Es wird etwas weniger geraucht – das Geschäft brummt trotzdem
Erstmals nimmt Luxemburg durch Tabakkonsum mehr als eine Milliarde Euro ein
Bei den Maya-Priestern gehörte das Tabakrauchen zu einem spirituellen Ritual, und auch in China war Tabakqualm einzuatmen angesagt, wie Marco Polo berichtete. Ab dem 16. Jahrhundert, vor allem durch den 30-jährigen Krieg, verbreitete sich Rauchen dann in Europa. Damals wurde vor allem Pfeife geraucht, Zigaretten folgten später.
Heute ist der Tabakmarkt ein Milliardenmarkt. Auch wenn das Gesundheitsbewusstsein in den letzten Jahren gestiegen ist und die Zahl der Raucher leicht abnimmt.
Im Jahr 2022 belief sich die Anzahl der Tabakkonsumenten weltweit auf rund 1,25 Milliarden Menschen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie schätzt, dass die Zahl der Konsumenten bis zum Jahr 2030 auf rund 1,2 Milliarden sinkt. Während im Jahr 2000 noch jeder dritte Erwachsene auf der Welt Tabak nutzte, war es 2022 nur noch jeder fünfte.
Kritik an der Praxis der Hersteller
Da es immer stärkere Restriktionen gegen Tabakrauchen in den USA und in Europa gibt, haben einige Zigarettenkonzerne einen alternativen Markt entdeckt: E-Zigaretten – das Verdampfen und Inhalieren bestimmten aromatischer Flüssigkeiten. Die
WHO kritisiert dabei die Praxis einiger Hersteller, die mit Geschmacksrichtungen wie „Gummibärchen“oder „Vanille-Eis“kaum auf Erwachsene als Kunden abzielen.
Heintz van Landewyck, eines der ältesten Luxemburger Unternehmen (1847 gegründet), hatte vor Jahren ebenfalls E-Zigaretten in sein Angebot aufgenommen, sich dann aber wieder von diesem Produktsortiment getrennt. Der Markt der EZigaretten, erklärt Georges Krombach, Chief Commercial Officer von Landewyck, habe sich stark gewandelt und werde überflutet von chinesischer Ware.
Zum einen gibt es die Wegwerf-E-Zigaretten, zum anderen die wiederbefüllbaren Liquid-Zigaretten. Dass junge Menschen aber wegen angeblich ausgeprägterem ökologischen Bewusstsein auf Wegwerf-E-Zigaretten verzichteten, scheint eine Mär. Die Nachfrage nach solchen Zigaretten boomt geradezu, vor allem unter jungen Konsumenten. „Wir konnten uns nicht damit identifizieren“, sagt Krombach. Landewyck hat deshalb nicht vor, diesen Markt noch mal zu bedienen, jedenfalls nicht so lange es hier keine Regulierungen gibt, so wie sie für den Tabakmarkt längst üblich sind.
„Dem Staat entgehen da übrigens viele Einnahmen“, sagt Krombach. Denn in Luxemburg und EU-weit gibt es keine eigene Steuer auf E-Zigaretten. Krombach zufolge werden im Land etwa 100.000 solcher Zigaretten im Jahr verkauft – mit stark steigendem Trend. Durch Akzisen und Mehrwertsteuer auf Tabakprodukte nahm Luxemburg letztes Jahr erstmals mehr als eine Milliarde Euro ein: 1,028 Milliarden an Verbrauchssteuern plus 264 Millionen Euro an TVA. Wenige Jahre zurück war es nur die Hälfte.
Auch Landewyck Tobacco setzt auf „new generation products“
Auch das Familienunternehmen Landewyck Tobacco selbst, das Zigaretten in mehr als 30 Länder weltweit exportiert, kann sich Trends zu „tabakrauchfreier“Nachfrage nicht verschließen und bietet darum sogenannte „new generation products“an, etwa Nikotinbeutel. Das sind kleine nikotinhaltige Beutelchen, die in den Mund gelegt werden. Das Nikotin wird dann über die Mundschleimhaut in den Körper aufgenommen. Nikotinbeutel werden in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Lakritz, Minze oder Menthol verkauft, wobei der Nikotingehalt von Produkt zu Produkt sehr unterschiedlich sein kann.
