Marc Angel sucht Frau
Die „Super-EU-Wahlliste“der LSAP droht ohne Nicolas Schmit und Paulette Lenert zu zerfallen. Eine Frau mit starkem Profil soll nun für die Co-Spitzenkandidatur her
Die Katze ist aus dem Sack. Nicolas Schmit, Spitzenkandidat für die Sozialdemokraten im Europaparlament, wird nicht auf der Europaliste der LSAP mitgehen. Das verriet Schmit gegenüber RTL Radio. Weil er „Marc Angel nicht im Weg stehen will“, sagt er. Der 60-jährige Angel sitzt seit 2019 für die Progressive Allianz der Sozialdemokraten im EU-Parlament.
Noch eine zweite Personalie ließ der EUKommissar für Beschäftigung und soziale Rechte platzen: Paulette Lenert, Ex-Vizepremierministerin, Ex-Gesundheitsministerin und Ex-LSAP-Spitzenkandidatin für die Chamberwahlen, tritt ebenfalls nicht an. Bleibt die Frage: Wer wird dann die Frau an der Spitze der sozialistischen Europaliste sein?
Marc Angel, EU-Abgeordneter für die Sozialisten, gilt als gesetzt. Seit Januar 2023 ist der populäre Luxemburger einer von 14 Vize-Präsidenten des EU-Parlaments und könnte daher Stimmenmagnet sein. Nur: Wer wird neben ihm antreten? Anfang März, vielleicht aber schon nächste Woche, will die LSAPWahlkommission ihre Kandidaten und Kandidatinnen für Europa aufstellen. So viel wird vorab verraten: Neben Angel sollen auch Frauen mit starkem Profil ins Rennen gehen. Das „Luxemburger Wort“hat sich umgehört und stieß auf folgende potenzielle Kandidatinnen. Doch nicht alle sehen ihre Zukunft in Straßburg und Brüssel.
Liz Braz
Die 26-jährige Escher Gemeinderätin, mit 3.953 Stimmen Zweitgewählte für die LSAP, Tochter des früheren grünen Justizministers Félix Braz, ist neu in der Chamber. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Parlament und als Juristin mit Spezialisierung in öffentlichem und internationalem Recht hätte sie das Profil, sich für Brüssel zu bewerben.
Allerdings ist die Abgeordnete formell: Sie
wurde angesprochen und hat auch kurz überlegt, sich dann aber dagegen entschieden. „Man muss nicht alle sechs Monate eine neue Stufe erklimmen“, sagt sie dem „Wort“auf Nachfrage. Als junge Deputierte sei ihr wichtig, glaubwürdig zu sein. „Ich möchte mich da, wo ich bin, ganz einbringen und meine Sache richtig machen“, betont sie.
Laura Valli
Die 36-jährige Escherin ist Vizepräsidentin der Escher LSAP und Politikwissenschaftlerin mit Fokus Europapolitik. Als ehemalige Mitarbeiterin der Ständigen Vertretung Luxemburg in Brüssel für das Gesundheitsministerium verfügt sie über die nötige europapolitische Erfahrung. Sie war Koordinatorin der Ex-Gesundheitsministerin und LSAPSpitzenkandidatin Paulette Lenert. Valli selbst trat bei den Gemeindewahlen für ihren Heimatort Esch/Alzette an und wurde mit 2.818 Stimmen Elftgewählte bei der LSAP. Im Gesundheitsministerium ist sie zuständig für internationale Angelegenheiten, sie folgte Anne Calteux auf diesen Posten. Dazu, ob sie als Kandidatin im Gespräch sei, wollte sich Valli nicht äußern.
Anne Calteux
Anne Calteux ist seit September 2021 Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Luxemburg und hat ein exzellentes europapolitisches Profil. „Das ist ein Job, der mir gut gefällt“, sagt sie dem „Wort“. Die Juristin (Master in vergleichendem Europarecht am King’s College in London) war Erste Regierungsberaterin der LSAP-Gesundheitsministerin Paulette Lenert. Davor hatte
sie die Abteilung für internationale Angelegenheiten geleitet, zwischen 2013 und 2018 koordinierte sie als Mitglied des Kabinetts im Gesundheitsministerium die EU-Ratspräsidentschaft 2015 mit.
Heute verantwortet die 50-Jährige die Strategie und politische Kommunikation der EUKommission in Luxemburg – und sie will das auch in Zukunft tun. „Ich bin es nicht“, verriet sie dem LW. Sie habe sich die Entscheidung gut überlegt.
