruck als Richtschnur für künftige politische Entscheidungen dienen. Alternativen Wirtschaftsmodellen, beispielsweise die Kreislaufwirtschaft, die Nachhaltigkeit und Wiederverwertung von Ressourcen, müsste Priorität eingeräumt werden.
Es ist ein Wachstumsmodell, das keinen Platz hat in einer Welt der begrenzten Ressourcen und Produktionskapazitäten, in der die Umwelt außerdem bereits unter Druck steht CSDD und Jugendrat in einem Schreiben