Nikotin ist ein Nervengift und wird unter anderem in den Wurzeln der Tabakpflanze produziert. Da Nikotinbeutel keinen Tabak enthalten und nicht erhitzt werden, fallen sie nicht unter das Anti-Tabak-Gesetz und können als „Lifestyle-Produkte“verkauft werden, kritisiert die Fondation Cancer.
2022 hat Landewyck auch mit der kanadischen Firma Poda Holdings, einem Hersteller von Heat-not-Burn (HnB)-Rauchprodukten, eine Partnerschaft geschlossen, um Produkte ohne Rauch, Geruch oder Tabak zu entwickeln und zu vermarkten.
Gefälschte Ware und gechmuggelte Zigaretten
Was normale Tabakzigaretten angeht, so sieht Krombach zwei negative Trends: Zum einen wird der Markt mit gefälschten Zigaretten überschwemmt – vor allem da, wo legale Zigaretten teuer sind. In Frankreich sollen etwa 30 Prozent der Zigaretten gefälschte Ware sein. Je höher der Preis für ein Päckchen, umso höher die Verlockung von Kriminellen, mit günstigeren Angeboten Geld zu verdienen.
Das andere Problem aus Sicht von Landewyck ist „graue Ware“, geschmuggelte Zigaretten, die aus der Ukraine, Polen oder Bulgarien kommen, wo ein Päckchen nur zwei oder drei Euro kostet. Laut KPMG sind etwa zehn Prozent der Zigaretten auf dem Markt Schmuggelware: Im Jahr 2022 wurden in der Europäischen Union insgesamt rund 434,8 Milliarden Zigaretten konsumiert, rund 35,8 Milliarden
Zigaretten davon
Schmuggelware.
Während etwa in Großbritannien, Irland und Norwegen zehn bis 13 Euro für eine Packung Zigaretten bezahlt werden müssen, sind die Preise in Osteuropa deutlich niedriger. Auch Luxemburg profitiert von niedrigen Preisen gegenüber seinen Nachbarländern: hier ist ein Päckchen ab 4,70 Euro zu haben und damit deutlich billiger als in Frankreich und Belgien. Kom
Fälschungen
Das Geschäft läuft
und
Für das am 31. Dezember 2022 abgeschlossene Geschäftsjahr betrug der Jahresüberschuss des Landewyck-Konzerns nach Steuern
29,8 Millionen Euro gegenüber 26,2 Millionen im Vorjahr. Der Umsatz der Gruppe mit 1.500 Mitarbeitern, davon 550 in Luxemburg, stieg um drei Millionen auf 3,2 Milliarden Euro. Ein Vielfaches davon verdienen die ganz Großen der Branche: FastChina Tobacco ist mit einem Jahresumsatz von 213 Milliarden Dollar der größte Zigarettenhersteller der Welt, mit weitem Abstand gefolgt von British American Tobacco (34 Milliarden Dollar) und Philip Morris International (32 Milliarden Dollar). mendes Jahr sollen Zigaretten in Luxemburg durch eine staatlich verordnete Abgaben-Erhöhung teurer werden, die Preise steigen dann um 0,20 Euro pro Päckchen. Einen äußerst hohen Steuersatz hat Australien: dort kostet ein Päckchen Zigaretten deswegen etwa 24 Euro.
Zigarettenhersteller sollen erweiterter Verantwortung unterliegen
Zigarettenhersteller sollen künftig einer sogenannten erweiterten Herstellerverantwortung unterliegen. Damit werden die Erzeuger auch für die Vermeidung und Abfallbewirtschaftung ihrer Produkte verantwortlich sein. Zigarettenhersteller müssen dann unter anderem für die Reinigungskosten der Zigarettenkippen sowie für den anschließenden Transport und die Behandlung dieser Abfälle aufkommen.
Die langfristigen Folgen von E-Zigaretten sind noch nicht erforscht. „Aber es zeichnet sich zunehmend ab, dass diese Produkte nicht harmlos sind“, so die WHO. Manche Liquids enthielten doppelt so viel Nikotin wie herkömmliche Zigaretten. Die Diskussion, ob europaweit eine „Liquidsteuer“für E-Zigaretten eingeführt werden soll, hat begonnen.