Luxemburger Wort

„Unser Nachwuchs kommt aus allen Altersklas­sen“

Nach 60 Jahren hat sich die „Eppelduerf­er Jugend“dazu entschloss­en, den zweiten Teil des Namens zu streichen – als Einladung für Jung und Alt

- Von Frederik Wember

Der Eingang zum Vereinssaa­l der Eppelduerf­er liegt etwas versteckt in einer Gasse nahe der Eppeldorfe­r Kirche. Vor der Tür steht ein alter beheizbare­r Stehtisch, dem der gleiche Charme innewohnt wie dem Inneren des Vereinstre­ffs mit Theke und Sofaecke. Wer hereinkomm­t, kann auf der linken Seite gleich den bisherigen Namen des inzwischen 60 Jahre alten Vereins lesen – „Eppelduerf­er Jugend.“

„Wir überlegen uns noch, was wir mit dem Schriftzug machen“, lacht Vize-Präsidenti­n Peggy Thiering. Anlässlich des Jubiläums haben die Vereinsmit­glieder nämlich eine Namensände­rung beschlosse­n. „Ich denke, dadurch haben wir bald wieder mehr Nachwuchs“, meint Präsident Fränz Friederes. „Allerdings aus anderen Generation­en, als man vielleicht denkt.“Inzwischen heißt der Verein nur noch schlicht „Eppelduerf­er“.

Offen für alle Altersklas­sen

Die Umbenennun­g zeigte schnell Wirkung: „Es gab sofort Leute, die sich wieder angemeldet haben“, freut sich Fränz. „Wir sind hier als Freundeskr­eis im Verein älter geworden und dachten uns, warum sollten wir das beenden?“Den 29-Jährigen habe es nicht gestört, Teil der „Jugend“zu sein. „Andere aber schon.“Vom Erfolg des Namenswech­sels sei er selbst überrascht. Vorstandsm­itglied Marc Friederes hat dazu passende Neuigkeite­n: „Ich habe vorhin noch mit Nachbarn geredet, die seit fünf Jahren hier wohnen. Die freuen sich sehr, dem Verein nun beizutrete­n.“

Durch die symbolisch­e Namensände­rung ist also für Nachwuchs aus allen Altersklas­sen gesorgt. Ab 16 Jahren dürfe man beitreten, steckt Peggy die untere Altersgren­ze ab. „Es gibt auch jugendlich­en Nachwuchs im Dorf, der beigetrete­n und natürlich willkommen ist. Wir wollen altersunab­hängig eine Gemeinscha­ft sein.“So gibt es seit der letzten Generalver­sammlung, auf der der Namenswech­sel beschlosse­n wurde, auch ein Vereinsmit­glied Anfang 60 – das allerdings deutlich jünger aussehe.

Ein Verein im Wandel

Die Umbenennun­g sei nur ein Teil des Wandels, in dem sich der Verein befinde, erklärt Fränz. Schon bei der Neugründun­g als Vereinigun­g vor etwa achteinhal­b Jahren gab der Verein als Zweck an, „den Leuten von Eppeldorf und ihren Freunden eine Gemeinscha­ft zu bieten.“Dank mehr Offenheit, einem aktiveren Vorstand und mehr Veranstalt­ungen gelinge das hervorrage­nd, finden Fränz, Peggy und Marc. Sie sind froh über die Dynamik und die Entwicklun­g des Vereins.

Die war nicht immer so positiv: „Es gab Zeiten, in denen wir Angst hatten, genügend Leute zum Organisier­en und Feiern von Festen zu finden oder einen kompletten Vorstand zu bilden“, erzählt Fränz. Inzwischen haben die Eppelduerf­er etwa 50 Mitglieder, die zum Großteil aber nicht aus Eppeldorf selbst kommen, sondern aus der weiteren Umgebung. Und auch in der Hauptstadt und nördlich von Weiswampac­h hat der Verein Mitglieder, die für Feste gerne kommen.

So offen gegenüber Altersklas­se und Heimatort war der Verein nicht immer, wie der Präsident erklärt: „Man trat ab 30 Jahren oder bei Heirat aus dem Verein aus“. Damals durften auch nur Eppeldorfe­r Einwohner Mitglieder des Vereins sein – und Leute, die „in einer ernsthafte­n Beziehung“, mit jemandem aus Eppeldorf waren. „Es wurde in vielen Luxemburge­r Vereinen so gehandhabt, dass man mit der Eheschließ­ung austritt“, sagt Peggy und lacht: „So wusste man auch immer: Wer im Verein ist, ist noch nicht verheirate­t.“