Maxime Miltgen
Sie ist 30 Jahre alt, hat bereits Wahlkampferfahrung und hat ein politisches Amt inne – Maxime Miltgen entspricht genau dem, was die LSAP für die Europawahl suchen könnte. Bei den Gemeindewahlen konnte sie sich im Juni vorigen Jahres den zweiten Platz auf der LSAP-Liste in Luxemburg Stadt sichern. Genug, um in den Gemeinderat einzuziehen. Bei den Chamberwahlen blieb Miltgen hinter den Erwartungen zurück. Als 15. auf der Zentrums-Liste der LSAP konnte sie auf nationaler Ebene nicht die Blicke auf sich ziehen. Dem „Luxemburger Wort“gegenüber betont sie nun, dass sie keine Ambitionen hegt, auf der Europaliste der Sozialisten zu erscheinen.
Miltgen sehe sich auf der nationalen Bühne, aber nicht auf der europäischen. In ihrem Bachelor in Rechtswissenschaften habe sie europäisches Recht studiert – ein Interesse daran sei im Studium jedoch nicht entstan
den. Europa sei ein komplexes Thema, kandidieren müsse demnach „eine Person, die sich mit dem Thema auskennt“, so Miltgen gegenüber dem „Wort“. Miltgen sei ohnehin nicht von der Partei gefragt worden und auch nicht als möglicher Name in der Diskussion rund um eine EU-Kandidatur genannt worden.
Nach dem Gang in die Opposition nach den Chamberwahlen sollte ein frischer Wind in der Partei wehen. Ziel der LSAP-Spitze war es, die Partei zu verjüngen und interne Strukturen umzubauen – was der Co-Parteipräsidentin Francine Closener seither in großen Teilen gelungen ist. Was jedoch nicht bedeutet, dass Closener bereits mit dem Kopf in Brüssel und Straßburg ist. Zwar geht ihre Amtsperiode als LSAP-Co-Vorsitzende bald zu Ende, jedoch heißt es aus gut informierten LSAP-Kreisen, die 54-Jährige wolle weiter an der Spitze der Partei die losgetretene Transformation fortführen. Europa sollte damit nicht ihre erste Priorität sein.
Trotzdem ist Closener eine routinierte Politikerin, ein Aushängeschild der Partei und ein bekanntes Gesicht – einfach gesagt: Sie bringt der LSAP Stimmen ein. Bei den Chamberwahlen erreichte sie auf der Zentrums-Liste den zweiten Platz. Nachdem die vermutete „Super-Liste“der LSAP ohne Schwergewichtler wie Schmit und Lenert auskommen muss, könnte Closener in einer Doppelspitze mit
Marc Angel ein Signal nach außen senden, dass es die LSAP mit ihrer Europa-Kandidatur noch ernst meint. Will die Partei in ihrer Entwicklung jedoch auf Kontinuität setzen, wird sie Closener lieber nicht nach Brüssel und Straßburg schicken. Sie selbst hat sich bisher zu einem möglichen Interesse an einer Kandidatur nicht geäußert.
Claire Delcourt
Nicht viele politische Beobachter hätten die 35Jährige unter den drei Erstgewählten auf der LSAP-Südliste bei den Chamberwahlen gesehen. Fast wäre sie zudem im selben Jahr in den Gemeinderat in Contern gewählt worden, hätte sie ihr Mandat antreten dürfen. Was jedoch nicht der Fall war, da ihr Beruf als Biologin bei der Kriminalpolizei nicht vereinbar war mit dem Amt. Würde dem nun eine Spitzenkandidatur auf der Europaliste der LSAP folgen, wäre das Triple perfekt für die Jungpolitikerin.
Dem „Wort“gegenüber gibt sie jedoch an, sich in der Partei nicht für eine EU-Kandidatur beworben zu haben. Sie sei zudem nicht von der Partei gefragt worden. Ob ihr Name bei den internen Diskussionen gefallen sei, wüsste sie nicht. Der Einzug in die Chamber sei für die junge Mutter bereits eine große Umstellung gewesen. „Mit einer Familie ist das alles nicht einfach“, sagt sie zu einer möglichen Kandidatur. In Zukunft auf der Europaliste zu stehen, schließt sie allerdings nicht aus, ergänzt sie.