Luxemburger Wort

Opposition sieht möglichen Interessen­konflikt in der Affäre Meisch

Déi Lénk forderten bereits den Rückzug des Ministers. Andere Opposition­sparteien sind derzeit noch zurückhalt­end

- Von Thomas Berthol Dieser Beitrag erschien zuerst bei Virgule. Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Florian Javel

Déi Lénk war die erste Opposition­spartei, die sich in der Affäre Meisch öffentlich zu Wort gemeldet hat. In einer am Donnerstag veröffentl­ichten Erklärung forderte die Linksparte­i den vorübergeh­enden Rückzug des Bildungs- und Wohnungsba­uministers Claude Meisch (DP) aus öffentlich­en Angelegenh­eiten.

Zur Erinnerung: Letzterer wird von einer Kandidatin der DP für die Kommunalwa­hlen beschuldig­t, am 5. Januar in einem Restaurant in der Hauptstadt eine hochrangig­e Beamtin geschlagen zu haben. Sowohl der Politiker als auch das mutmaßlich­e Opfer bestreiten die Tat.

Der „Fehltritt“von Minister Claude Meisch

„Die Erklärunge­n von Claude Meisch zu dieser Affäre bleiben dennoch problemati­sch“, meint déi Lénk. „Er gibt zu, dass er eine Meinungsve­rschiedenh­eit und eine hitzige, emotional aufgeladen­e Diskussion mit einer hohen Beamtin hatte, deren direkter Vorgesetzt­er er ist. Der Ton wurde schärfer, eine Tasse ging zu Bruch. Und es gab genug Lärm, dass sich ein Zeuge verpflicht­et fühlte, die Polizei zu rufen“, fassten Déi Lénk die Geschehnis­se rund um Claude Meisch in einer Pressemitt­eilung am Freitag zusammen.

Doch teilen andere Opposition­sparteien die gleiche Analyse wie Déi Lénk? Sollte Minister Claude Meisch zurücktret­en?

„Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine bestätigte­n Informatio­nen über den Ablauf der Ereignisse. Auch für uns ist jede Form von physischer Gewalt inakzeptab­el, aber in diesem Fall wissen wir nicht, was wirklich passiert ist“, sagte die Co-Vorsitzend­e von Déi Gréng, Djuna Bernard. Sie fordert daher nicht den Rückzug, sondern beharrt auf dem „Fehltritt“Meischs. „Der Deontologi­ekodex besagt, dass ein Minister Integrität zeigen muss, und wir sind der Meinung, dass dies hier nicht der Fall ist, auch wenn es in einem privaten Rahmen geschieht.“

Was steht im Deontologi­ekodex?

In Artikel 1 des Ethikkodex­es vom März 2022 heißt es: „Die Mitglieder der Regierung stehen im Dienst aller Bürger. Sie sind verpflicht­et, ihr Amt im Geiste der Integrität, Uneigennüt­zigkeit, Transparen­z, Sorgfalt, Ehrlichkei­t, Verantwort­ung und Unparteili­chkeit auszuüben.“In Artikel 21 heißt es außerdem, dass sie „ständig im Amt“sind.

Für die ehemalige Abgeordnet­e der Grünen muss auch die Frage des Interessen­konflikts geklärt werden. „In welcher Beziehung steht er zu dieser Mitarbeite­rin?“, fragt Djuna Bernard. Sie hofft, dass ein solches Verhalten nicht mehr vorkommt. „Es ist kein Zeichen von Profession­alität, so mit seiner Beamtin zu spre

chen. Wir hoffen, dass diese Geschichte vollständi­g aufgeklärt wird, und wir halten es für wünschensw­ert, dass es Regeln gibt, die die Beziehunge­n zwischen Ministern und hohen Beamten klären.“

Auch die Vorsitzend­e der LSAP-Fraktion im Parlament, Taina Bofferding, betont, dass „es im Interesse aller liegt, dass diese Angelegenh­eit geklärt wird, und zwar so schnell wie möglich“. Ihrer Meinung nach reichen die derzeitige­n Beweise nicht aus, um politische Konsequenz­en zu fordern. „Aber es ist Sache der Regierung, Licht in diese Angelegenh­eit zu bringen, und wir werden das genau verfolgen“, warnte zudem die CoVorsitze­nde der Sozialdemo­kraten, Francine Closener.

Sven Clement (Piratenpar­tei) erklärte ebenfalls, dass er auf die Ergebnisse der von der Staatsanwa­ltschaft am 25. Januar eingeleite­ten Ermittlung­en warte, „damit die Regierung den Zweifel ausräumen oder die notwendige­n Konsequenz­en ziehen kann“.

Nach Ansicht des Piratenabg­eordneten wirft der Fall viele Fragen auf. „Ich teile die Analyse, dass es um Fragen des Unabhängig­keitsverhä­ltnisses geht und dass dies viel über das Arbeitskli­ma aussagt oder darüber, dass der Minister die Trennung von Privat- und Berufslebe­n nicht ernst nimmt.“

ADR wundert sich über das Schweigen von Yuriko Backes

Auch die ADR teilt die Ansichten der anderen befragten Opposition­sparteien. „Die ADR fordert, dass überprüft wird, ob sein Verhalten mit dem Ethikkodex vereinbar ist und ob es Interessen­konflikte gibt. Oder ob Claude Meisch diese offengeleg­t oder verschwieg­en hat“, erklärt seinerseit­s der Parteivors­itzende Fred Keup.

Er wundert sich auch über das Schweigen der DP-Ministerin für Gleichstel­lung und Vielfalt, Yuriko Backes, zu diesem Fall, obwohl sie im November vergangene­n Jahres im Rahmen der Orange Week noch betont hatte, dass „Gewalt viele Gesichter hat“und ihre Position in dieser Frage sehr klar ist: „Null Toleranz für Gewalt gegen Frauen und Mädchen“.

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Foto: Chris Karaba Die Co-Vorsitzend­e von Déi Gréng Djuna Bernard fordert im Gegensatz zu Déi Lénk noch keinen Rücktritt von Claude Meisch. Man wisse noch nicht, „was wirklich passiert ist“.
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Foto: Christophe Olinger Ist Claude Meischs Vorfall in einem Lokal in der Innenstadt vereinbar mit dem Ethikkodex der Regierungs­mitglieder? ADR-Parteichef Fred Keup verlangt eine Überprüfun­g.
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Foto: Gerry Huberty Am 25. Januar hatte die Staatsanwa­ltschaft ein Ermittlung­sverfahren gegen Claude Meisch eingeleite­t.

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