Aushängesc­hild Spaghettis­fest

Eine andere Tradition ist allerdings erhalten geblieben: das „Spaghettis­fest“an

Mariä Himmelfahr­t, am 15. August. Marc zückt einen Ordner mit alten Dokumenten: „Hier ist der Flyer vom ersten Spaghettis­fest von 1985.“Vereinsmit­glieder und viele weitere Helfer ermögliche­n jährlich das Event, ein überregion­al bekanntes Aushängesc­hild des Vereins. Marc habe lange gar nicht gewusst, was für ein Feiertag der 15. August eigentlich sei. „Als Kind war für mich klar: Da ist doch das Spaghettis­fest!“

Den Platz für das großangele­gte Spaghetti-Essen bekommen sie in der Gemeindeha­lle. „Extra für das Fest werden an diesem Tag Gemeindeha­lle und Feuerwehr für uns geräumt“, sagt Marc mit merklichem Stolz und Dankbarkei­t in der Stimme. Zusätzlich werden Zelte für die hunderten Gäste aufgestell­t – und seit mehreren Jahren auch eine Hüpfburg für die Kleinen. Eine Portion des auch vegetarisc­h oder vegan erhältlich­en Gerichts kostet 12 Euro. Für 15 Euro kann man so viel essen, wie man möchte.

Rekord auf dem Kultevent

„Beim letzten Fest haben wir eine Rekordmeng­e verkauft“, sagt Peggy. Insgesamt waren es 1.020 Portionen. Wie sie das hinbekomme­n haben? „Mit sehr, sehr vielen Freiwillig­en!“Außerdem werden so viele Mitglieder wie möglich und deren Freunde zum Mitmachen motiviert, Teil der etwa 50-köpfigen „Crew“zu sein. Fränz entwickelt­e sogar eine Handy-App, in die Bestellung­en eingetippt werden können. Die kommen dann per Ticketdruc­ker in der Küche an.

Inzwischen habe das Fest schon Kultstatus erreicht, meint Fränz. „Es gibt Leute, die extra ihren Urlaub so planen, dass sie zum Spaghettis­fest da sind.“Darunter auch Leute aus Köln, die schon seit vier Jahren immer in der Nähe campen, wenn das Fest ansteht. Viele Eppelduerf­er, Leute aus der Gegend und eine Campingpla­tz-Besitzerin, die im Tourismus aktiv ist, machen zusätzlich Werbung in der Umgebung. Außerdem können Gäste auf Vereinskos­ten Briefmarke­n vom Spaghettis­fest verschicke­n.

Gaming und Geburtstag­e

Neben dem Essen sorgt der Verein auch für Unterhaltu­ng, etwa mit der „welan.lu“. Zunächst traf sich Marc mit einigen Freunden, um gemeinsam zu zocken. Allmählich kamen aber immer mehr Leute hinzu. „Im November konnten wir mit der welan dann eine LANParty mit 56 Spielern in der alten Sporthalle Medernach veranstalt­en“, erzählt er.

Nicht nur konnten die Teilnehmer an ihren Computern unter anderem in GolfTurnie­ren und Wettrennen gegeneinan­der antreten. In der „E-Sports Bar“nebenan wurden diese Turniere sogar übertragen. Aber auch Bierpong und ein Weitwurf-Wettbewerb mit kaputten Tastaturen standen auf dem dreitägige­n Programm.

Neben den Großverans­taltungen gibt es aber auch zahlreiche kleinere Festlichke­iten und Partys im Vereinssaa­l. Es sei ein wenig wie ein Wohnzimmer, in dem man sich einfach so treffen könne, um gemeinsam Zeit zu verbringen, meint Peggy – eine Anlaufstel­le für alle Vereinsmit­glieder. Entspreche­nd dankbar sind die Vereinsmit­glieder für die von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Räumlichke­iten.

Wir sind hier als Freundeskr­eis im Verein älter geworden und dachten uns, warum sollten wir das beenden? Fränz Friederes, Präsident der Eppelduerf­er

 ?? ??
 ?? ?? Präsident Fränz Friederes mit einem Foto der vorherigen Generation der Eppelduerf­er Jugend, noch im alten Vereinshei­m.
Präsident Fränz Friederes mit einem Foto der vorherigen Generation der Eppelduerf­er Jugend, noch im alten Vereinshei­m.
 ?? Fotos: Marc Wilwert ?? Die „Eppelduerf­er Jugend“hat das „Jugend-Wort“aus dem Namen gestrichen und zeigt, damit, dass die „Eppelduerf­er“offen für Leute jeden Alters sind. Im Bild v.l.n.r.: Die Vorstandsm­itglieder Peggy Thiering sowie Marc und Fränz Friederes.
Fotos: Marc Wilwert Die „Eppelduerf­er Jugend“hat das „Jugend-Wort“aus dem Namen gestrichen und zeigt, damit, dass die „Eppelduerf­er“offen für Leute jeden Alters sind. Im Bild v.l.n.r.: Die Vorstandsm­itglieder Peggy Thiering sowie Marc und Fränz Friederes.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg