„Meine Leidenschaft für Europa ist gewachsen“
Vier Monate vor der Europawahl kündigt Ursula von der Leyen an, für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionschefin ins Rennen gehen zu wollen
Ursula von der Leyen strebt eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission an. Das teilte sie gestern bei einer Pressekonferenz in Berlin mit. „In diesen fünf Jahren ist nicht nur meine Leidenschaft für Europa gewachsen, sondern natürlich auch meine Erfahrung, wie viel dieses Europa für seine Menschen leisten kann“, sagte die Politikerin nach der Entscheidung ihrer CDU-Partei, sie als Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP) für den künftigen Kommissionsvorsitz vorzuschlagen.
Der Posten des EU-Kommissionspräsidenten muss nach den Europawahlen im Juni neu besetzt werden. Ernannt wird in der Regel ein Kandidat der europäischen Parteienfamilie, die bei der Europawahl am besten abschneidet – oder eine Mehrheit im EU-Parlament zusammenkriegt. In Umfragen liegt die christdemokratische EVP bislang klar vorn. Die Chancen sind also groß, dass von der Leyen Präsidentin bleiben kann. Obendrein pflegt sie gute Beziehungen zu den 27 EUStaats- und Regierungschefs, die vertragsgemäß das Vorschlagsrecht für den Chefposten in der Kommission haben.
Als Präsidentin der EUKommission ist von der Leyen seit dem 1. Dezember 2019 Chefin von rund 32.000 Mitarbeitern
Als Präsidentin der EU-Kommission ist von der Leyen seit dem 1. Dezember 2019 Chefin von rund 32.000 Mitarbeitern, die unter anderem Vorschläge für neue EUGesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Zudem sitzt die 65-Jährige bei fast allen großen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als EU-Repräsentantin mit am Tisch. Das US-Magazin „Forbes“kürte von der Leyen erst jüngst wieder zur „mächtigsten Frau der Welt“.
Amtszeit geprägt von Krisen
Die bisherige Amtszeit von der Leyens wurde vor allem von der Corona-Krise und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geprägt. In der Pandemie organisierte die EU-Kommission unter anderem die gemeinsame Impfstoffbeschaffung und erarbeitete ein riesiges Wiederaufbauprogramm für die Wirtschaft.
Im Zusammenhang mit dem UkraineKrieg ist die Behörde nun insbesondere dafür zuständig, die Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes zu organisieren und Vorschläge für RusslandSanktionen zu machen. Zu weiteren wichtigen Aufgabenbereichen der Behörde ge
hören die europäische Handels-, Wettbewerbsund Umweltpolitik. Besonders am Herzen liegt von der Leyen dabei das Ziel, die EU bis 2050 zur ersten klimaneutralen Wirtschaftsmacht der Welt zu machen.
Noch muss Ursula von der Leyen von ihrer europäischen Parteienfamilie, der christdemokratischen EVP als Spitzenkandidatin bestätigt werden. Die Wahl des EVP-Kandidaten für den Topposten soll bei einem Parteikongress am 7. März in Bukarest erfolgen. Dass von der Leyen dort die notwendige Stimmenmehrheit erhält, gilt als sicher. Mögliche Gegenkandidaten sind bislang nicht bekannt. Zu der europäischen Parteienfamilie EVP gehören neben der luxemburgischen CSV auch die deutsche CDU und CSU, die italienische Forza Italia oder Spaniens konservative Volkspartei PP.
Ursula von der Leyens Hauptgegner im EU-Wahlkampf ist der Luxemburger Nicolas Schmit (LSAP). Schmit, der unter von der Leyen derzeit als EU-Kommissar für Soziales tätig ist, wird Anfang März offiziell als Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten (PES) nominiert werden. Die Sozialdemokraten stellen traditionell immer die zweitstärkste Kraft im EU-Parlament. Die EU-Grünen haben indes auch bereits die deutsche Terry Reintke und den Niederländer Bas Eickhout als Spitzenduo nominiert. Die EU-Linken schicken wohl den Österreicher Walt Baier ins Rennen. Liberale und Rechtskonservative müssen sich noch entscheiden. dpa/dv